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Krisenfester mit neuen Lieferbeziehungen?

Seit Jahren diskutiert die Branche über die Milchlieferbeziehungen. Das Kartellamt hat die Verträge zwischen Molkerei und Erzeuger bereits geprüft und Verbesserungen gefordert. Passiert ist wenig. Klöckner behält sich vor, verbindliche Vorgaben zu machen. Wie ist Ihre Meinung zum Thema?

Lesezeit: 5 Minuten

Seit Jahren diskutiert die Branche über die Milchlieferbeziehungen. Das Kartellamt hat die Verträge zwischen Molkerei und Erzeuger bereits geprüft und Verbesserungen gefordert. Passiert ist wenig. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner behält sich vor, verbindliche Vorgaben zu machen.



Wie ist Ihre Meinung zum Thema Milchlieferbeziehung: Alles so lassen wie bisher? Oder sollte die Politik verbindliche Milchverträge für alle Molkereien und Erzeuger vorschreiben? Schreiben Sie uns Ihre Meinung mit dem Stichwort „Lieferbeziehung“ an patrick.liste@topagrar.com


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PRO: "Wer zu spät kommt, den bestraft der Markt."


Prof. Dr. Sebastian Hess, Christian-Albrecht-Universität, Kiel.


Globalisierte Milchmärkte bieten für deutsche Molkereien Chancen und Risiken. Vor allem Genossenschaftsmolkereien können durch modernere Milchlieferbeziehungen ihre Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit verbessern. Dadurch lassen sich zwar künftige Tiefpreisphasen nicht ganz vermeiden und der Auszahlungspreis steigt nicht unmittelbar an. Aber Milchmengen und Marktrisiken lassen sich effizienter managen und Krisen vermutlich besser beherrschen.


Die aktuellen Milchlieferbeziehungen haben zwei Schwachstellen: Zum einen die uneingeschränkte Abnahmegarantie, die auch dann noch gilt, wenn die Molkereien für die zusätzliche Milch keine zufriedenstellende Verwertung mehr erzielen. Das zieht die Gesamtverwertung der Molkerei nach unten. Die andere Schwachstelle ist der gemeinschaftliche Rückauszahlungspreis. Dieser deckt die unterschiedliche Risikoneigung und Marktorientierung der Milcherzeuger nur unzureichend ab. Denn alle Erzeuger bekommen den gleichen Milchpreis – egal, ob sie auf Kontinuität und Stabilität setzen oder auf Wachstum und Risiko.


Der Ruf nach kürzeren Kündigungsfristen kann ein Symptom dafür sein, dass einige Landwirte andere Interessen verfolgen als ihre Molkerei. Darauf deutet auch eine Studie aus unserem Haus hin. Für Molkereien mit einer Kündigungsfrist von 24 Monaten und mehr gilt: Je länger die Kündigungsfrist, desto niedriger war 2015 tendenziell der Milchpreis. Das stützt die Kritik des Bundeskartellamtes an zu langen Kündigungsfristen. Jedoch ergab sich in unserer Studie kein Hinweis, dass Kündigungsfristen bis 18 Monate den Auszahlungspreis beeinflussen. Ein- bis zweijährige Kündigungsfristen dürften deshalb tragfähige Kompromisse sein. Genossenschaften sollten aber nicht nur die Mengen bedenken, sondern die Lieferbeziehungen mit Blick auf möglichst hohe Wertschöpfung gestalten.


Nur ein kleiner Teil der Milcherzeuger hat Interesse an ständig neuen Vertragsverhandlungen mit unterschiedlichen Abnehmern. Zudem gibt es nicht in jeder Region aufnahmewillige Molkereien. Genossenschaften sollten daher prüfen, ob sie nicht eine größere Anzahl von Landwirten dauerhaft an sich binden können, indem sie unterschied-liche Kombinationen von Abnahmesicherheit und Preisstabilität anbieten. Abgestufte Kündigungsfristen, auch getrennt nach Milchlieferung und eingelegtem Kapital, könnten ebenfalls Teil solcher Modelle sein. Zudem kommen Kündigungsfristen ungeachtet ihrer Länge wahrscheinlich seltener zur Anwendung, wenn die Lieferbeziehung insgesamt als fair empfunden wird.


Milcherzeuger und Molkereien sollten daher die Lieferbeziehungen im Einzelfall auf Passgenauigkeit zu ihrer Vermarktungsstrategie überprüfen und bei Bedarf zukunftsfähig machen. So können sie auch staatliche Einheitslösungen vermeiden. Diese wären aufgrund der Vielschichtigkeit der regionalen Strukturen ein Bärendienst für die Branche. Insbesondere die Genossenschaften sollten in der Weiterentwicklung ihrer Lieferbeziehungen daher eine unternehmerische Chance sehen. Denn wer zu spät kommt, den bestraft der Markt.


KONTRA: "Festpreise bei volatilen Märkten sind Mist."


Eckhard Heuser, Geschäftsführer Milchindustrie-Verband, Berlin.


Die Lieferbeziehungen zu ihren Milcherzeugern diskutieren die Molkereien – privat wie genossenschaftlich – seit einigen Jahren intensiv. Viele Veränderungen wurden bereits vorgenommen und z. B. bei den Genossenschaften durch die entsprechenden Gremien beschlossen.


Das Ministerium prüft derzeit die neuen Optionen des EU-Rechtes, den sogenannten Artikel 148 Absatz 4. Dagegen ist nichts einzuwenden. Alle sind aufgefordert, mitzudenken und Stellung zu beziehen.

Das hat die Molkereiwirtschaft bereits getan. Wir glauben, dass die Wirtschaft sich selbst helfen kann, Veränderungen haben auf freiwilliger Basis zu geschehen! Gesetzliche Vorgaben zu den Lieferbeziehungen lehnen wir ab. Und wenn überhaupt, dann ist das ein Thema für die Agrarpolitik in Brüssel und nicht für Berlin.


Die Presseberichte zur Studie der Universität Kiel waren „schräg“. Beim genaueren Hinschauen stand nicht das darin, was die Überschriften „Die Kündigungsfristen beeinflussen den Milchpreis“ andeuteten. Der Milchpreis hängt nicht von der Laufzeit der Verträge oder den Kündigungszeiten ab. Die Autoren haben uns gegenüber sogar darauf hingewiesen, dass eine solche vereinfachte Schlussfolgerung nicht zutrifft.


Bei heute geltenden Kündigungszeiten wird schon viel gewechselt. Der Markt um den Rohstoff ist heftig und lebhafter als z. B. in Holland, Frankreich oder Dänemark. Und flexible Verträge gab es ja bis vor Kurzem bei einem Milchhändler. Das Ergebnis ist bekannt, viele Landwirte rennen heute noch ihrem Geld hinterher.

Die deutsche Molkereiwirtschaft ist mittelständisch organisiert. Auch das ist bei unseren Nachbarn anders. Unsere Milcherzeugerbetriebe sind kleiner als die der wichtigen Wettbewerber in den EU-Nachbarstaaten. Doch Rahmenbedingungen ändern sich. Der Strukturwandel ist rasant, bei Molkereien und Milcherzeugern. Daher sind wir als Molkereien gerne bereit, Lieferbeziehungen mit den Milcherzeugern neu zu denken und zu diskutieren.


Lieferbeziehungen sind Vertrauensbeziehungen. Nur wenn beide Seiten profitieren, funktioniert das nachhaltig. Viele Landwirte – vor allem in Bayern – wünschen lange Laufzeiten. Teilweise verlangen das deren Hausbanken bei der Finanzierung des Stallneubaus.


Wie geht es weiter? Alle Seiten prüfen, was die Folgen neuer gesetzlicher Regelungen wären. Was ist verfassungsrechtlich überhaupt möglich, und viel wichtiger: Was ist sinnvoll?


Zieht man die Molkereien noch weiter in das Risiko mit Festpreisen, werden diese reagieren müssen. Niedrige „Schutzpreise“ helfen dabei keinem und solche Regelungen schaffen auch nicht mehr Wertschöpfung. Festpreise bei volatilen Märkten sind Mist. Und Festpreise bekämpfen auch keine Volatilität und niedrige Preise in offenen Märkten.


Die Bundesregierung setzt sich vielmehr gerade für neue Freihandelsabkommen ein – hoffentlich garantieren die Molkereien außerhalb Deutschlands dann ihren Landwirten auch Festpreise, sonst geht der Schuss nach hinten los.

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