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Fruchtbarkeit optimieren: Welchen Einfluss haben Zysten?

Der Einfluss von Zysten auf die Fruchtbarkeit wird in der Praxis oft hoch eingeschätzt. Doch was ist wirklich dran und was ist zu tun, wenn die Fruchtbarkeit Probleme macht?

Lesezeit: 5 Minuten

Die Kuh ist nicht tragend, hat aber eine Zyste“, ist ein klassischer Satz bei der Trächtigkeitsuntersuchung. Auch bei der Pueperalkontrolle heißt es oft: „Die Eierstöcke sind ok, aber hier ist eine Zyste“, wenn ein Tier sich nicht in Brunst zeigt. Milchkuhhalter schließen daher häufig darauf, dass Zysten einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben, so der Eindruck von Dr. Joachim Lübbo Kleen, Fachtierarzt für Rinder aus Niedersachsen und Berater bei Alta-Genetics.  „Doch nur weil eine Zyste da ist, heißt das nicht, dass sie auch Ursache für Fruchtbarkeitsprobleme ist“, sagt er.

Schnell gelesen

  • Zysten sind nicht zwangsläufig die Ursache für Fruchtbarkeitsprobleme.

  • Regelmäßige Kontrollen per Ultraschall sind wichtig, um Probleme frühzeitig zu erkennen und angehen zu können.

  • Im Herdenmanagement liegen die größten Hebel für eine bessere Fruchtbarkeit.

Mehr als nur ein Faktor

„In der Regel schauen Rinderhalter bei einer normalen Besamung nicht darauf, ob die Kuh eine Zyste hat oder nicht, weil sie die Eierstöcke nicht auf Besonderheiten kontrollieren lassen“, spricht der Tierarzt aus Erfahrung. Weiß ein Landwirt, dass eine Zyste vorhanden ist, veranlasst ihn das Wissen darum, das Tier später zu besamen. Dadurch werden sie später tragend und die unfreiwillige Wartezeit länger. 

Eine Studie, wie sich die Konzeptionsrate bei Kühen mit Zyste verändert, gibt es laut Kleen nicht. In der Praxis werden Zysten oft mit stillbrünstigen Tieren in Verbindung gebracht. Doch dafür gebe es laut des Tierarztes viele Faktoren. Das weiß auch Lukas Dieterich, Fachtierarzt für Reproduktionsmedizin beim Tiergesundheitsdienst in Bayern. Im Wesentlichen nennt er drei Punkte für stille Brunsten:

  • Eine negative Energiebilanz während der Frischlaktation: Durch ein Energiedefizit über einen langen Zeitraum und verschleppte subklinische Ketosen ist der Stoffwechsel stark belastet.

  • Stress: Haben Tiere Stress während und nach der Geburt, treten Nachgeburtsverhalten, Festliegen oder Metritis auf und sind Ställe überbelegt, sinkt die Futteraufnahme. Das kann eine negative Energiebilanz verstärken. Zudem schütten Kühe das körpereigene Stresshormon Cortisol aus. 

  • Genetik: Manche Tiere oder ganze Linien haben eine schlechtere Fruchtbarkeit und sind anfälliger für Probleme. Hinzu kommt, dass Fruchtbarkeit und Milchleistung leicht negativ korrelieren. Das heißt, wenn die Milchleistung hoch ist, sinkt die Fruchtbarkeit und andersherum.

Regelmäßig kontrollieren

Um Fruchtbarkeitsprobleme frühzeitig zu erkennen, ist eine regelmäßige Kontrolle entscheidend. „Hat eine Kuh bis zum 60. Tag nach der Kalbung noch immer keine Brunst gezeigt, sollten Landwirte Eierstöcke und Gebärmutter untersuchen lassen“, erklärt Dr. Joachim Lübbo Kleen.

Die Ultraschalluntersuchung zieht Lukas Dieterich dabei der rektalen Kontrolle vor, da sie genauer ist. Er empfiehlt, damit ab dem 42. Tag zu beginnen: „Wenn der Zyklus entgleist, lässt sich das nur schwer umkehrbar machen und es dauert, bis die Kühe wieder ihren Rhythmus haben.“

Zysten abdrücken?

Abwarten, bis eine Zyste verschwindet oder sich das Fruchtbarkeitsproblem von selbst löst, ist die schlechteste Maßnahme. Ziel sei laut Kleen, das Tier möglichst schnell zu besamen. 

Vom Abdrücken einer Zyste rät er ausdrücklich ab. „Eierstöcke und Gebärmutter sind extrem wichtige und sensible Organe. Um Zysten zum Platzen zu bringen, ist viel Kraft nötig, zudem kann man nur fühlen und nicht sehen, was man tut“, sagt er und ergänzt: „Tierschutzrechtlich wäre es als bewusste Schädigung zu beurteilen. Das kann sogar unter das Amputationsverbot fallen.“

Wenn der Zyklus entgleist, lässt sich das nur schwer umkehren.“
Lukas Dieterich

Um den Zyklus wieder in Gang zu bringen, empfehlen die beiden Tierärzte, einen Impuls zu setzen: Beispielsweise mit einer einmaligen Gabe des GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon). Es bezweckt, dass der Körper LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) freisetzt. Dadurch bildet sich ein Follikel, der durch den LH-Peak nach etwa 24 bis 30 Stunden zur Ovulation kommt. Brunstsymptome zeigen die Tiere in der Regel nicht. „Rinderhalter müssen diese Kühe nach Zeitplan besamen und dürfen nicht auf mögliche Brunstanzeichen warten", klärt Dr. Joachim Lübbo Kleen auf. „Alternativ ließe sich ein Ov-Synch-Programm anwenden, um die Kühe terminiert zu besamen“, ergänzt er. Eine Progesteron-Spirale hat einen ähnlichen Effekt.

Zwei Arten von Zysten

Luteinzyste: Der LH-Peak kommt mit zu geringer Intensität oder zu spät. Das führt zwar zur Luteinisierung, aber nicht zur Ovulation. Luteinzysten sind kugelförmig mit meist großem Hohlraum und > 4 mm Wandstärke. Wegen der Progesteronproduktion können Tiere azyklisch sein. 

Follikel-Theka-Zyste: Eine Ovulation findet nicht statt und der mittlerweile infertile Follikel wächst weiter an. Die mit Flüssigkeit gefüllten Zysten sind über 2,5 cm groß, haben eine dünne Wand und fluktuieren.

Herdenmanagement anpassen

Damit es erst gar nicht zum Hormoneinsatz kommen muss, empfehlen die Tierärzte, sich auf Ursachensuche für eine unterdurchschnittliche Fruchtbarkeit zu begeben und bedeutsame Stellschrauben im Management zu drehen:

  • Eine längerfristige Lösung sieht Dr. Joachim Lübbo Kleen darin, Kühe in Gruppen mit sehr guter, durchschnittlicher und unterdurchschnittlicher Fruchtbarkeit einzuteilen – nicht getrennt voneinander im Stall, sondern als Management-Gruppe.

  • Brunstsensoren zeigen den optimalen Besamungszeitpunkt und unterstützen Rinderhalter, Auffälligkeiten wie ausbleibende Brunsten oder Umbuller zu erkennen. Sind die Daten dokumentiert, lässt sich nachvollziehen, ob ein Tier zyklisch oder azyklisch ist.

  • Die Zuchtstrategie muss passen. Nachwuchs von Kühen mit schlechter Fruchtbarkeit sollte nicht zur Remontierung dienen. Andernfalls sollten Rinderhalter einen Bullen für die Besamung auswählen, der hohe Werte in der Fruchtbarkeit vererbt.

  • Eine ausgewogene und energetisch angepasste Fütterung beugt einer negativen Energiebilanz vor. Bei Bedarf können Milchkuhhalter einzelnen Kühen zusätzlich Propylenglycol eingeben.

  • Ungehinderte Futter- und Wasseraufnahme und ausreichend Liegeplätze reduzieren Stress in der Herde.

  • Hygiene bei der Abkalbung ist wichtig, damit so wenig Keime wie möglich in den Reproduktionstrakt gelangen. Das senkt das Metritisrisiko.

  • Planmäßige Pueperalkontrollen per Ultraschall sind ein effektives Mittel, damit so wenig Kühe wie möglich durchrutschen.

Ratgeber

Der top agrar-Ratgeber „Rinderbesamung“ präsentiert das komplette Wissen rund um die Rinderbesamung auf dem aktuellen Stand.

Dieser praktische Helfer beinhaltet viele wertvolle Tipps für den Alltag von Milchviehhaltern, Eigenbestandsbesamern, Besamungstechnikern und Tierärzten und ist heute das Standardwerk in Besamungskursen.

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