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Ist der QM-Standard 2020 ein Gewinn?

Jan Heusmann, Sprecher im Fachbereit von QM-Milch spricht sich für den neuen QM-Standard aus. Frank Lenz, 1. Vorsitzender der MEG Milch Board, sieht darin einen verlängerten Arm der Milchindustrie.

Lesezeit: 6 Minuten

Darum geht’s: Seit Januar gilt der Qualitätsmanagement Milch (QM)-Standard 2020, der den QM-Standard 2.0 ohne Übergangsfrist abgelöst hat. Zusätzlich zur Verschärfung bestehender Anforderungen ist der Kriterienkatalog um fünf Punkte erweitert worden. Neu ist auch, dass Landwirte in sogenannten Fokusbereichen eine Mindestpunktzahl erreichen müssen.

Pro von Jan Heusmann

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Wenn wir als Branche nicht handeln und Standards festlegen, übernehmen das andere für uns. - Jan Heusmann

Aus meiner Sicht führt an dem neuen QM-Standard 2020 kein Weg vorbei. Denn der Milchbranche muss es gelingen, über das eigene Qualitätssicherungssystem QM-Milch breit akzeptierte Standards zu definieren. Wenn wir als Branche nicht handeln, übernehmen das andere für uns. Fraglich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob diese von Dritten gemachten Vorgaben in der Praxis immer so einfach umsetzbar sind. Ein Beispiel dafür ist die Einführung der GVO-freien Fütterung durch den Handel.

Unser Ziel kann deshalb nur sein, dass die Milchbranche als Standardgeber sichtbarer wird. Mit Blick auf geänderte gesetzliche Vorgaben, aber auch Anforderungen der Marktpartner, haben wir uns deshalb im Fachbeirat von QM-Milch im vergangenen Jahr über die Weiterentwicklung des QM-Standards beraten. Der federführende Fachbeirat setzt sich aus Mitgliedern der Trägerverbände von QM-Milch zusammen: Der Deutsche Bauernverband hat sechs Stimmen, die von aktiven Milchviehhaltern aus den Landesbauern­ver­bänden besetzt sind. Der Deutsche Raiffeisenverband und der Milch­industrie-­Verband haben jeweils drei stimmberechtigte Mitglieder in dem ent­scheidenden Gremium.

Landwirte müssen Punktzahl erreichen

Seit diesem Jahr gilt als Ergebnis der Beratungen für mehr als 90 % der deutschen Milcherzeuger der neue QM-­Standard 2020. Eine wesentliche Änderung ist, dass Milchviehhalter zu­künftig Aufzeichnungen über den Trächtig­keits­status der weiblichen Rinder führen müssen, damit es zu keinen Schlachtungen im letzten Trächtigkeitsdrittel kommt. Neu sind außerdem die Fokusgruppen in den Bereichen Tierwohl, Hygiene und äußeres Erscheinungsbild des Betriebes. Landwirte sind gefordert, eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Gelingt das nicht, kommt es bereits nach 18 Monaten wieder zu ­einem QM-Audit, statt wie bisher nach den üblichen drei Jahren.

Parallel zur Weiterentwicklung von QM-Milch fanden die Beratungen zur Sektorstrategie 2030 der deutschen Milchwirtschaft statt. Ein Schwerpunkt der Beratungen war die Zukunftsstrategie der deutschen Milchbranche beim Setzen von Produktionsstandards. Das Ergebnis ist, dass QM-Milch der gemeinsame Standard der Milchwirtschaft bleibt. Das bisher rein brancheninterne Qualitätssicherungssystem soll jedoch zu einem Standard werden, der im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) mit einem Siegel ausgelobt werden kann. Künftig soll außerdem mit allen Stufen der Vermarktungskette auf Augenhöhe über Produktionsstandards verhandelt werden. Ziel ist, dass möglichst alle im Handel angebotenen Milch- und Molkereiprodukte dem QM-Standard oder gleichwertigen Standards entsprechen.

Antworten auf Klima- und Umweltwirkungen

Anforderungen, die über den Mindeststandard hinausgehen, sollen in Zukunft ebenfalls aus dem Milchsektor heraus definiert werden. Der mögliche Mehraufwand für Milchviehbetriebe soll sich in einer entsprechenden Vergütung widerspiegeln.

Wir sollten den Mut zu diesen Veränderungen haben und sie ambitioniert angehen. Denn wir Milchvieh­halter ­haben in den nächsten Jahren einige Herausforderungen zu meistern: Die Bevölkerung fragt sich, wie es um das Tierwohl in unserer Branche steht. Außerdem müssen wir schlüssige Antworten liefern können, wenn es um Umwelt- und Klima­wirkungen des Milchsektors geht. Unser Wunsch ist, dass Verbraucher unsere Produkte weiterhin mit einem guten Gefühl konsumieren.

Kontra von Frank Lenz

Wir sehen in QM-Milch einen verlängerten Arm der Milchindustrie. - Frank Lenz

Wir empfinden QM-Milch mit seinen neuen Auflagen als wenig zielführend. Vielmehr sehen wir darin einen verlängerten Arm der Milchindustrie und einen Erfüllungsgehilfen des Lebensmitteleinzelhandels. Eine angeblich bäuerliche Expertenrunde verordnet ohne konkreten Anlass immer neue Kontrollen und Auflagen, die Milchviehhalter erfüllen müssen. Die Kosten der Milcherzeugung bleiben dabei vollkommen unberücksichtigt.

Ebenso wenig setzt sich QM-Milch dafür ein, dass sich die höheren Standards im Milchpreis widerspiegeln. Das ist nicht verwunderlich, da in den Entscheidungsgremien keine Vertreter der Milch­er­zeugerverbände oder gar der Milchvermarktungsorganisationen Sitz und Stimme haben. Von Beginn an war QM-Milch für die Initiatoren kein Selbstläufer: Viele Milcherzeuger standen einem Qualitätssicherungssystem auf Basis gesetzlicher Vorgaben schon immer kritisch gegenüber. Die berechtigte Frage war und ist: „Wofür soll das gut sein?“

Schrauben werden angezogen

Einer beispiellosen Verharmlosungsstrategie der Molkereiwirtschaft, des Bauernverbandes und anderen Organisationen ist es zu verdanken, dass heute vom „QM-Standard“ die Rede ist. Jetzt, wo die Mehrheit der Milcherzeuger im QM-­System steckt, werden die Schrauben still und leise weiter an­gezogen. So gilt seit diesem Jahr der neue QM-Standard 2020. Der Standard soll als Zertifizierungsgrundlage für ­unabhängige, strenge Kontrollen des Milchproduktionsprozesses im Rahmen des Qualitätssicherungssystems QM-Milch dienen. Laut Aussagen des Fachbeirats will die deutsche Milchwirtschaft damit ein Zeichen für noch mehr Sicherheit, Qualität und Tierwohl in den Milchviehställen setzen. Die neuen Vorgaben bei QM-Milch sollen dabei über gesetzliche Anforderungen hinausgehen und zunehmend Wünsche von Ver­brauchern und Marktpartnern berücksichtigen.

Auch wir stehen für neue Richtlinien. Allerdings müssen sich höhere Auflagen oberhalb des gesetzlichen Standards hinaus auch auf der Milchgeldabrechnung wiederfinden. Hierfür schlagen wir schuld­rechtliche Verträge vor, in denen Preise für höhere Standards geregelt werden können. Denn nicht kostendeckende Milchpreise sind aus unserer Sicht nicht nachhaltig. Dass Handel, Bauernverband und Milchindustrie das QM-System als besonders nachhaltig anpreisen, ist so lange verlogen, bis sich die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit auch im Erzeugerpreis widerspiegelt und es eine strenge Herkunftskennzeichnung gibt.

Geld für Einhaltung von QM-Standard nicht vorhanden

Nicht kostendeckende Milchpreise sind die Haupt­ursache für Fehlentwicklungen in der Milcherzeugung. Die Milch­industrie und der Handel zwingen die Landwirte in ein System, unter dem nicht nur sie selbst, sondern auch Tiere und Umwelt leiden. Das allein mit strengeren Qualitätsstandards ausgleichen zu wollen, wird Missstände eher fördern als be­seitigen. Das Geld für die Einhaltung höherer Standards ist auf den Betrieben schlicht und einfach nicht vorhanden. Das fördert zwei Entwicklungen: Viele bäuerliche Betriebe werden dazu gezwungen, ihre Tore zu schließen. Gleichzeitig geraten die sogenannten Zukunftsbetriebe immer weiter in die Schuldenspirale. Eine Milchproduktion auf höchstem Standard setzt Rahmenbedingungen voraus, die die Existenzgrundlage nicht aufs Spiel setzen.

Diesen Beitrag finden Sie auch in der aktuellen top agrar-Ausgabe 3/2020 auf Seite R 10.

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