Was banal klingt, bringt etliche Milcherzeuger zur Verzweiflung: Ihre Kühe stehen über Stunden dicht gedrängt in einem Stallbereich. Jeden Tag. Wochenlang. Die reduzierten Liege- und Fresszeiten können sich auf die Klauen- und Eutergesundheit auswirken und die Milchleistung reduzieren.
Über das Herdenverhalten „Bunching“ (dt.: bündeln) haben wir bereits berichtet:
Die Erfahrungen aus verschiedenen Regionen ähneln sich: Das Verhalten tritt tagsüber, meist zu bestimmten Uhrzeiten im Sommer auf. Vermutet wird der Einfluss von Hitze, Sonneneinstrahlung oder Fliegen. Viele Landwirte bleiben ratlos.
Kuhverteilung im ganzen Stall: Viele Versuche erfolglos
Wir haben uns deshalb erneut umgehört. „Wir kennen das Problem schon seit 2012. Normalerweise tritt es bei uns immer bei steigenden Temperaturen auf, aber es war auch schon mal frühmorgens bei Nebel. Da weiß man wirklich nicht mehr weiter“, berichtet beispielsweise Tobias Nagel aus Raesfeld (Nordrhein-Westfalen).
Auf der Suche nach Lösungen hat er vor drei Jahren eine WhatsApp-Gruppe mit ebenfalls betroffenen Berufskollegen gegründet. Dort tauschen sie sich über ihre Erfahrungen aus, berichtet Tobias Nagel: „Wir haben z. B. Temperatur-Messgeräte aufgehängt, zusätzliche Lüfter installiert, alles neu geerdet. Trotzdem tritt das Verhalten jedes Jahr auf.“
Zwei Milcherzeuger, die das Problem im letzten Jahr erfolgreich vermeiden konnten, berichten im Folgenden über ihr Vorgehen. Beide Betriebe haben verstärkt Fliegen bekämpft. Ob dies auch eine Lösung für andere Betriebe sein kann, bleibt offen.
"Fliegenbekämpfung mit Pour-On war die Lösung"
"Wir beobachten das Problem bei uns schon, seitdem die Kühe in 2013 in diesen Stall eingezogen sind. In der Mitte des Stalles stehen zwei Melkroboter und ab etwa Ende Juni rottete sich die gesamte Herde in den Nachmittagsstunden von ca. 14 bis 18 Uhr dort zusammen. Das Gleiche war in der Gruppe auf der gegenüberliegenden Seite des Futtertisches zu beobachten. Und auch das Jungvieh versammelte sich in den Sommermonaten auf der sonnenabgewandten Seite des Stalles. Ich habe versucht das Problem zu verstehen, aber sämtliche Tierärzte und Futtermittelberater wussten keine Lösung.
Auch im Internet findet man dazu wenig. Die Milchleistung hat unter dem Problem nicht gelitten, trotzdem macht es einen verrückt. Aber irgendwann habe ich einfach hingenommen, dass das hier im Sommer so ist.
Im letzten Jahr Ende Juni hat mich unsere Tierärztin bei einem Bestandsbesuch darauf hingewiesen, dass ich die Kühe mal gegen Fliegen behandeln sollte. In meinen Augen waren im Kuhstall aber gar nicht viele Fliegen. In den Kälberställen hingegen habe ich immer schon die Wände mit Fliegenmittel eingesprüht. Sie meinte aber, dass nur sehr wenige beißende Fliegen ausreichen, um bei den Kühen extremen Stress auszulösen und sie zu diesem Herdenverhalten zu bringen. Noch am gleichen Tag habe ich alle Kühe mit einem Aufgussmittel mit dem Wirkstoff Deltamethrin behandelt. Innerhalb weniger Tage haben sich die Kühe wieder im gesamten Stall aufgehalten. Wir haben die Behandlung dann alle drei Wochen wiederholt und hatten den gesamten Sommer über keine Probleme mehr."
"Stroh und Gülle jede Woche behandelt"
"In den letzten Jahren hat uns im Sommer immer das gleiche Problem beschäftigt: Ab einer Temperatur von ca. 14 °C haben sich die Kühe im ersten Stallviertel zusammengerottet. Sie standen manchmal ab 11 Uhr morgens so eng, dass sich kein Tier mehr bewegen konnte. Nach dem Melken haben sie sich wieder im ganzen Stall verteilt, bevor es am nächsten Tag erneut losging.
Auf der anderen Seite des Futtertisches stehen die Kälber in Einzel- und Gruppeniglus. Der Mist erhöht den Fliegendruck. Darum haben wir die Querlüftung im Kuhstall teils schon ab 13 °C auf Volllast laufen lassen und die Kühe mit Pour-on gegen Fliegen behandelt. Doch das brachte kaum Verbesserung.
Im vergangenen Jahr sind wir konsequenter gegen die Fliegen vorgegangen. Im März haben wir alle Strohställe und Kälberiglus innerhalb von zwei Tagen ausgemistet. Ab diesem Zeitpunkt haben wir dann die Iglus und Strohställe gegen Fliegenlarven mit dem Wirkstoff Cyromazin behandelt. Das haben wir mit einer Gießkanne ausgebracht und bis Ende August einmal pro Woche wiederholt. Zusätzlich haben wir Mittel gegen Fliegenlarven in die Gülle eingebracht. Der Erfolg war extrem: Im gesamten Zeitraum haben sich die Kühe nicht ein Mal zusammengerottet. Im September trat das Problem dann wieder auf, wir hatten zu früh mit der Behandlung aufgehört. Für uns ist also klar, dass das Verhalten allein mit Fliegen zu tun hatte."
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"Bunching" heißt das Herdenverhalten, wenn Kühe nur in einem Stallbereich stehen. Es lässt viele Landwirte verzweifeln.
Mit Aufgussmittel gegen Fliegen ist Dierk Köppen im letzten Jahr gegen das Problem vorgegangen.
Alle Stroh- und Güllebereiche hat Janik Schlüter-Korte mit Larvizid behandelt und so das Verhalten vermieden.