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Moderne Milchviehhaltung: Landwirtin diskutiert mit Städterin

Sarah Emmerich und Katharina Leyschulte sind zwei Gesichter der Initiative Milch. Die eine lebt in der Großstadt, die andere führt einen Milchviehbetrieb. Wir haben mit beiden gesprochen.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Initiative Milch läuft seit einem Jahr. Angelegt ist das Projekt „Branchenkommunikation“ der großen Milchverbände für vier Jahre. Ein Format ist die Diskussion zwischen Branchenfremden und Branchenkennern. Kritik kommt unter anderem von veganen Gruppen. Die Berlinerin Sarah Emmerich nimmt die Milchviehhaltung aufgrund der Initiative Milch nun anders wahr. Milchviehhalterin Katharina Leyschulte plädiert dafür, an der Initiative Milch festzuhalten.

Die Initiative Milch ist aus der Branchenkommunikation hervorgegangen. Bei einigen Landwirten ist das Projekt zunächst auf Kritik gestoßen. Was ging euch durch den Kopf, als ihr das erste Mal davon gehört habt?

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Sarah: Ich hatte bis zur Projektanfrage noch gar nichts von der Initiative Milch gehört. Ich hatte wenig Berührungspunkte zur Milchbranche, konnte mir aber gut vorstellen, meinen Input aus Sicht der Generation Z zu geben.

Katharina: Ich habe mich gefragt, was da jetzt wieder kommt. Als ich mich näher damit beschäftigt und gesehen habe, dass eine Agentur dahinter steht mit ganz anderen Reichweiten, als wir Landwirte haben, war ich sofort begeistert.

Was möchtet ihr mit der Teilnahme an der Initiative Milch erreichen?

Sarah: Ich möchte damit nichts erreichen. Mein Auftrag ist, die Sicht auf die klassische Milchindustrie durch die Brille der Generation Z darzustellen, die sich viel in Social-Media-Kanälen aufhält.

Katharina: Ich möchte zeigen, dass Landwirtschaft bunt und vielfältig ist und nicht konservativ, so wie viele denken.

Wie nehmt ihr das Projekt heute wahr?

Sarah: Durch die Initiative Milch hat sich mein Eindruck von der Milchindustrie geändert. Auch wenn ich die Kritik an der Milchbranche zum Teil sehr berechtigt finde, bin ich beeindruckt von Katharina, wie sie mit ihren Kühen umgeht und ihren Hof führt.

Katharina: Ich bin begeistert davon, über welche Medien die Initiative Milch gestreut wird, um ein neues Bild der Milchwirtschaft zu schaffen.

Was verbindet ihr mit dem Begriff Milch?

Sarah: Bei dem Wort Milch kommen mir zuerst Milchalternativen in den Kopf, aber auch die klassische Kuhmilch. Mit ihr verbinde ich Kindheitserinnerungen. In meiner Heimat war ich oft auf einem Bauernhof. Ich habe viele gute Erinnerungen an einen schönen Hof und weiß deshalb, dass es nicht überall so schlimm aussieht wie in der Massentierhaltung, die in einigen Dokus zu sehen ist.

Katharina: Milch ist für mich Tradition. Über Generationen hinweg produzieren wir auf unserem Hof Milch und ich darf das Erbe meines Opas antreten. Unser Milchviehbetrieb ist für mich meine Heimat. Ich verbinde mit Milch also ausschließlich Positives.

Zu den Personen: Katharina Leyschulte ist 28 Jahre alt und führt gemeinsam mit ihrem Vater einen Milchviehbetrieb in Westerkappeln (NRW). Sie bewirtschaften 157 ha Acker- und Grünland und melken 130 Kühe im 2015 erbauten Stall. Die Milchleistung liegt bei rund 12 000 kg Milch/Kuh und Jahr. Inklusive Nachzucht versorgen die Betriebsleiter rund 300 Tiere pro Tag. Öffentlichkeitsarbeit ist Katharina Leyschulte wichtig. Sarah Emmerich ist 23 Jahre alt, lebt in Berlin und kommt gebürtig aus der Nähe von Frankfurt. Sie ist Gründerin einer Agentur für Influencer Marketing und greift nur selten zu Kuhmilch. Sie lebte eine Zeit lang vegan, schwenkte aber wieder zurück auf die vegetarische Ernährungsweise.

Sarah, du hast eben von Massentierhaltung gesprochen. Was verstehst du darunter?

Sarah: Da haben mich die Medien geprägt: Tausende Tiere stehen auf engstem Raum und aus ihnen wird so viel wie möglich rausgeholt. Die Prozesse sind automatisiert und das Tier ist in den Hintergrund gerückt.

Katharina, wie stehst du dazu?

Katharina: Ich verstehe Sarahs Argumente, tue mich aber schwer damit. Auch bei uns sind viele Prozesse automatisiert, dennoch ist jedes einzelne Tier wichtig. Der Begriff Massentierhaltung muss definiert werden. Bisher ist das nicht passiert. Deshalb kommt es schnell zu Missverständnissen.

Was könnte die Initiative Milch besser machen, um noch mehr Menschen auf Milch aufmerksam zu machen?

Sarah: Es ist wichtig, so transparent wie möglich zu kommunizieren. Es existiert ein sehr negatives Bild über die Milchindustrie. Wenn die Branche sich selbst differenziert betrachtet, nimmt sie Kritikern den Wind aus den Segeln. Zumal die ernährungsphysiologischen Vorteile nicht von der Hand zu weisen sind.

Katharina: Ich bin der Meinung, dass wir als Branche an Schulen aktiver sein müssen. Wir brauchen breite Infos, damit sich junge Menschen fundierter für oder gegen Milch entscheiden können.

Was wünscht ihr euch von der Generation Y/Z beim Umgang mit dem Thema Milch?

Sarah: Mehr Offenheit und die Gabe, verschiedene Meinungen zuzulassen und nicht schwarz-weiß zu denken. Gerade in Zeiten von Social Media sind Meinungen oft sehr radikal.

Katharina: Ich wünsche mir Offenheit und ehrliches Interesse an Ernährungsthemen.

Was sind aus eurer Sicht die größten Herausforderungen für Milcherzeuger?

Sarah: Ich denke, es ist der Spagat zwischen Tierwohl und Rendite.

Katharina: Vor allem die Rentabilität. Die Siegel- und Auflagenflut nimmt immer weiter zu. Um die Auflagen erfüllen und investieren zu können, muss ich aber auch das entsprechende Geld verdienen.

Vier Jahre ist die Laufzeit der Branchenkommunikation. Sollte es danach in eine zweite Runde gehen?

Sarah: Werbung für die Milchindustrie ist wichtig und sinnvoll. Bei der Initiative Milch sehe ich aber viel negatives Feedback in den sozialen Medien, weil die Kampagne von der Milchindustrie selbst kommt.

Katharina: Ich glaube schon, dass es etwas bringt. Die Initiative Milch verfolgt ungewöhnliche Ansätze und bedient unterschiedliche Zielgruppen. Keine Kommunikation ist keine Lösung. Wir brauchen dringend eine Interessenvertretung für unsere Branche.

Welchen Stellenwert nehmen bei euch pflanzliche Alternativen ein? Was glaubt ihr, wie sich das Thema zukünftig entwickeln wird?

Sarah: Ich trinke gar keine Kuhmilch mehr, esse aber viel Käse. Eine Zeit lang habe ich auch mal vegan gelebt. Allerdings ging es mir gesundheitlich nicht gut, sodass ich auf vegetarische Ernährung umgestiegen bin.

Ich denke, dass Ersatzprodukte in Zukunft eine immer größere Rolle einnehmen. Vermutlich wird es am Ende ein Mix aus beidem.

Katharina: Das glaube ich auch. Kuhmilch ist eine Chance für die menschliche Ernährung. Sie wird in Deutschland ressourcenschonend und mit höchsten qualitativen Ansprüchen produziert. Hinzu kommt, dass Kühe Grünland verwerten können, was einen großen Beitrag zur ökologischen Vielfalt leistet. Ich bin sicher, dass alternative Produkte in Zukunft bedeutender werden, der Großteil aber weiterhin Kuhmilch konsumieren wird.

Was war euer größter Aha-Moment in dem Projekt?

Sarah: Ich war überrascht über die Professionalität. Sowohl über die des Projekts als auch über die Arbeitsweise auf Milchviehbetrieben.

Katharina: Ich war verwundert, dass auf der Diskussionsveranstaltung in Hamburg kaum kritische Fragen kamen, weder vom Publikum vor Ort noch online. Gerne hätte ich direkt darauf geantwortet.

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