Auf dem Weltmarkt steigt die Nachfrage nach Milchprodukten wieder. Sollten die hohen Lagerbestände erhalten bleiben, ist eine rasche Erholung der Preise möglich. Davon gehen zumindest die Experten des IFCN (International Farm Comparison Network) aus. Auf ihrer jährlichen Dairy Conference haben die Wissenschaftler und Analysten letzte Woche in Belgien über den derzeit geringen Milchpreis auf den internationalen und nationalen Märkten diskutiert.
Der Marktmechanismus lasse die nationalen Milchpreise den Preisen auf dem Weltmarkt folgen. Zudem erfolge ein Verfall des lokalen Milchmarktpreises in offenen Märkten schneller als in regulierten Märkten. „Seit mehr als 14 Monaten sieht sich die Welt einer Krise auf dem Milchmarkt gegenüber, bei der die Agrar- und Milchwirtschaft 10 % und mehr unter der durchschnittlichen Gewinnmarge liegt. Dies hat seine Ursprünge unter anderem in der Milchkrise 2012 und der Boomphase des Milchpreises 2013/2014“, schreibt IFCN-Geschäftsführer Dr. Torsten Hemme in einer Mitteilung.
Momentan würden die Landwirte nur überleben, indem sie ihre Geldmittel anpassen und ihre Bestände, wie z. B. Vieh und Futtermittel, absichern. Häufig würden Instandhaltungsarbeiten und Investitionen verschoben, um den Abfluss von Kapital zu vermeiden. „Landwirtschaftliche Betriebe sind kleine Unternehmen. Auch sie beginnen gerade nach Mitteln zum Risikomanagement zu suchen, um Risiken zu streuen. Und wir müssen dieser Entwicklung folgen und sie unterstützen“, schreibt Anders Fagerberg, IFCN-Aufsichtsratvorsitzender, weiter.
Die ca. 70 Milchmarktexperten des weltweit agierenden IFCN Researcher Networks aus über 40 Ländern diskutierten die Frage, wie der zukünftige Milchmarkt aussehen wird. Die IFCN-Wissenschaftler kommen nach ihrer Analyse des weltweiten Milchangebots zu dem Ergebnis, dass das Angebot 2016 um 1,5 % steigen wird. Dies ist niedriger als die Steigerung 2015 (+1,8 %) und 2014 (+3,2 %).
Die Nachfrage nach Milch ist ebenfalls ein beeinflussender Faktor. IFCN schätzt den Nachfragezuwachs 2015 auf 1,8 bis 2,0 %. Dieses Wachstum sei geringer als das langjährige Mittel von 2,4% pro Jahr im Zeitraum 2006 bis 2015. Für das Jahr 2016 erwartet IFCN ein Nachfragewachstum für Milch von 2,0 %.
Was bedeutet das für das Marktgleichgewicht? In den Jahren 2014 und 2015 überstieg das Milchangebot die Nachfrage und Milchreserven wurden aufgebaut. IFCN geht davon aus, dass für 2016 die Nachfrage nach Milch das Angebot von nun an jährlich übersteigen wird. Das war in den ersten fünf Monaten des Jahres nicht der Fall, wird aber für die zweite Jahreshälfte 2016 erwartet.
Zu den Milchpreis-Perspektiven schreibt Dr. Hemme: „Das hängt hauptsächlich von den Volumen der Lagerbeständen ab. Wenn diese Bestände für längere Zeit gehalten werden, kann sich der Milchpreis bis Ende 2016 deutlich erholen. Werden die Bestände schnell abgebaut, wird die Erholung des Milchpreises verzögert. Trotzdem ist eine Erhöhung des Milchpreises möglich“.