Dr. Silke Thiele und Prof. Holger Thiele vom Kieler Institut für Ernährungswirtschaft (ife) untersuchten in der Studie „Zusatzkosten in der Milcherzeugung und -verarbeitung unter Einhaltung verschiedener Tierwohlstandards“ das Potenzial von Trinkmilch mit höheren Tierwohlstandards. Unterstützung erhielten sie von der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank.
Tierwohl kostet Geld
Für die Landwirte entstehen nach der Analyse beachtliche Kosten für mehr Tierwohl: Beispielsweise müssten bei der Teilnahme an der Einstiegsstufe „Für mehr Tierschutz“ mit Zusatzkosten von durchschnittlich 2,3 ct/l Milch gerechnet werden. Kämen Laufhof und Weidegang hinzu, entstünden zusätzliche Kosten von im Mittel 2,6 ct/l Trinkmilch. Die zusätzlichen Aufwendungen für das separate Einsammeln, Verarbeiten und Vermarkten von Milch mit höheren Tierwohlstandards mit geringer Chargengröße belaufen sich nach den Berechnungen der ife-Wissenschaftler in der Summe auf 6,7 ct bis 18,4 ct/kg Rohstoffeinheit Milch. Sie sehen damit die gesamten Zusatzkosten der Milcherzeugung und -verarbeitung durch das Angebot von Milch mit höheren Tierwohlstandards bei mindestens 9 ct/l Trinkmilch.
Zahlungsbereitschaft ist gering
Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist nach Einschätzungen der Autoren jedoch nicht zu erwarten, dass ein großer Teil der Verbraucher bereit sein wird, für umfangreiche Tierschutzmaßnahmen einen solchen Mehrpreis zu zahlen. Eine Ausnahme stelle die Weidemilch dar, die allerdings eine Verfügbarkeit von Weide bei den Betrieben voraussetze. Während das Attribut „Weide“ vom Verbraucher leicht beurteilt werden könne, erforderten Kriterien wie Platzbedarf im Stall ein intensives Auseinandersetzen mit den Bedürfnissen von Tieren und den Standards verschiedener Anbieter. Gegenwärtig müssten Verbraucher dafür auch wegen der großen Vielfalt an Programmen und Standards hohe Such- und Informationskosten aufwenden, um den Mehrwert einer Milch, die unter Einhaltung höherer Tierwohlstandards produziert werde, zu erkennen. Langfristig könnte daher ein einheitliches und leicht verständliches staatliches oder privatwirtschaftliches Tierwohllabel helfen, die Such- und Informationskosten zu senken, so das Fazit der Kieler Agrarökonomen.