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Molkerei: „Jetzt ist nicht die Zeit, um Auditoren für QM+ auf die Höfe zu schicken“

Warum setzt die Hohenloher Molkerei die Zertifizierung von QM+ aus? Welche Folgen hat der Ukraine-Krieg für die Landwirte bei uns? Ein Gespräch mit Geschäftsführer Martin Boschet.​

Lesezeit: 4 Minuten

Herr Boschet, der Vorstand der Hohenloher Molkerei hat letzte Woche beschlossen, nicht mit der Zertifizierung von QM+ zu starten. Was sind die Gründe?

Martin Boschet: Der Grund sind die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine, die auch unsere Landwirte und uns als Molkerei wirtschaftlich in starkem Maße betreffen. Es ist doch momentan nicht denkbar, wenn die Versorgungssicherheit absolute Priorität hat, neue Programme einzuführen.

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Uns ist Tierwohl sehr wohl wichtig und es ist nicht so, dass wir den Transformationsprozess nicht wollen, aber man muss wissen, was man wann auf die Tagesordnung setzt. Momentan ist nicht die Zeit, um Derartiges umzusetzen. Es geht momentan darum, die Lebensmittelversorgung und -sicherheit gut aufrechtzuerhalten. Und das nicht nur bei uns: Unsere Gedanken sind fortwährend bei den Menschen in der Ukraine, die in Luftschutzbunkern um ihr Leben bangen.

Der Stopp der Zertifizierung von QM+ hat also nichts damit zu tun, dass die Hohenloher Molkerei angekündigt hat, allen zertifizierten QM+Betrieben den Zuschlag von 1,2 ct/kg zu zahlen?

Boschet: Das hat damit überhaupt nichts zu tun und die grundsätzliche Entscheidung, dass wir die 1,2 ct allen zertifizierten Betrieben bezahlen, ist in keinster Weise infrage zu stellen. Wenn sich ­- was wir alle hoffen – die Welt wieder normalisiert und dieser Krieg möglichst schnell beendet werden kann und ukrainische Landwirte ihre Felder wieder bestellen können, wenn die Mitarbeiter wieder auf den Höfen sind und nicht als Soldaten im Krieg kämpfen müssen, dann wird man auch bei uns wieder diese Dinge diskutieren können, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

Welche Folgen hat die Preisexplosion bei Betriebsmitteln, vor allem bei Düngemitteln, Futtermitteln und Diesel für die Landwirte und wie reagieren sie?

Boschet: Das hat zum einen wirtschaftlich dramatische Folgen für unsere Landwirte. Und es gibt Liquiditätsprobleme auf den Höfen, wenn sie z. B. für 10.000 Liter Diesel 20.000 € und mehr bezahlen müssen. Landwirte fragen mich, ob sie Kalkammonsalpeter für 900 €/t kaufen und ausbringen sollen. Das zeigt die Situation der Landwirte. Der Landwirt, der heute zu horrenden Preisen Dünger einkauft, der hat keine Garantie, dass er das durch Verkauf seiner Produkte wieder zurückgespielt bekommt. Das gleiche gilt für die stark steigenden Preise für Eiweißfuttermittel. Aus Gesprächen mit Landwirten weiß ich, dass viele eine Form der Ohnmacht verspüren.

Die Preissteigerungen betreffen uns Molkereien, sozusagen als verlängerter Arm der Bauern, genauso drastisch. Wir haben enorme Preissteigerungen für Strom, Erdgas, Diesel und vor allem Verpackungsmaterial und Betriebsstoffe. Teilweise kämpfen wir mit Beschaffungsproblemen, da erste Komponenten nicht mehr lieferfähig sind. Unser molkereieigener Fuhrpark benötigt z.B. bis zu 125.000 Liter Diesel im Monat.

Können die aktuellen Preiserhöhungen für die Milch die Kostensteigerungen für die Betriebsmittel kompensieren?

Boschet: Meines Erachtens in keinster Weise. Deshalb hat sich unser Angebot für unsere Landwirte, an der Warenterminbörse teilzunehmen, als richtig erwiesen. Wir können unseren Landwirten für Juni eine Preisabsicherung von 50 ct/kg anbieten. Aber physisch sind wir beim Milchpreis noch nicht so weit. Wir zahlen jetzt im Februar 44 ct/kg bei 4,2 % Fett. Aber die Kostenlawine, die seit Kriegsbeginn losgetreten wurde, ist mit den jetzigen Milchpreisen nicht aufzufangen. Wir müssen jetzt in den Preisverhandlungen mit dem deutschen LEH wesentlich höhere Preise umsetzen. Das heißt, wir brauchen ein völlig anderes Milchpreisniveau.

Gleichzeitig müssen wir hoffen, dass sich die Erhitzung der Betriebsmittelpreise wieder abkühlt. Und es müssen nicht nur die Pendler entlastet werden. Wir brauchen auch eine Kostenentlastung für unsere landwirtschaftlichen Betriebe und die Weiterverarbeiter.

Sollten Landwirte jetzt Milch an der Warenterminbörse absichern?

Boschet: Da haben wir in unserer Molkerei den Grundsatz, dass wir keine Empfehlungen geben. Das muss jeder Landwirt für sich selbst entscheiden. Aber da wir bei den physischen Milchpreisen durch Kontrakte bis Juni gebunden sind, waren die Absicherungen für die Monate Mai und Juni sinnvoll, und viele Landwirte haben das auch genutzt. Aber für das zweite Halbjahr 2022 möchten ich mit den physischen Milchpreisen natürlich die Börsenwerte wieder übertreffen. Das ist mein Anspruch.

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