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Separierte Rindergülle: Gewinn durch Kooperation

Durch die Separation von Rindergülle entstehen Rohstoffe für die Biogasanlage und Flüssigdünger für das Grünland. top agrar stellet erfolgreiche Beispiele vor.

Lesezeit: 8 Minuten

Heute ist ein sonniger Tag. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Milchviehstalls von Michael Rösel produziert mit ihren 30 kW Leistung reichlich Strom für den Betrieb. „Zeit, den Separator einzuschalten“, sagt der Milchviehhalter aus Obermainshof bei Neukirchen in Bayern. Der Pressschneckenseparator ist in ca. 2 m Höhe auf einer Betonwand installiert. Etwa zweimal in der Woche trennt er damit die Gülle seiner 140 Kühe in eine flüssige und eine feste Phase. Nur im Winter bei Frost arbeitet die Maschine nicht. Die Flüssigphase pumpt er in einen danebenstehenden Güllebehälter, die Festphase fällt auf die darunterliegende Mistplatte. „Ich muss im Jahr rund 1 000 m3 Gülle abgeben, da ich nicht genügend Fläche habe, um die Nährstoffe unterzubringen“, erklärt er.

Früher hat er diese Güllemenge direkt abgegeben und den Rest auf den eigenen Acker- und Grünlandflächen ausgebracht. Doch gerade in trockenen Jahren wie 2018 macht die dickflüssige Rindergülle auf dem Grünland Probleme: Die Fasern trocknen an, bevor die Pflanzen sie verwerten können und wachsen mit dem Gras nach oben. Das hat sich mit dem Separieren komplett geändert. „Die Flüssigphase lässt sich im Getreide und auf Grünland wesentlich besser einsetzen, die Düngewirkung sieht man schon nach wenigen Tagen“, hat er festgestellt.

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Feststoffe für Biogasanlage

Die Separation bringt ihm noch einen zweiten Vorteil: Seit November 2018 kooperiert er mit dem Biogasanlagenbetreiber Leonhard Rösel aus Neukirchen, dessen Betrieb 4 km entfernt liegt. Dieser holt rund einmal in der Woche die Feststoffe eigenständig ab und vergärt sie in der Biogasanlage. „Ich bin mit dem Betrieb genug ausgelastet, daher bin ich froh, dass ich mich um die Feststoffe nicht weiter kümmern muss“, sagt der Milchviehhalter.

Die Biogasanlage von Rösel hat 210 kW Leistung. Er setzt zu 40 % Kleegras und Grasschnitt vom Dauergrünland ein, das er von ehemaligen Milchviehhaltern oder ehemaligen Landwirten geliefert bekommt, die sonst keine Verwertung für das Gras haben. „Im letzten Jahr hatten wir noch sehr viel Gras im Silo und konnten Rinderhaltern damit aushelfen, die wegen der Trockenheit nicht ausreichend Futter hatten. Da haben wir angefangen, Gras gegen abseparierte Güllefeststoffe zu tauschen“, berichtet er. Das Material ist für ihn so wertvoll, dass er dem Milchviehhalter Rösel im Ausgleich dafür Kleegras als Futter für die Kühe liefert.

Der Feststoff dient auch dazu, teure Maissilage zu ersetzen. 2 bis 2,5 t der Dickphase haben die gleiche Gasausbeute wie 1 t Maissilage – wenn die Gülle frisch ist. Die Feststoffe sollten maximal eine Woche alt sein. Auch sollte die Gülle frisch aus dem Stall kommen und nicht monatelang gelagert haben“, sagt er. Denn dann haben sich die wichtigen Inhaltsstoffe schon verflüchtigt und die Gasausbeute sinkt.

Vorteile für die Biogasanlage

Für ihn hat die Direktlieferung noch einen Vorteil: Wenn er mehrmals pro Woche die Feststoffe abholt, braucht er selbst keinen großen Lagerplatz mit Abdeckung usw.

Die Biogasanlage kann die Güllefeststoffe besser einsetzen als z. B. strohreichen Mist. „Denn alles, was durch den Separator gegangen ist, lässt sich mit der Einbringtechnik für Maissilage verarbeiten“, hat er festgestellt. Zudem gibt es in dem Material keine Fremdstoffe wie Steine oder Pressgarn, die Pumpen und Rührwerke schädigen würden – ein wichtiges Argument für ihn, da er die Biogasanlage nur im Nebenerwerb betreibt. Hauptberuflich ist er als Energieberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Neumarkt tätig.

Die gute Erfahrung mit dem Material hat ihn dazu bewogen, noch weitere Milchviehhalter anzusprechen. „Viele sind erst skeptisch, weil sie sich damit nicht beschäftigt haben. Aber neben der guten Düngewirkung der Flüssigphase ist das wichtigste Argument für Betriebe mit geringer Flächenausstattung, dass sie von mir einen Lieferschein über die abgegebenen Nährstoffmengen erhalten“, sagt Rösel. Hierzu lässt er die Güllefeststoffe etwa alle zwei Monate im Labor untersuchen.

Export von Stickstoff

Die Nährstoffabgabe steht auch im Fokus von Bernhard Beier aus Südlohn in Nordrhein-Westfalen. Der Landwirt aus dem viehstarken Landkreis Borken hält 200 Kühe. Seit Juni 2018 besitzt er einen eigenen Separator. Dieser hat ca. 35.000 € gekostet. Einschließlich Filtratpumpe, Rohrleitungen und Montage hat Beier 45.000 € ausgegeben.

Früher musste Beier 40 % seiner 7.500 m3 Rohgülle an Güllebörsen oder andere Dienstleister abgeben, was Kosten von rund 45.000 € im Jahr verursacht hat. Denn er kann wegen des Stickstoffgehaltes nur rund 60 % der Gülle auf den eigenen Flächen unterbringen.

Jetzt zahlt er für die Abgabe der separierten Feststoffe ca. 9.500 € jährlich. „Von der Differenz finanziere ich den Separator, der sich in weniger als zwei Jahren amortisiert hat“, sagt er.

Der Separator erzeugt in der Stunde etwa 2,5 bis 3 t Feststoffe. Etwa einmal pro Woche holt die ODAS GmbH einen Anhänger der Feststoffe ab, die der Dienstleister in seiner Biogasanlage in Dorsten verwertet. Die Anlage betreibt ODAS zusammen mit der Agravis AG.

Wie aktuelle Laboruntersuchungen zeigen, enthält Beiers Rohgülle 4,3 kg N pro t, in dem abgepressten Feststoff sind dagegen 5,7 kg N. Mit der Abgabe der Feststoffe kann er im Jahr bis zu 11 t Stickstoff exportieren. „Gleichzeitig haben wir in der Dünnphase viel Ammonium-Stickstoff, den wir sehr gut als Dünger auf dem Grünland einsetzen können“, sagt er. Außerdem setzt er die Dünnphase ein, um damit den Güllekanal zu spülen. Denn die Gülle aus dem Stall mit planbefestigtem Boden und Faltschieberentmistung hat einen TS-Gehalt von 8 bis 10 %. Immer wieder ist es in der Vergangenheit zu Verstopfungen im Kanal oder Problemen mit der Güllepumpe gekommen.

ODAS nimmt die Feststoffe ab, die einen TS-Gehalt von über 20 % haben sollten. Bei flüssigerem Material bildet sich Sickersaft und der Wassergehalt ist zu hoch, was sich negativ auf die Transportkosten und die Gasausbeute auswirkt. „Je dicker die Rohgülle ist, desto höher ist auch der Abscheidegrad im Separator“, betont Andreas Wissing, Leiter Dünger bei ODAS.

Bei einer Konsistenz wie im Betrieb Beier lässt sich die Güllemenge durch die Separation um ca. 25 % reduzieren, hat Wissing festgestellt. „Der Betrieb gibt damit nicht nur Nährstoffe ab, er spart auch bis zu einem Viertel an Lagerraum ein“, nennt er die Vorteile. Wichtige Voraussetzung für Betriebe in Überschussregionen: Sie müssen Flächen zur Verwertung der Dünnphase haben. „Wer in der Nährstoffbilanz beim Stickstoff allerdings schon am Anschlag ist, muss die Gülle dagegen komplett abgeben, da würde die Separation nur unnötig Kosten verursachen“, sagt Wissing.

Mist von Rinderbetrieben

Doch auch dabei sind Kooperationen möglich, zeigt das Beispiel von Biogasanlagenbetreiber Daniel Hemker-Thiemann aus Ahaus (Landkreis Borken). Er nimmt dreimal pro Woche Gülle und Mist von sechs Rinder haltenden Betrieben (Bullenmäster, Milchvieh- und Mutterkuhhalter) an und vergärt den Wirtschaftsdünger in der Biogasanlage.

Die größte Menge der Biomasse holt Hemker-Thiemann mit eigenen Fahrzeugen selbst ab, damit die Rinderhalter möglichst wenig Arbeit haben. Auf Wunsch nehmen die Rinderhalter Flüssigdünger zurück. Hemker-Thiemann separiert nach der Vergärung den gesamten Gärrest. Die feste Phase setzt er zum Teil auf seinen Ackerflächen als Dünger ein, transportiert es aber mit eigenen Lkw auch an zwei Ackerbaubetriebe in der Köln-Aachener Bucht. Da er dadurch Kosten hat, zahlen die Rinderhalter an Hemker-Thiemann einen Entsorgungserlös für die Abnahme. Je nach Jahreszeit und Transportentfernung sind 12 bis 15 €/m3 Gülle üblich. Auch für den Mist, den der Biogaserzeuger vor der Vergärung noch zerkleinern muss, bezahlen die Betriebe.

Überbetriebliche Separation

Eine dritte Variante der Kooperation ist die überbetriebliche Abtrennung der Feststoffe. Ein Dienstleister mit Separatoren, die auf einem Pkw- oder Lkw-Anhänger montiert sind, übernimmt die Separation auf dem Milchviehbetrieb.

So lässt beispielsweise Milchviehhalter Roland Schmid aus Matzenhof (Landkreis Amberg/Sulzbach, Bayern) die Gülle seiner 60 Kühe behandeln. Der Dienstleister „Land- und Forstservice Götz“ kommt einmal pro Monat. Die Separatoren haben einen Durchsatz von 40 m3 pro Stunde. Bei einem Stundenpreis von 50 € zahlt Schmid dafür also ca. 2 €/m3 Rohgülle.

Der mobile Separator hat einen eigenen dieselbetriebenen Stromgenerator. „Wir haben aber jetzt eine Solaranlage zum Eigenverbrauch. Daher will ich künftig den Strom zum Antrieb des Separators nutzen, um Kosten zu sparen“, sagt Schmid. Denn der Generator benötigt in der Stunde 3 bis 4 Liter Diesel.

Die Dünnphase wird in den Güllelagerbehälter zurückgepumpt, die Feststoffe gelangen per Förderband auf einen Kipper, den Biogasanlagenbetreiber Leonhard Rösel abholt. Als Gegenleistung erhält Schmid Stroh von Rösel, mit dem er seine Liegeboxen einstreut.

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