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Initiative Milch: "Ohne Milch? Ohne mich!"

Die Initiative Milch ruft zum Dialog auf und will sich für Kuhmilch stark machen. Kerstin Wriedt ist die Geschäftsführerin und spricht im Interview über Ziele und Herausforderungen.

Lesezeit: 9 Minuten

Kerstin Wriedt setzt sich als Geschäftsführerin der Initiative Milch für das Image ein. Bei der Werbung setzt sie auf Influencer, die ein Grundlagenpapier mit Experten der Verbände an die Hand bekommen. Ziel ist, Milch zu einem Lifestyleprodukt zu machen. Allerdings rechnet sie auch mit Kritik.

Frau Wriedt, was genau steckt hinter der Initiative Milch?

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Wriedt: Die Initiative Milch will sich für die Milch stark machen. Bisher gibt es kein bundesweites Organ, das mit einer einheitlichen Stimme über Milch in Richtung Verbraucher spricht. Wir wollen Kräfte bündeln, uns in Gespräche einbringen, sachlich aufklären, aber auch emotional erzählen. Bisher urteilen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Kritiker über die Milch, ohne dass jemand etwas dagegen setzt. Das ist gefährlich, weil sich die öffentliche Meinung insbesondere über die Google-Suche oder Soziale Medien bildet. Die Milch muss also auch im digitalen Raum lauter werden.

Wer hat die Initiative Milch ins Leben gerufen und wie finanziert sich das Projekt?

Wriedt: Die Idee der sogenannten Branchenkommunikation ist während der Ausarbeitung der Sektorstrategie 2030 entstanden. Initiatoren sind also die drei großen Verbände Deutscher Bauernverband (DBV), Milchindustrie-Verband (MIV) und Deutscher Raiffeisenverband (DRV).

Die Finanzierung erfolgt auf freiwilliger Basis durch Molkereien. Sie haben sich bereit erklärt, 15 ct/t angelieferter Rohmilch zu zahlen. Es ist gelungen, rund 80% der deutschen Milchmenge dafür zu bündeln. In Summe stehen 4 Mio. € für das Projekt zur Verfügung. Die Laufzeit ist erstmal auf vier Jahre angelegt.

Was genau verbindet Sie mit dem Thema Milch?

Wriedt: Unabhängig davon, dass ich immer Milch im Kühlschrank habe, hatte ich auch beruflich schon viel damit zu tun. Ich war in einer internationalen Agentur tätig, in der ich den Food-Bereich mit aufgebaut und später geleitet habe. Dort habe ich an der Seite von Unternehmen wie Danone oder Mars gearbeitet. Es ging in dem Job um Produktrezepturen, aber auch um integrierte Kommunikation und Mediengestaltung unter anderem für Milchprodukte.

Bisher urteilen NGOs und Kritiker über die Milch, ohne dass jemand etwas dagegen setzt.

Warum sind Sie die Richtige, um Imagewerbung für Milch zu machen?

Wriedt: Mich fasziniert das schöne Produkt Milch mit der Emotionalität, dem Genuss und der Vielfalt. Außerdem reizt mich die Herausforderung, viele Akteure der Branche zusammen in eine Richtung zu bringen. Es geht darum, gesellschaftliche Fragen ganzheitlich zu beantworten.

Meine Stärke ist außerdem das Übersetzen. Also die verständliche Vermittlung von komplexen Informationen. Das habe ich insbesondere während meiner Agenturzeit gelernt. Da ich in einer Großstadt lebe, kenne ich außerdem die Bedürfnisse junger Familien und Menschen, die weit entfernt von der Landwirtschaft sind. Das halte ich für sehr wichtig, da die Zielgruppe der Initiative Milch Verbraucher sind. Dennoch ist es mir natürlich wichtig, auch die Landwirte im Blick zu behalten.

Wie gelingt Ihnen das?

Wriedt: Meine große Aufgabe ist zurzeit ein Netzwerk aufzubauen. In Zeiten von Corona ist das nicht so einfach, da keine Veranstaltungen stattfinden. Umso schöner ist es, dass im Sommer wieder persönliche Begegnungen möglich waren, wie beispielsweise kürzlich bei der Podiumsdiskussion von Dialog Milch. Die Landesvereinigung Milch NRW und Milchland Niedersachsen sind im Übrigen auch wichtige Ansprechpartner für mich.

Unser Ziel ist, Milch wieder zu einem Lifestyleprodukt zu machen.

Die Diskussion um die Branchenkommunikation läuft schon eine ganze Weile. Passiert ist bislang wenig. Woran hakt es?

Wriedt: Passiert ist schon einiges, allerdings hinter den Kulissen. Wir haben zunächst einen Pool mit Experten aus den verschiedenen Themenbereichen zusammengestellt. In unserem Pressebüro haben wir uns außerdem mit vorhandenen Milchmythen beschäftigt: Welche gibt es, wo begegnen sie uns und mit welchen Fakten können wir argumentieren? Wir reagieren gezielt auf Beiträge von Zeitungen oder anderen Redaktionen und beziehen selbst über redaktionelle Beiträge Stellung für die Milch. Dazu haben wir auch schon positive Rückmeldungen bekommen: Ein Ehepaar bedankte sich, dass endlich mal wieder jemand eine Lanze für die Milch bricht.

Wir haben außerdem eine komplett neue Website aufgesetzt. Unsere Social Media-Kanäle stehen in den Startlöchern und es läuft die Vernetzung mit Stakeholdern.

Wie genau dürfen wir uns die Imagewerbung für die Milch vorstellen?

Wriedt: Es geht eben nicht um klassische Werbung. Das Produkt Milch steht im Vordergrund. Wir bieten Inspirationen über Genuss und Informationen, zum Beispiel über die Produktion. Landwirtschaft und Tierwohl stehen nicht im Vordergrund, fließen aber mit ein. Wir wollen der Öffentlichkeit zeigen, was die Branche unternimmt und in den Austausch gehen.

Ziel ist, Milch wieder zu einem Lifestyle-Produkt zu machen. Dazu arbeiten wir auch mit Influencern zusammen, die zum Teil schon jetzt Imagearbeit in den Sozialen Medien für die Milch für uns betreiben. Die Bandbreite reicht von Rezeptideen über Impulse zu persönlichen Verbindungen zur Milch. Mithilfe der Sozialen Medien wollen wir die positiven Aspekte in die Breite bringen. Sie sollen aber auch eine Plattform für kontroverse Diskussionen sein, die in Verbindung mit Milch stehen.

Sie rechnen also mit Kritik?

Wriedt: Ja, ich rechne fest damit, dass wir herausgefordert werden.

Wie bereiten Sie sich und die Influencer darauf vor?

Wriedt: Wir stimmen gerade ein Grundlagenpapier mit Experten der drei Verbände ab. Denn die Infos, die wir rausgeben, müssen Hand und Fuß haben. Den Influencern geben wir Antworten zu häufig gestellten Fragen an die Hand. Außerdem haben wir vorab ihre Position gegenüber Milch besprochen. Wichtig ist, dass alle Multiplikatoren aus persönlicher Überzeugung hinter dem Produkt Milch stehen. Wir sind in einem regen und regelmäßigen Austausch mit ihnen. Grundsätzlich agieren die Influencer aber für sich.

Das heißt, die Influencer übernehmen die eigentliche Imagearbeit?

Wriedt: Sie sind ein wichtiger Teil der Kommunikation, wir entwickeln aber auch eigene Formate, wie z.B. einen Youtube-Auftritt mit „Milch-TV Webcasts“. Dort nehmen wir in Gesprächen mit Personen in- und außerhalb der landwirtschaftlichen Branche Themen auf.

Zusätzlich wird es Unterstützung durch Pressearbeit und klassische Werbemaßnahmen, wie Plakate, Onlineformate und Print geben. Damit wollen wir Reichweite aufbauen und den Dialog mit interessierten Verbrauchern starten.

Wer Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft betreibt, läuft häufig Gefahr, innerhalb eben dieser landwirtschaftlichen Blase zu bleiben. Wie wollen Sie das vermeiden?

Wriedt: Es liegt in der Aufbereitung der Themen und der Kanäle. Wir agieren dabei immer aus Sicht der Verbraucher und orientieren uns daran, welche Themen in digitalen Kanälen aktuell sind. Die Influencer und Social Media-Kanäle tragen mit dazu bei, die Themen in die breite Masse zu tragen.

Die Sozialen Medien sollen auch eine Plattform für kontroverse Diskussionen sein.

In den Reihen der Landwirte gibt es einige Kritiker gegenüber der Kommunikationskampagne. Wie gehen Sie damit um, was raten Sie denen?

Wriedt: Ich empfehle der Milchwirtschaft dringend, sich ein eigenes Organ zu schaffen. Denn, wie schon gesagt, es gibt niemanden, der positiv und emotional in Richtung Verbraucher spricht und professionell NGOs oder Tierschutzorganisationen die Stirn bietet. Als hochwertiges Lebensmittel verdient es die Milch, dass sich jemand für sie stark macht.

Der Milchpreis ist derzeit eines der drängendsten Themen auf den Höfen. Führt die Initiative Milch zu mehr Wertschöpfung?

Wriedt: Unser Ziel ist erstmal, das Thema Milch positiv zu besetzen und bei Verbrauchern Rückhalt durch Verständnis und Wertschätzung aufzubauen. Das ist eine wichtige Grundlage für alles Weitere.

Zurzeit sind Milchalternativen auf dem Vormarsch. Die Anbieter haben hohe Werbebudgets zur Verfügung. Die Initiative Milch kann für die Laufzeit von 4 Jahren lediglich auf ein Etat in Höhe von 4 Mio. € zurückgreifen. Wie will Kuhmilch da mithalten?

Wriedt: Pflanzliche Milchalternativen sind momentan deutlich präsenter in der Wahrnehmung als Kuhmilch. Dabei steht das in keinem Verhältnis zum Marktanteil. Denn bei der großen Mehrzahl der Haushalte steht Kuhmilch im Kühlschrank. Diese Milchfans wollen wir ansprechen und motivieren und kritische Verbraucher abholen. Wenn alle Akteure der Branche mitmachen, bündeln wir immense Kräfte.

Es ist davon auszugehen, dass es beim Thema Milch früher oder später um Kritikpunkte wie bspw. die Trennung von Kuh und Kalb geht. Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Wriedt: Tierhaltung ist ein sehr sensibles Thema. In diesem Bereich muss ich zu 100% sicher sein, dass wir fachlich korrekt, gut und schlüssig argumentieren. Dazu haben wir die Unterstützung aus den Fachbereichen. Hier sind aber auch die Beispiele aus dem Alltag wichtig, die die Mensch-Tier-Beziehung und moderne Haltung zeigen. Darin betten wir auch den Umgang mit Kälbern ein. Wir wollen Anreize für Verbraucher schaffen, sich tiefer zu informieren und stellen die Verbindung zu den richtigen Ansprechpartnern her.

Ich möchte, dass auch in vier Jahren weiterhin 90 % der Haushalte gerne Milch im Kühlschrank stehen haben.

Initiatoren der Initiative sind die drei großen Milchverbände. Hand aufs Herz: Wie selbstbestimmt dürfen Sie handeln?

Wriedt: Das Konzept wurde ja schon im Vorfeld von allen freigegeben. Es gibt regelmäßige Telefonate, in denen wir uns austauschen. Die Agentur fischerAppelt und ich dürfen entscheiden, wie wir vorgehen und welche Inhalte wir bringen. Wichtig ist, dass am Ende das Ergebnis stimmt.

Und welche Ergebnisse möchten Sie in den vier Jahren Laufzeit erzielen?

Wriedt: Mein Ziel ist, dass wir die verschiedenen Kräfte der Milchbranche bestmöglich zusammengefügt haben. Wir wollen im Idealfall ein konstantes Bild der Milch schaffen, an dem wir stetig selbst mitarbeiten. Ich möchte, dass auch in vier Jahren weiterhin 90% der deutschen Haushalte gerne Milch im Kühlschrank haben. Außerdem habe ich mir vorgenommen, den handwerklichen Hintergrund von Milch mehr hervorzuheben – sowohl von landwirtschaftlicher als auch von molkereiwirtschaftlicher Seite. Ich möchte, dass Verbraucher ein positives Gefühl mit Kuhmilch assoziieren und wissen, dass Milch eine zukunftsrelevante Branche ist, in der mit viel Liebe, Knowhow und Leidenschaft gearbeitet wird.

Stellen Sie sich vor, wir schreiben das Jahr 2031. Wird es die Initiative Milch noch geben?

Wriedt: Die Initiative Milch ist zunächst für eine Laufzeit von vier Jahren fest eingeplant. Aus meiner Sicht ist es unverzichtbar, ein gemeinsames Organ zu haben. Sei es die Initiative Milch oder möglicherweise in zehn Jahren eine vergleichbare Instanz, die sich für die Milch stark macht. Und genau damit fangen wir jetzt an!

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