Eigentlich hatte Brandenburg am 24. Juli 2020 entschieden, vorerst keine Lebendexporte von Rindern in Risikostaaten wie Aserbeidschan, Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan zu genehmigen. Die überlangen Fahrzeiten sowie fehlende Rast- und Ruheplätze auf der Strecke durch Russland würden gegen die Europäischen Tierschutzstandards verstoßen, hieß es.
Nach Recherchen des RBB soll es aber auch im August noch mindestens einen Transport gegeben haben. So wurden 33 Rinder aus dem Landkreis Havelland nach Pensa in Russland, südöstlich von Moskau gefahren, berichtet der Sender, dem die Papiere dazu vorliegen. Der Transport über insgesamt rund 2.500 km sieht lediglich in Polen – kurz vor der Grenze zu Belarus - einen Zwischenstopp für die Tiere vor. Für die verbleibenden 1.800 km ist in der Transportplanung kein Rastplatz erkennbar. Nach den gültigen EU-Tierschutzverordnungen dürfen lebende Rinder bei Transporten in Nicht-EU-Länder maximal 29 Stunden im geschlossenen LKW transportiert werden, einschließlich einer Versorgungspause von einer Stunde.
Der Sender vermutet, dass Brandenburg für Exporteure ein Schlupfloch zu sein scheint. Aus dem Transportdokument gehe hervor, dass die Tiere ursprünglich aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen stammen. In diesen Ländern werden derzeit keine Langstreckentransporte abgefertigt. Aus Brandenburg sei kein einziges Tier dabei gewesen.
Gericht zwingt Teltow-Fläming zur Abfertigung
Weiter meldet der RBB, dass das Verwaltungsgericht Potsdam den Landkreises Teltow-Fläming verpflichtet hat, einen Tiertransport in die Russische Föderation zu genehmigen. Per einstweiliger Anordnung musste der Kreis den Transport von 330 trächtigen Rindern in die Russische Föderation abstempeln. Die Fahrt startete am Dienstag.
Der Kreis hatte sich zunächst geweigert, weil Brandenburg derzeit wie erwähnt keine Rinder ausführen soll. Das Verwaltungsgericht Potsdam akzeptierte den Grund nicht und forderte eine gesetzlich vorgeschriebene Plausibilitätsprüfung. Das habe der Landkreis gemacht und vom Organisator des Tiertransports zusätzliche Nachweise zu einer russischen Versorgungsstation gefordert. Dazu habe nun aber das Verwaltungsgericht geurteilt, "zusätzliche (...) festgelegte Anforderungen für die Stempelung des Fahrtenbuchs" würden sich nicht aus dem Gesetz oder vorangegangenen Urteilen ergeben. Die zuständige Behörde dürfe nur eine "Wirklichkeitsnähe von Angaben" prüfen - sie gehe aber mit einer "Wahrheitsprüfung" zu weit.
"Mit dem Erlass aus einem Ministerium – dem MSGIV – zu neuen Prüfkriterien ist dem Thema Tiertransporte in Drittländer rechtlich nicht beizukommen", stellte Landrätin Kornelia Wehlan jetzt fest. "Notwendig sind gesetzliche Änderungen und einheitliche Tierschutzstandards. Es ist notwendig, dass das Land Brandenburg im Bundesrat die Initiative zu einer Änderung der Tierschutz-Transportverordnungen in Deutschland und der EU ergreift."