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NRW: Zoff um Schulmilch

In NRW hat der Schulmilch-Report von foodwatch eine heftige Debatte entfacht: Die Nicht-Regierungsorganisation wirft „"Lobby-Sumpf"“ und „"Absatzförderung zulasten der Kindergesundheit“ vor". Die Landesvereinigung Milch NRW und Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser widersprechen deutlich.

Lesezeit: 5 Minuten

In Nordrhein-Westfalen hat der Schulmilch-Report von foodwatch eine heftige Debatte entfacht: Die Nicht-Regierungsorganisation wirft "„Lobby-Sumpf"“ und „"Absatzförderung zulasten der Kindergesundheit“ vor". Die Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW und Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser widersprechen deutlich.



Die Anschuldigungen sind forsch: In ihrem heute vorgestellten Report "Im Kakao-Sumpf: Von gekauften Studien bis zur wundersamen Partnerschaft von Milchwirtschaft und Politik" prangert foodwatch jahrzehntelange Verflechtungen zwischen Milchwirtschaft, Wissenschaftlern und Politik an. Am Beispiel Nordrhein-Westfalen stellt die Verbraucherorganisation dar, wie das Schulmilchprogramm fast ausschließlich den Milchabsatz fördere.



"Bei der Schulkakaoförderung geht es zu allerletzt um die Gesundheit der Kinder ­- es ist ein durch und durch lobbyverseuchtes Absatzförderungsprogramm für die Milchwirtschaft. Weil sich Milch fast nur als Kakao an den Schulen verkaufen lässt, wird die Extraportion Zucker eben billigend in Kauf genommen", kritisiert foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.


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"Unsere Recherchen zeigen eine kaum vorstellbare Verflechtung zwischen Auftragsforschern, Milchwirtschaft und Politik - über Jahrzehnte und Parteigrenzen hinweg. Bei vielen Lobbyisten würden die Sektkorken knallen, wenn sie auch nur ein bisschen Werbung in den Schulen machen dürften - die Milchwirtschaft in NRW bekommt nicht nur den offiziellen Auftrag der Landesregierung, sondern auch noch Steuergelder, um Werbung für ihre Produkte direkt im Unterricht zu machen."


Für foodwatch ist es inakzeptabel, dass das Land NRW ausgerechnet diejenigen Wissenschaftler mit der Ernährungsbildung in Schulen und der Gesundheitsaufklärung beauftrage, die mit dubiosen Studien versuchen würden, gezuckerte Produkte gesund zu waschen. Die Verbraucherorganisation fordert die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser auf, die steuerliche Förderung von gezuckerten Schulmilchgetränken unmittelbar zu stoppen und die Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung der Milchwirtschaft bei Schulprogrammen zu beenden.



„foodwatch-Kampagne blendet Realität aus“




Die Milchwirtschaft NRW weist die Vorwürfe deutlich zurück. Mit Blick auf eine ausgewogene, ganzheitlich ausgerichtete Ernährung von Kindern seien die Forderungen von foodwatch unverantwortlich. Selbst in der von Ministerin Ursula Heinen-Esser einberufenen Expertenrunde zur Schulmilch in NRW Mitte September hätten auch kritische Wissenschaftler das NRW-Schulmilchprogramm begrüßt.


foodwatch habe sich im Gespräch allen fachlichen Argumenten verschlossen und konstruktive sowie realistische Vorschläge aus Prinzip nicht angenommen. Somit handele es sich bei den Aktivitäten von foodwatch um eine reine Kampagne, die die Realität der Kinder im Schulalltag ausblende. Ein Großteil der Kinder erscheine mittlerweile ohne Frühstück zum Unterricht und habe auch keine vollwertige Pausenmahlzeit dabei.


Schulmilch, Kakao, Obst und Gemüse – angeboten durch das EU-Schulprogramm – würde den Kindern Nährstoffe und Vitamine liefern, die sonst gänzlich fehlen. Ein Verbot von Kakao führe dazu, dass noch mehr Softdrinks den Schulhof erobern würden, die den Zuckergehalt vom Kakao erheblich übersteigen. Es führe leider nicht dazu, dass sich die Kinder alternativ der Milch pur zuwenden, deren empfohlene Verzehrmenge und das darin enthaltene Calcium sie heute schon nicht erreichen würden. Verlierer der Forderungen seien somit die Kinder.



Die Landesvereinigung setzt sich nach eigenen Angaben als seit Jahrzehnten anerkannter Runder Tisch der Milchwirtschaft für eine gesunde Ernährung an Schulen ein. Die Vorstände des Verbandes würden satzungsgemäß, demokratisch und frei gewählt und seien somit weder durch die Wirtschaft noch durch die Landesregierung bestimmt. Die LV Milch NRW habe dazu beigetragen, dass der Zuckergehalt im Schulkakao in NRW mit knapp 4 % den vorgegebenen Wert der EU (7 %) deutlich unterschreite



„Überstürzter Kakao-Ausstieg nicht sinnvoll“

 

Auch NRW-Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser sieht in dem EU-Schulprogramm ein wichtiges Instrument, die gesunde Ernährung von Kindern zu fördern. Zur weiteren Zukunft des Schulkakao im Rahmen des Schulmilchprogramms hatte sie nach eigenen Angaben wiederholt betont, Fakten zu sammeln, diese ergebnisoffen zu erörtern und auf dieser Basis entscheiden zu wollen.


Unter anderem hatte das Ministerium Mitte September zum Fachdialog „Fakten zur Schulmilch“ eingeladen. „Es gibt derzeit einen sehr fruchtbaren und offenen Austausch, bei dem es nicht um eine Abstimmung für oder gegen Kakao geht, sondern generell um die Rahmenbedingungen einer gesunden Schulverpflegung.


Einigkeit besteht, dass jedes Kind ein gesundes Frühstück erhalten sollte. Dazu gehört neben einer guten Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Vitaminen und anderen wichtigen Nährstoffen auch die Zufuhr von Calcium, das insbesondere in Milch und Milchprodukten enthalten ist. Priorität hat für mich hierbei die Trinkmilch“, so die Ministerin. In die weitere Bewertung werde auch das Ergebnis einer Elternbefragung einfließen, die derzeit konzipiert wird.


Nach Einschätzung von Experten der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) sei eine gute Calciumversorgung ohne den Verzehr von Milchprodukten nur schwer zu erreichen. „Die Sensibilität ist da. Einen überstürzten Ausstieg aus der Kakao-Förderung während eines laufenden Programms halte ich für nicht sinnvoll“, so Heinen-Esser. Entscheidend sei eine insgesamt ausgewogene Ernährung.



Das Schulmilchprogramm sei dabei nur ein Baustein im gesamten EU-Schulprogramm. Ziel des Verbraucherschutzministeriums ist eine Verbesserung der Schulverpflegung vom Frühstücksangebot über den Pausensnack bis hin zum Mittagessen. Dies beginne zuvorderst zu Hause.

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