Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Haltungsform

Interview: Wie viel Mehrwert bietet QM+?

QM+ ist der vom Qualitätsmanagementsystem QM-Milch entwickelte Standard, um Milch in Haltungsform 2 zu listen. QM-Milch Geschäftsführer Ludwig Börger stellt sich kritischen Fragen.

Lesezeit: 7 Minuten

Mit dem von QM-Milch entwickelten Standard namens QM+ können Landwirte Milch für Haltungsform 2 liefern. Voraussetzung ist, dass die Molkerei QM+ Milch erfasst und an den Handel vermarkten kann. Für QM+ zertifizierte Landwirte soll es einen Bonus in Höhe von 1,2 ct/kg Milch geben. Der Handel will den Bonus aber nur für die gelistete Milchmenge bezahlen und nicht für die gelieferte Menge. Ludwig Börger ist Geschäftsführer von QM-Milch und Milchreferent beim Deutschen Bauernverband und beantwortet offene Fragen.

Den vollständigen Beitrag finden Sie in top agrar-Ausgabe 4/2022 auf Seite R6.

___________________________________________

Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Ab April soll QM+ Milch im Handel gelistet sein. Bleibt es dabei?

Börger: Ja, wir arbeiten daraufhin, dass im April die ersten QM+ gelabelten Produkte im Kühlregal stehen ­können. Die Markteinführung wird ­allerdings schrittweise erfolgen.

Wie ist die Resonanz von Molkereien und Handel?

Börger: Aktuell sieht es so aus, dass nicht direkt ab April große Teile der Regale mit QM+ Milch bestückt sein werden. Molkereien und der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) beschäftigen sich aber mit der Einführung von QM+. Das entspricht auch der Branchenvereinbarung, die besagt, dass der LEH für seine Handelsmarken auf möglichst viel QM+ Milch zurück­greifen soll. Ziel ist, möglichst vielen Landwirten die Teilnahme am Programm zu ermöglichen.

Wer war an der Branchen­vereinbarung beteiligt?

Börger: Die Vereinbarung haben führende Vertreter vom Bundesverband des Deutschen Lebensmitteleinzelhandels, vom Deutschen Raiffeisenverband, vom Deutschen Bauernverband und vom Milchindustrie-Verband ­unterzeichnet.

Welche Abnahmemengen sind ­konkret vereinbart worden?

Börger: QM+ ist nicht als Nischen­programm angelegt, sondern für einen Anteil an der deutschen Milchproduktion im guten zweistelligen Prozent­bereich. Vereinbarungen für die Annahme konkreter Mengen gibt es aber nicht. Das hätte kartellrechtlich zu Problemen geführt. Aus diesem Grund wurde auch keine konkrete Summe festgelegt, die die Molkereien für den höheren Logistikaufwand bekommen.

Für die Landwirte hat QM-Milch aber eine Vergütung von 1,2 ct/kg in Aussicht gestellt. Ist das sicher?

Börger: Das gesamte Finanzierungsmodell liegt noch zur Prüfung beim Kartellamt. Wir gehen aber nicht ­davon aus, dass das gekippt wird.

Öffnet ein nicht vereinbarter Zuschlag nicht Tür und Tor für Molkereien, ihr eigenes Ding zu machen und am Ende sogar am Grundpreis zu sparen?

Börger: Das würde nicht der Branchenvereinbarung entsprechen. Dort ist festgehalten, dass teilnehmende Landwirte einen Zuschlag von 1,2 ct/kg erhalten. Klar ist aber, dass der LEH nur für die Ware Tierwohlaufschläge bezahlt, die er am Ende ­auch ordert. Er wird also keine Tierwohlaufschläge zahlen für Milchprodukte, die z. B. exportiert werden. Für die Molkereien heißt das, dass möglicherweise mehr Milcherzeuger Interesse an dem Programm haben, als am Ende entsprechend vermarktet werden kann.

Gilt der Bonus trotzdem für die ­gesamte angelieferte Milch?

Börger: Das entscheiden letztlich die Verarbeiter. Gemeinsam mit den Erzeugern müssen die Molkereien schauen, ob sie allen interessierten Landwirten die Teilnahme ermöglichen oder ob sie diese begrenzen. Je nachdem ob die QM+ Milch über den LEH ­vermarktet werden kann.

Viele Landwirte müssen in den Stallbau investieren, um QM+ Milch liefern zu können. Können die Milcherzeuger sicher sein, dass sich das rentiert?

Börger: QM+ bietet Verlässlichkeit. Denn wir sind das einzige Programm, das ein Finanzierungsmodell entwickelt hat. Das Modell ist für drei Jahre ausgelegt mit der Aussicht, dass es danach weiter läuft. Auch die Kriterien gelten zunächst für drei Jahre. Ich gehe davon aus, dass QM+ auch danach das Programm mit der größten Marktdurchdringung ist.

Aufgrund des möglichen Verdün­nungseffekts sagen Kritiker, dass es ­unehrlich ist, bei QM+ von einem Mehrwertprogramm zu sprechen. Wie beurteilen Sie diese Aussage?

Börger: QM+ bietet einen Mehrwert für den Verbraucher und für das Tier. Aber eben auch für den Milcherzeuger! Denn wir haben nicht nur Kriterien definiert, sondern auch ein belastbares Finanzierungsmodell entwickelt. Damit landet das Geld, das vorne rein kommt, am Ende auch auf den Höfen.

QM+ bietet auch einen Mehrwert für Milcherzeuger!" - Ludwig Börger

Woher kommt das Geld und wer zahlt es aus?

Börger: Vereinbart ist, dass der ­Handel einen Tierwohlaufschlag von 1,2 ct/kg Rohmilchäquivalent an die Molkereien zahlt. Ob der Handel das aus Preisaufschlägen finanziert oder das Geld von anderer Stelle kommt, ist nicht festgelegt. Die Molkereien zahlen das Geld den Milchbauern aus.

Und wer kontrolliert das?

Börger: Dafür gibt es die Transparenzstelle. Das ist eine neutrale dritte Stelle, an die der Handel meldet, für welche Mengen der Tierwohlzuschlag gezahlt worden ist. Parallel müssen Molkereien ihre Mengen angeben, die sie an den Handel abgegeben haben und wie und an welche Landwirte sie den Tierwohlzuschlag auszahlen.

Wer hat Einblick in die Daten?

Börger: Die Transparenzstelle ver­waltet ein neutraler, von QM-Milch beauftragter Dienstleister. Nur dieser hat Einblick in die Zahlen. Sollte es zu Unregelmäßigkeiten kommen, wird ein QM+ Finanzausschuss tätig unter strikter Beachtung der datenschutz- und wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen. Nicht einmal QM-Milch wird sehen können, welche Molkerei mit welchem LEH welche Milchprodukte handelt.

Im Gespräch war mal, dass eine ­Clearingstelle das Geld direkt an die Landwirte ausschüttet. Weshalb ­machen das jetzt die Molkereien?

Börger: Gegen eine Clearingstelle ­gesprochen hat die Vielzahl der Molkereien in Deutschland, die sehr unterschiedlich sind und zum Teil noch eigene Nachhaltigkeitsprogramme haben. Einige davon sollen mit QM+ verknüpft werden. Es war also nicht möglich, ein für alle deutschen Milcherzeuger und Molkereien gültiges Clearing-Modell zu definieren.

Aber eine Clearingstelle hätte garantierten können, dass die QM+ zer­tifizierten Betriebe auch den vollen ­Tierwohlzuschlag erhalten, oder?

Börger: Es hätte zwingend eine Zugangsbeschränkung geben müssen für die Landwirte, die an QM+ teilnehmen möchten. Die Clearingstelle und nicht die Molkerei hätte in diesem Fall entscheiden müssen, welcher Landwirt teilnehmen kann. Die Tourenplanung und Logistik der Warenströme wäre aber wiederum Aufgabe der Molkereien gewesen.

Wann legt QM-Milch Label für ­Haltungsform 3 und 4 nach?

Börger: Aktuell arbeiten wir an QM++, dem Label für Haltungsform 3, das wir noch im ersten Halbjahr dieses Jahres veröffentlichen können. Ob es dafür ein eigenes Finanzierungsmodell geben soll, ist allerdings noch offen.

QM++ wird eine kleinere Milchmenge betreffen. Deshalb könnte es auch eine Option sein, dass LEH und Molkereien den Zuschlag dafür bilateral aushandeln. Ein Label für Haltungsform 4 steht bei uns zurzeit nicht auf der Agenda, ist als Option aber mitgedacht.

Sie sind nicht nur Geschäftsführer von QM-Milch, sondern auch Milchreferent beim DBV. Kommt es da nicht zu Interessenkonfliketen?

Börger: QM-Milch hat sich in den vergangenen Monaten deutlich weiterentwickelt mit damit einhergehender Notwendigkeit, zusätzliche Aufgaben und Infrastruktur des Systems zentral zu koordinieren. Aus diesem Grund wurde bereits vereinbart, dass der QM-Milch e.V. personell und organisatorisch noch in diesem Jahr eigenständig aufgestellt wird. Damit einher gehen wird die Trennung der Geschäftsführung des Vereins von einer gleichzeitigen Beschäftigung beim Deutschen Bauernverband.

________________________________________________________________

Kommentar

Das Risiko tragen die Milcherzeuger

QM+ geht an den Start. Das Finanzierungsmodell soll Milcherzeugern ihren höheren Aufwand vergüten. Die Macher des Projekts sprechen von einem guten Deal. Doch die Bauern sind skeptisch: Sie müssen je nach Betrieb Geld investieren und bekommen am Ende nur für die Milch den Zuschlag, die der Handel bestellt. Welcher Landwirt, der viel Geld in die Hand nehmen muss, soll das Risiko eingehen?

Es ist nicht nur unklar, wie viel Menge der Handel abnehmen will. Verschiedene Ketten haben bereits angekündigt, Haltungsform 2 sei nur ein Übergang hin zu höheren Stufen. Und damit nicht genug: Offen ist ­bislang, wie die Molkereien ihre Mehrkosten decken. Trägt der Landwirt am Ende die Last, weil der Grundpreis ­gekürzt wird?

Es ist gut, dass sich Bauernvertreter, Molkereien und Handel an einen Tisch setzen und einen gemeinsamen Weg suchen. Am Ende müssen aber auch alle mitziehen. Es kann nicht Sinn der Sache sein, das Risiko (mal wieder) auf die Landwirte abzuladen. Ob der Deal auch für die Milcherzeuger gut ist, muss sich noch zeigen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.