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Per Taxi durch den Melkstand

Die Milcherzeuger Rosi und Josef Scharpf waren 2014 die ersten Landwirte, die im Melkstand keinen Schritt machen mussten. Fahren sie immer noch in einem Melktaxi von Kuh zu Kuh?

Lesezeit: 4 Minuten

Vor sechs Jahren fuhr Rosi Scharpf aus Türkheim (Bayern) beim Besuch von top agrar mit einem Melktaxi durch ihren Melkstand. Das ist ein Sessel, der das Melken im Sitzen ermöglicht. Über ein Bedienterminal an der Sessellehne steuerte sich die Landwirtin mit einem Klick von Kuh zu Kuh. Der Sessel parkte direkt am Euter und Scharpf konnte ohne aufzustehen alle Arbeiten an der Kuh erledigen (Hier finden Sie den Beitrag aus dem Jahr 2014).

Die Firma Siliconform präsentierte das Melktaxi 2010 erstmals auf der EuroTier. Erfinder und Firmenmitinhaber Jacob Maier kommt ebenso aus dem Unterallgäu und konnte die experimentierfreudigen Scharpfs 2014 überzeugen, einen Prototypen einzubauen. Der Milchviehbetrieb baute damals zeitgleich einen neuen Stall für 75Kühe mit neuem Melkzentrum und einem 2x5 Auto-Tandem-Melkstand. Zusätzlich zu dem Sessel installierten sie einen Reinigungsroboter für den Melkstand und neue Melktechnik, beides ebenfalls Prototypen vonSiliconform.

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Fehlende Flexibilität

Die anfängliche Euphorie über das Melktaxi wich nach einiger Zeit jedoch der Ernüchterung.

So schätzten Scharpfs zwar die angenehme Sitzposition und die geringere körperliche Belastung. Allerdings fehlte ihnen mit dem Melktaxi Flexibilität.

Anstatt mal eben einen Schritt zur nächsten Kuh zu machen, musste ich immer erst den Sessel bedienen“ - Rosi Scharpf.

Das war beispielsweise unpraktisch, wenn eine Kuh ihr Melkzeug abtrat oder ihren Platz nicht freiwillig verlassen wollte. Auch beim Melken von Kannenkühen wählte Rosi Scharpf immer öfter die klassische Variante zu Fuß. Denn so konnte sie dieMilch direkt entsorgen. Da sowohl die Landwirtin als auch ihr Ehemann Josef körperlich fit sind, überwogen auf Dauer die Nachteile der Technik.

Neben der Praxisanwendung kam hinzu, dass ein Prototyp naturgemäß noch nicht ausgereift ist. „Es waren immer wieder Kleinigkeiten zu justieren, das wurde uns zu aufwendig“, sagtJosef Scharpf. Nach insgesamt zwei Jahren bauten sie den Sessel aus. Der Hersteller übernahm dabei, wie zuvor verabredet, alle Arbeiten und legte auch den Fußboden im Melkstand höher.

Automatisch Sauber

Als deutliche Arbeitserleichterung empfand der Betrieb allerdings das automatische Reinigungssystem. Dieses ist an das Melktaxi montiert. Nach der Melkzeit fuhr das Taxi durch den Melkstand und zwei Hochdrucklanzen übernahmen die Reinigung. „So einen Reinigungsroboter würde ich direkt wieder einbauen“, sagt Josef Scharpf. Der Roboter ersetzte zwar nicht eine Grundreinigung mit Reinigungsmittel, jedoch zumindest das tägliche Spülen. „Nach dem Melken den Melkstand direkt verlassen zu können, war eine richtige Zeitersparnis“, ergänzt Scharpf.

Melken ohne Sammelstück

Weiter in Betrieb ist das Melkzeug von Siliconform. Der sogenannte Multilactor hat kein Sammelstück und übernimmt alle Arbeitsschritte bis auf das Euterreinigen, Ansetzen und Dippen.Die einzelnen, voneinander unabhängigen Melkbecher entnimmt Rosi Scharpf nacheinander aus einer Kassette. Sie ist überzeugt von dem einhändigen Ansetzen, welches beispielsweise die Schultern der Melker schont.

Das Melkzeug gebe ich nicht wieder her“ - Rosi Scharpf

Nach Einbau des Melkzeugs sind die Zellzahlen auf unter 160.000 gesunken. Grund dafür ist laut der Landwirtin auch die Zwischendesinfektion: Nach jeder Kuh spült der Multilactor die Melkbecher mit einer Desinfektionslösung und Wasser. Einen schnelleren Verschleiß der Zitzengummis konnte der Betrieb dadurch bisher nicht feststellen. Sie wechseln diese nach circa 6.000Melkungen.

Die beim ersten top agrar-Besuch angekündigte automatische Dippvorrichtung ist mittlerweile an einem Melkplatz als Testversion installiert. Sie ist aber hinsichtlich Treffgenauigkeit und Benetzung noch ausbaufähig, so das Urteil der Milchviehhalterin.

Das Testprojekt gemacht zu haben bereut die Familie nicht. „Wir sind für so etwas offen und die Firma hat uns auch im Abbau unterstützt“, sagt die Landwirtin. Und auch, dass die Melkgrube durch den höheren Platzbedarf des Taxis breiter als normal ist, sieht sie positiv. Denn regelmäßig besuchen Schulklassen den Betrieb und so können viele Kinder problemlos im Melkstand Platz finden und mitarbeiten.

Das sagt der Hersteller

Aus Sicherheitsgründen durften wir das Melktaxi nur relativ langsam betreiben. Leichtere Robotergenerationen der letzen Jahre werden zukünftig ein schnelleres Fahrtempo ermöglichen. Der technologische Fortschritt und die wertvollen Erfahrungen der Scharpfs werden uns bei der Weiterentwicklung sehr hilfreich sein.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in der top agrar 7/2020.

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