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Naturschutz mit Weiderindern

Die Grünlandnutzung im südlichen Schwarzwald ist schwierig, aber wichtig für die Artenvielfalt. Ein Produktionskonzept soll Landwirte motivieren, dort (weiterhin) Rinder zu halten.

Lesezeit: 6 Minuten

Steile Lagen, große Felsbrocken, viele Hangmoore und besondere Schutzgebiete mit seltenen Gräsern: Das Grünland im Gebiet Bernau im Schwarzwald gehört nicht zu den produktivsten Grünlandstandorten in Baden-Württemberg. So ist es nicht verwunderlich, dass sich nur noch wenige Rinderhalter der Herausforderung in dem Gebiet südlich des Feldberges annehmen. Das hat wiederum für die Naturlandschaft Konsequenzen: Invasive Arten drängen auf die offenen Flächen und die Verwaldung der ökologisch wertvollen Gebiete nimmt zu.

Ein Projekt mit Partnern aus der Landwirtschaft, Wissenschaft und dem örtlichen Handel (siehe Kasten „Das GIB-Projekt - Schützen durch Nutzen") will nun neue Lösungen finden. Das Ziel: Die Marktsituation der örtlichen Landwirtschaft durch die Nutzung hochwertiger Biorinder in Kombination mit einer regionalen Vermarktung verbessern.

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In drei aufeinander folgenden Ausgaben berichtet top agrar über die Ergebnisse des Projektes bezüglich, der Optimierung der Nutzungsflächen, Ökonomie und Vermarktung.

Schwaches Grünland

Zu Beginn des Projektes erfolgte eine Bestandsaufnahme des Grünlands in zwei verschiedenen Gebieten. Dabei bestätigte sich, dass die Beweidung von Naturschutzflächen wirtschaftlich und arbeitstechnisch oft eine Herausforderung ist. Das Futter hat geringe Eiweiß- und hohe Rohfasergehalte und liefert dem Rind damit wenig Energie. Hinzu kommen Zielkonflikte zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Ein zu starres Naturschutzmanagement begrenzt z. B. Erntezeitpunkte und Düngemöglichkeiten. Hier ist viel Kommunikation zwischen den Beiteiligten nötig, um Naturschutz und Nutzung gleichermaßen zu ermöglichen.

Die Unterschung der Flächen in der Region Bernau bestätigt, das beim Weidemanagement Handlungsbedarf besteht. Die vorherrschenden Gründlandtypen sind: extensive Borstgrasrasen, Flügelginsterheiden, extensive Berg-Mähwiesen und mittelintensive Teilstücke. Wie Übersicht 1 zeigt, liegen die Trockenmasse (TM)-Erträge zwischen 40 und 50 kg pro ha, mit teils großen Schwankungen. Bei der vorliegenden Bewirtschaftung blieben zudem teils bis zu 50 % Weiderest stehen. Für Standweiden wäre ein Wert von 30 % des TM-Ertrags akzeptabel.

In Bezug auf die Energiegehalte (Übersicht 2) erreichen die Aufwüchse aller Weidekategorien im Schnitt über das Jahr hinweg nicht die für eine lohnende Rindermast erforderlichen Energiegehalte von 10,4 MJ ME/kg TM.

Weidewirtschaft anpassen

Viele Gegebenheiten, wie die Hanglagen, die schlechte Wasserversorgung usw. lassen sich nicht ändern. Dennoch gibt es Maßnahmen, wie man das Grünlandmanagement verbessern und die Leistung der Flächen steigern kann:

  • Gute Aufwüchse im Frühjahr nutzen: In Absprache mit Naturschützern wurden Teilflächen festgelegt, die schon früh im Jahr beweidet und geschnitten werden dürfen.
  • Kurze Besatzzeit bei hoher Besatzstärke (eine Art Mob-Grazing), Abtrieb spätestens bei einer Reststoppelhöhe von 7 cm.
  • Ruhezeit von sechs bis acht Wochen für Weideflächen.
  • Anlage der Tränken außerhalb geschützter Flächen, um Trittschäden zu vermeiden.
  • Große Weiden unterteilen und mehrere Tränkestellen einrichten.
  • Herbstnachweide wenn möglich.

375 g pro Tag in der Spitze

Die begrenzten Energiegehalte des Grünlands bei der Bestandsaufnahme spiegelten sich letzlich in den Leistungen der Fleischrinder wider: Im Teilgebiet „Bernau Unterlehen“ treibt ein Hinterwälder-Züchter von Mitte Mai bis Ende Oktober eine Herde von rund 40 Tieren verschiedenen Alters auf. Die Mastrinder, Absetzer und Kälber sind Kreuzungsrinder aus Hinterwälder x Limousinbulle.

2019 wurden die Rinder beim Auf- und Abtrieb und einmal während der Weideperiode gewogen (Übersicht 3 Seite R 32). Mit 375 g Tageszunahme schnitt die Gruppe „Kalb bei Mutterkuh“ über die Weidezeit hinweg betrachtet am besten ab. Die Absetzer und Mastrinder erreichten im Schnitt 330 g bzw. 336 g. Wirtschaftlich optimaler wären die doppelten Tageszunahmen, was aber mit der Weidegrundlage nicht realisierbar ist.

Nur Weidemast reicht nicht

Das zweite Untersuchungsgebiet war die „Allmendweide Krunkelbach“ auf fast 1 300 m Meereshöhe. Hier treiben mehrere Betriebe von Juni bis Anfang Oktober etwa 60 weibliche Rinder auf. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Alters, ihrer Genetik und ihrer Nutzungsrichtung. Die Landwirte gleichen damit fehlende Stallplätze im Tal aus und sparen Arbeit sowie Stallfutter.

Die Nutzung der Weide zur Mast von Färsen führt allerdings zu geringeren Leistungen. Die täglichen Zunahmen lagen im Schnitt bei Pinzgauer x Hinterwälder-Kreuzungen bei 482 g und bei Fleischrasse x Vorderwälder-Kreuzungen bei 255 g. Zwar setzten die weidegewohnten Hinterwälder-Kreuzungen aus der Mutterkuhhaltung das Futter besser um, dennoch waren die Tiere weit entfernt von den anzustrebenden Zunahmen von 600 g bis 800 g.

Beide Auswertungen zeigen außerdem, dass die Landwirte alle Masttiere gezielt mit Kraftfutter im Stall ausmästen sollten. Viele führen das sogenannte „Finishing“ auch schon durch. Denn nur so lässt sich die geforderte Schlachtreife (Lebendmasse, Fettabdeckung, Aus­­prägung wertvoller Teile) erzielen.

Um hochwertige Tiere an die Vermarktungspartner zu liefern und die Leistungen zu steigern, bestätigten sich zudem folgende Punkte für die Landwirte im Projekt:

  • Auf leichte, standortangepasste Kühe mit guter Milchleistung (hier: Hinter- und Vorderwälder) setzen.
  • Fleischrasse Deckbullen (z. B. Limousin) einsetzen, um gut bemuskelte Kreuzungsmastrinder zu erzeugen.
  • Kalbung nahe am Weideaustrieb im Frühjahr planen, um möglichst frisch laktierende Mutterkühe und junge Kälber auszutreiben.
  • Neben der Mutterkuhhaltung werden auch Bio-Absetzer zugekauft. Die Mastrinder erhalten ebenso Weidegang. Dafür sollten die Landwirte im Vorfeld besonderes Augenmerk auf die Vorbereitung und Zusammenstellung der Gruppen legen:Jungtiere impfen.
  • Gesunde, einheitliche Gruppen zusammenstellen und an Weidefutter und Weidezaun gewöhnen.
  • Lebendgewicht von 300 bis 350 kg beim Auftrieb anstreben.
  • Weidemastdauer so planen, dass der geplante Schlachttermin eingehalten wird. Dabei die Zeit zur Endmast im Stall berücksichtigen.

Digitale Dokumentation

Für eine optimale Weideführung und Dokumentation hat das Projekt zudem ein Weideinformationssystem erstellt:  www.weide-bw.de 

Hier können Rinderhalter die Weideflächen mit Name, Größe und Nutzung importieren. Zudem können sie den Tierbestand von Hi-Tier mit Art, Alter, Geschlecht und Anzahl organisieren. Die Dokumentation der Beweidungsdauer und -intensität können sie mit einem Weidetagebuch für die Agrarförderung verwalten. Zukünftig ist geplant, die Düngeberechnung auf den Weideflächen und ein Berechnungstool zur Futterverfügbarkeit mit Rücksicht auf Qualität, Futteranfall und Futterzuwachs je Flächeneinheit zu integrieren.

Das GiB-Projekt - Schützen durch Nutzen

Die (Bio-)Weiderindermast ist eine Nutzungsalternative für Grünland, wenn sich die Milchviehhaltung zurückzieht. Daher startete ein an der Universität Hohenheim initiiertes und koordiniertes Projekt im Südschwarzwald. Teil nahm eine Erzeugergemeinschaft mit rund 100 Mästern und circa 700 Biorindern pro Jahr.
Bisher wurden diese Rinder meist zum Zeitpunkt des Weideabtriebs vermarktet. Die Konsequenz war ein zu hohes Angebot bei kleiner Nachfrage und damit Preissenkungen. Deswegen entwickelten Wissenschaftler, Vermarkter, Naturschützer und Landwirte gemeinsam ein Produktionskonzept um die ganzjährige Vermarktung sicherzustellen und dennoch das naturgeschützte Grünland zu erhalten.

Das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf übernahm die Fragen rund um Grünland und Tierhaltung, die Universität Göttingen das Thema Marketing. Die Universität Hohenheim bearbeitet die Ökonomie und entwickelt ein Konzept zur Übertragbarkeit der Projektergebnisse auf andere Regionen. Für den Bereich Vermarktung setzten sich die Unternehmensgruppe Edeka Südwest und die örtlichen Schmidt’s Märkte ein. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat das Projekt gefördert.

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