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Neuer Kuhstall für mehr Tierwohl - Familie Spötzl stellt ihr Zukunftskonzept vor

Familie Spötzl bietet den Kühen im neuen Stall mehr Tierwohl. Dank cleverer Ideen sind Routinearbeiten nun leichter. Wir haben den Betrieb besucht und viele Fotos mitgebracht.

Lesezeit: 8 Minuten

Ein nagelneuer Kuhstall. Das ist bei den aktuellen wirtschaftlichen und strukturellen Herausforderungen der Milchviehhaltung ein seltener Anblick geworden. Doch August Johann (genannt Gusti) Spötzl hat sich bewusst dazu entschieden, einen neuen Stall für 100 Fleckviehkühe zu bauen. Aktuell gibt jede Kuh im Schnitt knapp 10.000 kg Milch pro Jahr. Den Betrieb in Assling (Bayern) bewirtschaftet der 29-Jährige gemeinsam mit seiner Frau Franziska und seinen Eltern.

„Wir wollten unbedingt weiter machen. Denn wir sind einfach Kuhmenschen. Aber wir mussten uns auch überlegen, wie das funktionieren kann“, sagt er. Den alten Anbindestall haben sie 1987 zu einem Boxenlaufstall für damals 40 Kühe umgebaut. 2013 haben sie zusätzlich 14 Außenliegeboxen angebaut. Der Stall war allerdings schwer zu sanieren, nicht mehr erweiterbar und zum Schluss überbelegt. Im April 2021 sind zunächst 74 Kühe in den neuen Stall eingezogen.

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Tierwohl und Arbeitskomfort

Für die Kühe soll der Stall vor allem mehr Tierwohl bieten. Gleichzeitig wollte Familie Spötzl mehr Komfort bei den täglichen Routinearbeiten schaffen.

Tierwohl fängt für den Milchviehhalter bei den Liegeboxen an. Deshalb hat er sich für flexible Bügel entschieden. Die Tiefboxen streut er zweimal wöchentlich mit eigenem Gülleseparat ein. Seine Devise: „Lieber öfter wenig, als selten viel.“ Das Einstreuen dauert etwa 30 Minuten. Für die zwei Reihen Liegeboxen braucht er sechs bis acht Ladungen mit der Einstreuschaufel des Bobcats.

Um den separierten Güllefeststoff zu lagern, hat er am Ende des Stalls ein kleines Abdach angebaut. Dort befindet sich auch der Separator sowie der Parkplatz des Bobcats. Zweimal am Tag, wenn die Kühe zum Melken gehen, holen Spötzls den Kot aus den Liegeboxen heraus. Danach fahren sie mit dem Bobcat und angebauten Rechen durch den Stall, um die Boxeneinstreu einzuebnen. „In 10 Minuten haben wir 100 Liegeboxen sauber gemacht“, sagt der Betriebsleiter.

Zudem können die Kühe jederzeit raus in den Laufhof und sich von den dort angebrachten Kuhbürsten verwöhnen lassen. „Draußen hängen die einzigen beiden Bürsten. Dadurch bleibt auch der Schmutz draußen“, erklärt Gusti Spötzl. Der Laufhof dient gleichzeitig auch als Vorwartehof für den Melkstand. Um die Kühe automatisch nachzutreiben, hat der Landwirt ein klappbares Abtrenngitter auf den Laufgangschieber gebaut. Wenn es sich auf Höhe der Kuhbürste befindet, klappt ein Mechanismus das Tor automatisch ein und anschließend wieder aus.

Raffinierter Melkstand

Morgens um 5:30 Uhr und nachmittags um 16:30 Uhr geht es für die zurzeit 86 melkenden Kühe in den Swing-Over-Melkstand von Lemmer Fullwood. Das Standgerüst ist für 20 Tiere auf jeder Seite ausgelegt. Aktuell sind aber nur je 16 Melkplätze mit der entsprechenden Technik ausgestattet.

„In der Regel melkt Franziska, manchmal auch meine Mutter oder ich. Inklusive Vor- und Nachbereitung dauert das 1,5 Stunden. Da wir alle unterschiedlich groß sind, haben wir einen hydraulischen Hubboden eingebaut. So kann jeder auf der passenden Höhe arbeiten“, sagt Spötzl. In wenigen Minuten lässt sich der Boden auf die passende Arbeitshöhe hoch- oder runterfahren.

Damit die Melker freie Bahn haben, sind die Spülaufnahmen der Melkzeuge klappbar und platzsparend verstaut. Die Verbindung vom Melkzeug in die Milchleitung hat der Landwirt mit 45°- anstatt 80°-Bögen gestaltet. So fließt die Milch schneller ab. Die Vakuumleistung liegt bei 42 kPa. Laut Spötzl haben die Kühe keine Probleme mit Hyperkeratosen und lassen sich gut ausmelken.

Die Standfläche der Kühe ist mit 3 m breiter als üblich. Die Erfahrung des Betriebsleiters zeigen, dass die Kühe den Melkstand dadurch schneller verlassen, weil sie nicht zwingend hintereinander herlaufen müssen. Der Rücktreibegang führt zudem über eine kleine Brücke, die den Weg über den Melkereingang verbindet.

Gusti Spötzl hat lange über die Entscheidung zwischen Melkroboter und konventionellem Melkstand nachgedacht. Die festen, planbaren Stallzeiten waren für den Landwirt ein wesentliches Argument für den Melkstand. „Ein Roboter würde sich auch nachts melden und ich müsste immer laufen. Letztendlich hat jedes System Vor- und Nachteile. Aber ich bin froh, einen Melkstand gebaut zu haben.“

Abseits der Herde

Nach dem Melken lassen sich einzelne Kühe bei Bedarf direkt in einen separaten Stallbereich selektieren. Hier ist Platz für insgesamt zehn Kühe. Spötzl hat sich dazu entschieden, den Liegebereich in sieben Tiefstreu- und drei Hochboxen mit Gummimatten und starren Bügeln einzuteilen. Der Bereich mit den Hochboxen lässt sich dann für maximal drei brünstige Kühe nochmal abtrennen. Zusätzlich gibt es noch einen Strohbereich mit weiteren Kuhplätzen. „Meistens sind fünf bis acht Kühe im Selektionsbereich. Vorrangig Frischmelker, manchmal auch lahme oder kranke Tiere“, so der Landwirt.

In den ersten zehn Tagen nach der Kalbung kontrolliert er täglich Temperatur und Ketosestatus der Tiere. „Hier habe ich alle Kühe gesammelt, kurze Wege zum Stallbüro und eine einfache Handhabung.“ Auch der Klauenpflegestand steht dort jederzeit einsatzbereit.

Feinheiten beim Stallbau

Um Probleme mit den Klauen zu vermeiden, hat sich Spötzl für eine 1,60 m breite Standfläche am Futtertisch entschieden. Dort können die Kühe fressen, ohne vom Laufgangschieber gestört zu werden. Die Standfläche ist zudem mit einer Gummimatte beschichtet. „Die Kühe stehen hier vier bis fünf Stunden am Tag. Dank der Gummiauflage stehen sie weich. Wenn Kot drauf liegt, nehmen wir diesen während der Melkzeiten weg“, sagt er. Bei jedem zweiten Fressplatz sind zudem kleine Bügel verbaut. Sie sollen dominante Kühe davon abhalten, andere Tiere aus dem Fressgitter zu vertreiben und sorgen für mehr Ruhe am Futtertisch. Ein Roboter schiebt das Futter frisch ran.

Der Futtertisch selbst besteht aus 1,10 m langen L-Steinen. Sie haben eine glatte Oberfläche und halten länger als eine Beschichtung. Der restliche Bereich besteht aus herkömmlichem Beton. Am Ende steht zudem eine verlängerte Betonwand um Futterreste mit wenig Handarbeit per Frontlader entnehmen zu können. Spötzl hat auf der gegenüberliegenden Seite die identischen L-Steine eingebaut, falls er den Stall in ein paar Jahren erweitert.

Flexibel für die Zukunft

Auch mit der Bauart des Stalls will sich der Landwirt weitere Optionen offen halten. „Wer weiß, was mit der Landwirtschaft noch passiert. Dann können wir die freitragende Leimbinderhalle immerhin umnutzen“. Das Dach ist mit Ziegeln eingedeckt. Nicht nur wegen der besseren Haltbarkeit, sondern auch, weil es Spötzl besser gefällt. „Das war nicht viel teurer als Sandwichplatten, macht nur mehr Arbeit beim Decken.“

Der Rinderhalter hat sich gegen einen Lichtfirst oder einzelne Lichtplatten entschieden. Denn dann hätte eine der beiden Liegeboxenreihen nachmittags die volle Sonne abbekommen. „Hitzestress ist schlimmer als ein zu dunkler Stall. Im Nachhinein hätten wir aber Lichtplatten auf der unteren Dachseite einbauen sollen, um etwas mehr Tageslicht einzubringen“, sagt er.

Falls es doch zu warm für die Tiere wird, sorgt eine Schlauchlüftung über den Liegeboxen für die nötige Kühlung. Sie lässt sich manuell aktivieren und schaltet sich temperaturgesteuert ab 18°C ein. Jeder Liegeplatz ist mit zwei Belüftungshülsen ausgestattet. Dadurch haben die Kühe immer frische Luft, verbrauchte Luft wird nicht aufgewirbelt und das Futter trocknet nicht aus.

Alter Stall bleibt erhalten

Auch im Altbau hat der Landwirt in mehr Tierwohl investiert. Die Trockensteher bleiben weiterhin dort. Eine Schlauchlüftung sorgt auch hier für Frischluft. Die 18 alten Hochtiefboxen haben nun flexible Bügel. Für Abkalber und Frischmelker gibt es je einen Strohbereich. Im alten Auto-Tandem-Melkstand mit fünf Plätzen melkt Spötzl die frisch abgekalbten Kühe für die ersten ein bis zwei Melkzeiten. Danach fährt er sie mit dem Viehwagen in den neuen Stall, der deutlich tiefer liegt.

Weidegang haben die Kühe nicht. „Der Aufwand ist mir zu hoch und wir haben umliegend nur Acker. Sollten wir mehr Geld für die Milch bekommen, müssten wir nur Acker zu Weide machen und los gehts.“

Mit seinem Gesamtkonzept ist Spötzl sehr zufrieden und würde den Stall auch ein zweites Mal so bauen. Inklusive Technik, Güllelagerraum, Separator und Viehwagen hat er 1,4 Mio. € in die Hand genommen. Das entspricht 14.000 € je Kuhplatz. Die Bank hatte mit der Investition kein Problem. Denn die Sicherheit für den Kredit deckt eine Grundschuld für die 20 ha Eigenland ab.

„Bei uns in der Region haben wir mit 150.000 bis 200.000 € hohe Grundstückspreise, also viel Sicherheit je Hektar. Denn etwa die Hälfte lässt sich als Sicherheit für ein Darlehen anrechnen“, sagt Spötzl. Dem Landwirt ist es die Investition wert gewesen: „Für mich und meine Familie ist die tägliche Arbeit deutlich leichter und effizienter geworden. Und das, obwohl wir jetzt mehr Tiere halten. Und für die Kühe konnten wir ein deutliches Plus an Tierwohl umsetzen. Ich hoffe, dass wir damit auch für die Zukunft gut aufgestellt sind.“

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