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Wie Flämingrind ihren Bullen-Typenstall umbaute und das Tierwohl steigerte

Ein Unterschied wie Tag und Nacht: Die Produktivgenossenschaft Flämingrind hat einen Teil ihrer Bullenställe umgebaut. Das Stallsystem ist der erste Schritt zum geschlossenen Kreislauf.

Lesezeit: 6 Minuten

Ihren Betriebsstandort in Kranepuhl (Brandenburg) nutzte die Produktivgenossenschaft Flämingrind vor der Wende als Bullenmastbetrieb für 4.000 männliche Holsteins aus den Milchviehherden der Umgebung. Mittlerweile gehören 160 melkende Kühe plus Nachzucht und 1.200 Bullen, vorwiegend Fleckvieh, zum Betrieb.

Während die Betriebsleiter beim Milchvieh längst in neue Haltungstechnik und Komfort investierten, standen die Bullenställe noch fast unverändert da – bis der Betrieb im letzten Jahr zwei von vier Ställen nach einem umfangreichen Umbau für je 220 Plätze neu bezog. „So wie es war, konnte es nicht mehr weitergehen“, sagt Hartmut Schulze, einer der Vorstandsvorsitzenden. „Wir wollten auch in der Rindermast neue Standards einführen.“

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Füttern per Förderband

Denn in den alten Stallsystemen, wo zurzeit noch rund 760 Bullen untergebracht sind, sieht es so aus: Die Bullen kommen als Fresser auf den Betrieb und stehen ab der Mittelmast in vier Reihen in Kleingruppen à fünf Tiere. In der Mitte trennt ein rund ein Meter breites Futterförderband die Abteile. Die äußeren Buchten werden jeweils über ein eigenes Band versorgt. „Die Futterbänder können wir im Vorraum mit dem Mischwagen befüllen“, erklärt Ludwig Sternberg, Leiter der Tierproduktion und Vorstandsmitglied bei Flämingrind. Das wars dann aber schon in puncto Arbeitskomfort in dem Stallsystem: Zur Tierbeobachtung bleibt wenig Platz an den Bändern.

Ein- und Ausstallen lässt sich immer nur an einer Stallseite, d. h. die festen Gruppen müssen regelmäßig in den Abteilen vorrücken. Und auch beim Tierkomfort halten die Ställe nicht mehr mit den zukünftigen Ansprüchen von Schulze und Sternberg mit: Für die Bullen stehen 3 m² pro Tier auf Vollspalten zur Verfügung. Die niedrigeren Decken der Typenstall-Bauweise sorgen für Dämmung gegen Hitze, aber das Luftvolumen ist dementsprechend geringer.

Mehr Luft, Licht und Platz

Zwei Bullenställe sind seit April und Oktober 2021 komplett saniert. Dafür ließen die Betriebsleiter alles außer die Güllekeller, den Vorraum und die Außenwände umkrempeln.

Statt der vier Reihen sind die neuen Ställe nun in zwei Buchtenreihen aufgeteilt. An einem zentralen Futtergang stehen links und rechts Bullen mit 3,5 bis 4,5 m² Platz/Tier in Gruppen mit bis zu zehn Kopf. An den Fensterseiten liegen die Treibgänge. Die Betriebsleiter stallen ausschließlich an der Stirnseite aus, sodass die festen Gruppen nach und nach in den Buchten im Stall nach hinten wandern. Die hinteren Buchten sind größer als die vorderen. Über ein Zapfentränkensystem nehmen die Bullen Wasser auf, das ein Heizsystem im Winter frostfrei hält. Ventilatoren sorgen im Sommer für Luftbewegung.

Die Böden sind komplett mit Gummimatten ausgelegt. Im Fressbereich sind manche Stallbereiche zudem planbefestigt. „Da wir die alten Güllekeller genutzt haben, waren nicht überall Spalten möglich. In den Bereichen ohne Spalten hätten wir besser etwas Gefälle einbauen sollen“, sagt Sternberg. Denn dort sammelt sich schnell Feuchtigkeit und die Bullen sind schmutziger.

Anstatt der Förderbänder versorgt nun ein automatisches Fütterungssystem von Wasserbauer die Tiere an den 3 m breiten Futtertischen. „Wir waren auf der Suche nach einer platzsparenden Lösung, die gleichzeitig den Arbeitskräfteeinsatz reduziert“, erklärt Ludwig Sternberg. Der Futterroboter wird im bereits vorhandenen Vorraum automatisch befüllt und versorgt die neuen Ställe mit zwei Rationen (Vor- und Endmast). Zudem übernimmt der Roboter das Anschieben – auch nachts.

„Die Tiere sind mit dem permanenten Futterangebot deutlich ruhiger“, berichten die Landwirte. Bei gleicher Ration und Herkunft erreicht die Produktivgenossenschaft in den neuen Ställen rund 200 g mehr Tageszunahmen/Tag als in den alten. „Das führe ich auf die stetige Futtervorlage und den Komfort zurück“ sagt Sternberg.

Tierwohlvorgaben unsicher

Während der Planung haben sich die Vorstandsmitglieder an den Vorgaben des Brandenburgischen Tierwohlplans orientiert. „Wir haben nach möglichst verbindlichen Richtlinien gesucht, an die wir uns halten können. Meines Wissens nach waren wir die ersten, die danach gebaut haben“, sagt Schulze. Und vielleicht auch die letzten.

Nach der Investition von rund 2.000 € pro Platz kann sich der Betrieb nach dem Umbau trotzdem nicht zurücklehnen: Borchert-Pläne, Initiative Tierwohl und Haltungsformkennzeichnung könnten dazu führen, dass weitere Investitionen nötig sind. Beispielsweise bei den Tränken oder dem Platzangebot. „Nun haben wir einen tollen Umbau und können uns nicht mal sicher sein, dass wir in zwei Jahren mit dem System noch marktfähig sind“, schildert Schulze. Planbarkeit und Sicherheit in der Bullenhaltung fehlen fast gänzlich.

Bald geschlossenes System?

Den Kopf in den Sand stecken will bei Flämingrind dennoch niemand. Ludwig Sternberg hat in seiner Masterarbeit ein neues Betriebskonzept durchgerechnet, was das Team angehen will: Milchproduktion und Mast im geschlossenen System. „Wir wollen die Milchviehhaltung auf 500 Tiere plus Nachzucht aufstocken und die männlichen Kälber selbst mästen“, sagt Sternberg.

Bis auf Deckbullen kommt dann kein Zukauftier mehr auf den Hof. Dafür sollen die alten Bullenställe für die Milchkühe und das Melkzentrum umgebaut und für die Mast nur noch die neuen Ställe verwendet werden. Zusätzlich zur weiblichen Nachzucht für die Remontierung will der Betrieb die Kühe dann ausschließlich mit Fleischrassesperma besamen. Dass sich das rechnen kann, hat die Masterarbeit gezeigt.

„Aktuell werden Fleckviehkälber aus Süddeutschland nach Niedersachsen geliefert, dort zu Fressern aufgezogen, die dann zu uns nach Brandenburg gefahren werden. Hier mästen wir sie, geschlachtet werden sie wiederum in Bayern“, erklärt Schulze den aktuellen Kreislauf. Mit der Einführung eines geschlossenen Systems wollen sie das durchsetzen, was viele Verbraucher fordern: Keine bzw. kurze Transportwege, eine hohe Tiergesundheit und Klimaschutz bei der Tierhaltung. „Dafür brauchen wir aber noch die Unterstützung der Behörden“, sagt er. Denn an der Genehmigung zum Aufstocken der Herde und den nötigen Umbauten arbeiten sie seit drei Jahren.

Eine besondere Vermarktungsschiene für die Bullen aus dem geschlossenen System haben sie noch nicht einkalkuliert. Aktuell liefert der Betrieb alle fünf Wochen rund 60 Tiere zu einem Durchschnittspreis an einen festen Schlachthof. „Der Durchschnittspreis führt dazu, dass wir die festen Gruppen auch ohne Abzüge komplett vermarkten können“, erklärt Schulze den Vorteil.

Flämingrind hat jüngst eine kleine Schlachtstätte mit EU-Zulassung in der Region übernommen. Inwieweit diese ausbaufähig und in das Regionalkonzept einbindbar ist, steht noch nicht fest. Sternberg fasst zusammen: „Wir machen uns nichts vor: Acht bis zehn Jahre dauert der Prozess hin zu einem geschlossenen System ohnehin noch“.

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