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Milch klimafreundlicher produzieren – wie geht das?

Mario Frese betreibt eine sogenannte Klima-Milchfarm. Ziel ist, den CO2e-Fußabdruck möglichst weit zu senken. Im Interview mit top agrar spricht er über positive Erfahrungen und Hürden.

Lesezeit: 6 Minuten

Herr Frese, Sie betreiben eine ­Klimamilchfarm. Was ist das?

Frese: Unser Milchkuhbetrieb steht im Mittelpunkt des Projekts „Mission Klimamilch“ (siehe Kasten). Wir prüfen, welche Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion sinnvoll sind und wie sich diese monetär im Betrieb ­niederschlagen. Wissenschaftlich ­erarbeitete Theorien setzen wir bei uns auf dem Hof um.

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Wie sind Sie zu der Entscheidung ­gekommen, Klimalandwirt zu werden?

Frese: Unsere Molkerei Hochwald hat uns gefragt, ob wir Interesse an dem Projekt haben. Wir passten in das Raster, da wir mit 120 Kühen und unseren momentanen Herausforderungen ein repräsentativer ­Betrieb sind. Futterlagerfläche ist bei uns knapp, mit dem Gülle­lager kommen wir geradeso aus. ­Allerdings haben wir eine gute Flächenausstattung. Das war wichtig für die Teilnahme, da auch die Außenwirtschaft ein wichtiger Projektbaustein ist.

Welche betrieblichen Änderungen hat es seit Projektbeginn ­gegeben?

Frese: Um überhaupt teilnehmen zu dürfen, mussten wir vorab die Haltung der Trockensteher ändern, denn Anbindehaltung war ein KO-Kriterium. Aus dem Anbindestall sind sie deshalb in einen auf der anderen Seite des Futtertischs angeschleppten Strohbereich umgezogen. Außerdem haben wir die Herde von 140 auf 122 Kühe reduziert, damit jede einen Fress- und Liegeplatz hat.

Im ersten Projektjahr haben wir viel Messtechnik installiert: Im Melkstand nutzen wir z. B. eine Milchmengen­messung mit Tiererkennung. Außerdem haben wir jetzt eine Fahrzeugwaage zur Erfassung der Stoffströme. So konnten wir im letzten Jahr damit ­beginnen, alle Ernten zu wiegen. Ich habe außerdem an Fortbildungen teilgenommen, um mich in puncto ­Datenerfassung und -verarbeitung bzw. -auswertung auf den neusten Stand zu bringen. Wir haben den Futtertisch saniert, einen Anschiebe­roboter und ­einen neuen Kälberstall angeschafft.

Das sind zum Teil sehr ­kostenintensive Investitionen. ­Bekommen Sie die erstattet?

Frese: Alles, was zum Projekt gehört, wird erstattet. Das war für uns ein Grund für die Teilnahme. Allerdings habe ich viel kleiner gedacht und bin davon ausgegangen, dass es sich um Maßnahmen handelt, wie den ­Einsatz von Siliermitteln oder Gülle-Zusatzstoffen. An eine Aktivitäts- oder Brunsterkennung oder gar einen Kälberstall habe ich nicht gedacht. In einigen Bereichen teilen wir die Kosten auch auf.

Welche Ergebnisse konnten Sie ­bisher konkret erreichen?

Frese: Wir haben bisher kleine Erfolge erzielt: Beispielsweise konnten wir die Grundfutteraufnahme steigern. Der Einsatz von einem Güllezusatzstoff wiederum hat den gewünschten Effekt der Ammoniakeinsparung nicht erbracht. Das Projekt hat sehr viele Bausteine. Es ist noch zu früh, um konkrete Ergebnisse benennen zu können. Die Maßnahmen im Ackerbau zeigen sich nicht innerhalb eines Jahres und auch die neue Kälberbehausung lässt nach so kurzer Zeit noch keine verlässlichen Rückschlüsse zu.

Ich halte die Projektlaufzeit von drei Jahren auch für zu kurz. Wir pflanzen dieses Jahr beispielsweise Hecken und Bäume in schlecht be­fahrbare Ecken auf Eigentumsflächen. Da lässt sich nicht innerhalb von zwei Jahren abschließend sagen, zu welchen CO2e-Speicherleistungen das führt.

Welche Schritte sind jetzt ­geplant?

Frese: Als Nächstes erfolgt die Stickstoffdüngung mit ­einem pneumatischen Düngerstreuer. Außerdem bauen wir Fressstände für die Kühe, sodass sich die emissionsaktive Fläche reduziert. Auch die Abdeckung des Güllebehälters steht an. Perspektivisch ­würden wir gerne auch eine 99 kW-Biogasanlage auf Gülle- und Mistbasis bauen. Das hatten wir bereits vor dem Projekt geplant, allerdings hakt bisher die Wirtschaftlichkeit.

Wie hat sich im Projekt Ihre Denkweise bzgl. ­Klimaschutz geändert?

Frese: Tierwohl liegt uns schon immer am Herzen. Möglichst klimafreundlich Milch zu produzieren, hatten wir nicht auf dem Schirm. Das geht auch nur mit Ausgleichsmaßnahmen im Ackerbau, die Treibhausgase binden. Die Maßnahmen müssen allerdings praxistauglich sein. Grundsätzlich denke ich mehr darüber nach, welche Auswirkungen einzelne Prozesse in unserem Betrieb auf den Klimaschutz haben.

Kritiker sagen, dass durch solche ­Projekte mehr Auflagen auf sie zu­kommen, die am Ende nicht entlohnt ­werden. Was sagen Sie dazu?

Frese: Ich bin der Meinung, dass wir als Branche etwas tun müssen. Den Druck, mehr im Bereich Klimaschutz zu machen, üben ja nicht wir aus, sondern der kommt von Politik und Gesellschaft. Der Klimawandel ist da und wir müssen ihn ernst nehmen. Auch wenn es Zielkonflikte gibt, wie bspw., dass bei der Vergrößerung des Laufhofs mehr emissionsaktive Fläche anfällt: Fast alles, was wir hier um­setzen, wirkt sich am Ende auch positiv auf unsere Wirtschaftlichkeit aus.

Gab es Momente, in denen Sie es ­bereut haben, Ihren Betrieb für das Projekt zur Verfügung zu stellen?

Frese: Nein, bisher nicht einmal. Der Dokumentationsaufwand ist zwar enorm, es sind oft Menschen auf un­serem Hof und unser Betrieb ist komplett gläsern. Aber es haben sich auch viele Türen für uns geöffnet: Anfang des Jahres war ich zum Beispiel in ­Berlin zur Internationalen ­Grünen ­Woche eingeladen, wo ich mit vielen Menschen auch außerhalb der Agrarblase sprechen konnte. Das war sehr inspirierend. Wenn ich fachliche ­Fragen habe, kann ich mich direkt mit den am Projekt beteiligten Wissenschaftlern austauschen. Überhaupt macht die ­Zusammenarbeit mit allen Beteiligten sehr viel Spaß.

Wo sehen Sie Ihren Betrieb und die Milchwirtschaft in zehn Jahren?

Frese: Wir möchten unseren Kuhstall auf 150 Plätze erweitern, neue Fahr­silos bauen und den alten Anbindestall abreißen. Wir hoffen, dass wir bald mit einer Biogasanlage in die Energiewirtschaft einsteigen können. Ich glaube, die Milchwirtschaft wird weiterhin einen hohen Stellenwert haben. Wer soll das Grünland verwerten, wenn nicht die Kühe?

„Wir prüfen, wie sich​

Maßnahmen zur​

Treibhausgasreduktion​

monetär niederschlagen.“​

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Betriebsspiegel

Betrieb Frese, Homberg (Efze), Hessen

Tierbestand: 120 Kühe plus ­weibliche Nachzucht

Melkstand: Doppel 10er mit Front­austrieb und GEA-Technik

Milchleistung: 9.700 kg/Kuh und Jahr

Lebensleistung aus Merzungen der letzten 12 Monate: 40. 300 kg/Kuh

Durchschn. Nutzungsdauer: 4,8 Jahre

Flächenausstattung: 240 ha, ­davon 60 ha Dauergrünland

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Nestlé und Hochwald sind Projektpartner

Die Klima-Milchfarm ist Teil eines ­dreijährigen von Nestlé und Hochwald finanzierten Projekts in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und ­Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). Kern des Projekts ist die Frage, wie sich die CO2e-Bilanz der Milchproduktion verbessern lässt.

Denn der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern hat sich das Ziel gesetzt, seine Klimabilanz zu verbessern. Dazu hat Nestlé nicht nur die eigenen Unternehmensprozesse, sondern auch den vor- und nachgelagerten Bereich genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Rund 80 % des CO2e-Ausstoßes stammen aus der Rohwarenbeschaffung. Davon sind 40 % allein auf die Milchviehhaltung zurückzuführen.

Bis 2050 will das Unternehmen mit selbst erarbeiteten Klimaschutzprojekten in den Lieferketten „Netto-Null“ sein. Der Hof von Mario Frese ist Deutschlands erste Klima-Milchfarm von Nestlé. Weltweit gibt es bereits 25 Pilotfarmen.

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