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Jungviehaufzucht: So gelingt der Start

Nach dem Abtränken rückt das Jungvieh schnell aus dem Fokus. Wer später aber langlebige Kühe im Stall haben möchte, sollte die Kontrolle über Haltung, Fütterung und Gesundheitsmanagement haben.

Lesezeit: 7 Minuten

Dieser Beitrag erschien zuerst in der top agrar-Ausgabe 06/2020 und wird seither regelmäßig aktualisiert.

Milchviehhalter sollten die gleichen Ansprüche an die Aufzucht der Jungrinder stellen, wie an die Betreuung und Versorgung der Milchkühe“, ist Andreas Rienhoff überzeugt. „Die Jungviehaufzucht erzielt für einen Milchviehhalter zwar zunächst keinen erkennbaren Gewinn“, erklärt der Wissenschaftliche Mitarbeiter der Fachhochschule Südwestfalen.„Doch wer später Erfolg im Kuhstall haben will, sollte das Jungvieh im Blick ­haben.“

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Entscheidend sind die ersten 40 Tage nach der Geburt. In diesem Zeitraum findet die umfangreiche Zellvermehrung in den Organen statt. Hinzu kommt, dass nur nach der Geburt ideal versorgte Tiere über eine höhere Stoffwechselkompetenz verfügen. Das wiederum kann sich positiv auf das Immunsystem auswirken. „Bereits die Tränkephase ist daher entscheidend für das Leistungspotenzial der späteren Milchkuh. Die Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung beginnt also spätestens mit der Erstversorgung der Kälber“, verdeutlicht Andreas Rienhoff.

Eine zeitnahe ad libitum-Tränke nach der Geburt und die möglichst hohe Qualität des verabreichten Kolostrums sind ebenso entscheidend wie saubere Melk- und Tränkeutensilien bei der Biestmilchgewinnung und -versorgung der Kälber. „Jeder Betriebsleiter sollte hinterfragen, ob die Start- und Haltungsbedingungen der Jungtiere zu den späteren Qualitätsanforderungen der Kühe passen“, so Andreas Rienhoff.

Jungvieh- an Milchviehhaltung anpassen

Dr. Wilfried Hartmann vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) sieht es ähnlich: „Die Haltung des Jungviehs ist im Idealfall an die Haltungsbedingungen der Milchkühe angepasst.“ Laufen die Kühe beispielsweise im Boxenlaufstall, sollten sie sich bereits als Jungtiere an Liegeboxen gewöhnen können. Zudem muss ausreichend Platz für das Jungvieh vorhanden sein. Übersicht 1 gibt einen Überblick über die für die Aufzucht benötigten Stallplätze.

„Die Wachstumsphase der Jungtiere stellt Betriebe vor Herausforderungen, da die Stalleinrichtung möglichst an die Größe der Tiere angepasst sein sollte“, erklärt Hartmann. „Der Schwachpunkt bei Liegeboxen ist, dass diese nicht einfach tierindividuell anzupassen sind“, weiß der Experte. Große Betriebe profitieren davon, dem Alter entsprechend Gruppen bilden und diese an den Stall angepasst aufstallen zu können.

Die Haltungsform unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb. Unterschiede gibt es vor allem im Hinblick auf die baulichen Gegebenheiten, den Arbeits- und den Strohbedarf. „Bei der Gruppenhaltung haben sich besonders die Haltungsformen Liegeboxenlaufstall mit der größten Verbreitung sowie Zweiraum- und Einraumlaufstall etabliert“, erklärt Dr. Wilfried Hartmann.

Fütterung: 800 g Zunahme pro Tag realistisch

Wichtig ist auch die optimale Futterversorgung des Jungviehs. Er rät zu einem Tier-Fressplatzverhältnis von 1 : 1. „Nur bei einer automatisierten Fütterung wäre es vertretbar, etwas weniger Fressplätze anzubieten“, so der Experte. Die meisten füttern ihr Jungvieh allerdings nach herkömmlichen Systemen.

Passt die Fütterung, sind Zunahmen von mehr als 800 g pro Tag realistisch. „Die 800 g Tageszunahmen sollten bis zum Belegen Zielwert bei einem anzustrebenden Erstkalbealter von 24 Monaten sein (Übersicht 2, Seite 38)“, ­präzisiert Siegfried Steinberger von der Bayerischen Landes­anstalt für Landwirtschaft (LfL).

Zusätzlich zur Menge ist auch die Futterqualität wichtig. Denn in den ersten Monaten bilden sich die wichtigen ­Organe aus. Dazu zählen unter anderem Euteranlage und Eierstockfunktion. „Deshalb ist eine intensive Aufzucht mit ausreichend Vollmilch oder Milchaustauscher sowie Futterrationen mit hohen Energie- und Nährstoffkonzentrationen erforderlich“, appelliert Dr. Luise Prokop, Beraterin des Lehr- und Versuchszentrums Futterkamp (Schleswig-­Holstein). Die Fütterungs­expertin empfiehlt, bereits während der Tränkephase eine qualitativ hochwertige Ration zu füttern. „Landwirte sollten ihren Kälbern von Beginn an eine sogenannte Kälber-TMR, bestehend aus Stroh- oder Heumehl, Kraftfutter und Melasse oder alternativ ein Kälbermüsli vorlegen. Mit der Aufnahme von Festfutter sollte den Jungtieren die Kuhration angeboten werden. Bei mehreren Futtergruppen empfiehlt die Expertin die Ration der niederleistenden Tiere. Die zusätzliche Gabe einer Trocken-TMR, Kälbermüsli oder Kälberschrot ist weiterhin notwendig, um das Wachstumspotenzial der intensiven Jungviehaufzucht auszuschöpfen.

Dr. Luise Prokop weist darauf hin, auf Zusätze wie Futterfette oder Propylenglykol zu verzichten. Salzlecksteine sollten grundsätzlich zur freien Verfügung stehen. Das Angebot von Minerallecksteinen kann die Vitamin-, Mine­ralstoff- und Spurenelementversorgung zusätzlich zum Mineralfutter in der Ration sicherstellen (siehe Übersicht 3). „Ausreichend sauberes Wasser ist eine Selbstverständlichkeit“, stellt sie klar.

Je nach Intensität der Aufzucht und Wachstum der Rinder empfiehlt sie Landwirten, ab dem achten bis zehnten Lebensmonat auf eine energie- und nährstoffärmere Ration umzustellen. „Wird weiterhin eine energiereiche Ration gefüttert, besteht die Gefahr der Verfettung. Das wirkt sich negativ auf den Stoffwechsel und die Fruchtbarkeit aus und führt vermehrt zu Schwer- und Totgeburten“, erklärt sie die Folgen.

Für die Altersgruppe ab dem achten Lebensmonat eignet sich die Ration der Frühtrockensteher. Wichtig dabei ist, die Calcium- und Natriumversorgung zu überprüfen und anzupassen.

Praktische Fütterungstipps

  • Um Stress zu reduzieren, sollten Landwirte darauf verzichten, Haltungswechsel zusammen mit Rationswechseln durchzuführen.
  • Um den optimalen Zeitpunkt für die Umstellung auf die energie- und nähr­stoffärmere Ration sowie den idealen Besamungszeitpunkt festzulegen, sollten Aufzüchter regelmäßig das Gewicht der Tiere oder den Body-Condition-­Score bestimmen.
  • Grundfutteranalysen und anschließende Rationsberechnungen stellen sicher, dass die Jungrinder bedarfsgerecht versorgt sind.

Fütterung fördert Tiergesundheit

Eine bedarfsgerechte Fütterung fördert die Tiergesundheit. Dennoch sollten Betriebsleiter auch hier genauer hinschauen. „Für die Planung von Maßnahmen zur Gesundheitsprophylaxe ist es wichtig, die Schwachpunkte im eigenen Betrieb zu kennen“, erklärt Dr. Mandy Schmidt vom Tiergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse. „Je nach Haltungsart, Erregerspektrum und Tierzahl sind in den Betrieben unterschiedliche prophylaktische Maßnahmen notwendig“, sagt die Tierärztin.

Jeder Aufzüchter sollte ein auf seinen Betrieb zugeschnittenes Hygiene- bzw. Prophylaxekonzept mit dem Hoftierarzt abstimmen. Landwirte sollten dabei auch ihren Klauenpfleger und Besamungstechniker hinzuziehen.

Für Betriebe, die ausschließlich fremdes Jungvieh aufziehen, empfiehlt sie, aus unterschiedlichen Betrieben stammende Tiere getrennt voneinander aufzustallen. „Oft ist das in der Praxis nicht möglich“, weiß Schmidt. Deshalb ist es wichtig, insbesondere die Impfungen mit den Partnerbetrieben abzustimmen. „Am besten ist, wenn das Jungvieh bereits im Herkunftsbetrieb geimpft ist, sodass zum Zeitpunkt der Umstallung ein belastbarer Schutz besteht“, so ihr Ratschlag.

Praktische Gesundheitstipps

  • Die Auswertung betriebsinterner Daten, das Erfassen der täglichen Zunahmen sowie eine regelmäßige Dia­gnostik, helfen dabei, Schwachstellen aufzudecken. Das kann bspw. die Sektion verendeter Tiere sein oder der Einsatz von Nasentupfern bei Atemwegserkrankungen. Auch Antikörperuntersuchungen geben Rückschluss auf stattgefundene Infektionen.
  • Mithilfe von Schutzimpfungen lassen sich Infektionskrankheiten verhindern. Informationen über notwendige Impfungen gibt der Tierarzt.
  • Untersuchungen zur Diagnose von betriebseigenen Erregern sollte der Tierarzt regelmäßig durchführen.
  • Die Parasitenbehandlung sollten Aufzüchter bzw. Tierärzte auf das Parasitenvorkommen im Betrieb abstimmen. Möglich ist eine Parasitenbehandlung sowohl gegen Ektoparasiten (Milben, Läuse, Dasseln), als auch gegen Endoparasiten (Band- und Rundwürmer, Einzeller).
  • Bei Weidegang sind Repellentien anzuwenden, um die Tiere vor Bremsen, Mücken, Gnitzen und Ektoparasiten­befall zu schützen.
  • or der ersten Abkalbung ist mindestens ein Klauenschnitt zu empfehlen. „Im Idealfall findet dieser bereits in dem Zeitraum ab dem achten Lebensmonat und vor der ersten Besamung statt“, erklärt Schmidt.

Weidegang: unterschiedliche Ansichten

Die Ansichten zu Jungrindern auf der Weide sind unterschiedlich. Dr. Wilfried Hartmann ist der Meinung, dass die Weidehaltung in der Vegetationszeit gerade für die Jungviehaufzucht geeignet ist. Die Voraussetzung ist ein sehr gutes Weidemanagement.

ine Vielzahl von Versuchen auf dem Ökobetrieb Haus Riswick (Nordrhein-Westfalen) bestätigt hohe Energiekonzentrationen auf der Kurzrasenweide: „Kälber können im ersten Lebensjahr auch auf der Weide mittlere Tageszunahmen von 800 g realisieren“, erklärt Versuchsleiterin Anne Verhoeven. Die vergangenen Dürrejahre haben diese Weideform allerdings vor große Herausforderungen gestellt, sodass zukünftig möglicherweise Alternativen zur Kurzrasenweide notwendig sind.

Für Siegfried Steinberger vom LfL steht fest: „Wo möglich, sollte eine weidebetonte Aufzucht umgesetzt werden. Neben der Erhöhung der Lebensdauer und Milchlebensleistung trägt die Weidehaltung zur positiven Wahrnehmung der Tierhaltung bei.“

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