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Vier Höfe zeigen ihren Weg raus aus der Anbindehaltung von Kühen

Hohe Baukosten, beengte Dorflagen und knappe Flächen: Für viele Milchviehhalter ist der Weg aus der ganzjährigen Anbindehaltung schwer. Wir stellen vier Betriebe vor, die es geschafft haben.

Lesezeit: 5 Minuten

Eigentlich sah Johann Prieler aus Ebersberg seine Zukunft in der Milchviehhaltung. Seine Fleckviehherde erreichte im Anbindestall einen Stalldurchschnitt von mehr als 10.000 kg. Sein Plan: in einigen Jahren den Anbinde- zum Laufstall umbauen.

Doch weil seine Molkerei seit Kurzem die ganzjährige Anbindehaltung mit Preisabzügen bestraft, stellte er die Milcherzeugung ein und zieht jetzt im Nebenerwerb Jungrinder auf.

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Ein neuer Stall hätte sich für ihn trotz guter Produktionstechnik wegen der hohen Baukosten nicht gerechnet, zumal er auch noch teuer Flächen hätte zupachten müssen.

Mehr als 11.000 Betriebe

Wie Prieler stehen zurzeit in Süddeutschland rund 11.000 bis 12.000 Milchviehhalter mit ganzjähriger Anbindehaltung vor der Entscheidung, wie es weitergeht. Durch die Ankündigung des Handels, Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung künftig nicht mehr zu listen, erfassen einige bayerische Molkereien diese Milch bereits separat und belegen sie mit Preisabschlägen.

Zudem plant die Bundesregierung, diese Haltungsform zu verbieten. Auch ein aktuelles Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Münster kommt zum Schluss, dass Anbindehaltung nur noch tolerierbar sei, wenn den Rindern zeitweise Bewegung ermöglicht werde.

Einstieg in die Kombihaltung

Doch der Umstieg auf anerkannte Haltungsformen mit Bewegung ist in vielen Fällen nicht oder nur sehr schwer umsetzbar. Für Betriebe mit ausreichend Fläche auf dem Hof oder direkt angrenzenden Grünlandflächen kann die Kombinationshaltung eine Lösung sein, um die Vorgaben des Handels bzw. der Molkereien zu erfüllen.

Voraussetzung zur Erfüllung der Haltungsform 2 ist, dass die Kühe an mindestens 120 Tagen je zwei Stunden weiden oder sich auf einem Laufhof oder in einer Bucht bewegen können. Dabei müssen jedem Tier mindestens 4,5 m² zur Verfügung stehen. Und die Bewegungsfläche muss aus mindestens 16 m² zusammenhängender Fläche bestehen.

„In den Grünlandregionen in Südbayern steigen jetzt weitere Anbindebetriebe in die Weidehaltung ein, weil das für sie meist mit überschaubaren Investitionen verbunden ist“, berichtet Georg Sachsenhammer, Bauberater beim LKV Bayern. Nach seiner Beobachtung versuchen viele Anbindehalter, ihre bestehenden Ställe möglichst lange zu nutzen, weil sie größere Investitionen nicht stemmen können oder wollen.

Gerade Anbindebetrieben in Ortslagen ist der Weg zur Kombinationshaltung oftmals versperrt, weil der Platz für einen Laufhof fehlt. Die einzige Möglichkeit, auf Dauer in der Milchviehhaltung zu bleiben, wäre für sie, einen neuen Laufstall auszusiedeln.

Hohe Baukosten

Doch die Baukosten sind mittlerweile so stark gestiegen, dass solche Projekte nur noch in wenigen Ausnahmefällen möglich sind. „Von 2017 bis 2020 sind die Preise von 70 auf 100 €/m³ gestiegen, aktuell liegen wir sogar schon bei 120 €/m3“, bestätigt Josef Niedermeier, vom Landwirtschaftsamt Regen.

Laut Niedermeier ist für die meisten Anbindebetriebe ein neuer Stall für 60 bis 80 Kühe mit Melkroboter, wie er in Süddeutschland in den letzten Jahren Standard war, kaum noch bezahlbar.

Der Berater bringt deshalb kostengünstigere Lösungen ins Spiel, z.B. Umbauten, mehrhäusige Ställe und gebrauchte Technik. Und er plädiert dafür, die Altgebäude in die künftige Nutzung einzubeziehen, weil diese weiter Unterhaltskosten verursachen.

„Stallgrösse muss passen“

Wichtig ist Niedermeier noch ein weiterer Punkt: „Die Größe des Stalls muss zur Flächenausstattung und zur Arbeitskräftesituation des Betriebes passen.“ Dabei dürfe man nicht nur die heutige Situation betrachten, sondern müsse vorausschauen, wie diese in fünf oder zehn Jahren sei.

Laut Martin Steinbach von der Betreuungsgesellschaft BBA fehlen für unkonventionelle Lösungen Planer. „Der Abbau der staatlichen Bauberatung kann durch die Stallbaufirmen nicht ausgeglichen werden“, so der Betreuer.

Angesichts der Menge an Anbindebetrieben seien relativ wenig Bauvorhaben in Planung, findet Steinbach. „Nur jeder 15. Anbindehalter in Ostbayern beschäftigt sich mit Investitionen.“

Vier Praxislösungen

Welche Möglichkeiten es für Milchviehhalter gibt, die Anbindehaltung hinter sich zu lassen, zeigen die Praxisbeispiele, die wir Ihnen in den kommenden vier Tagen auf www.topagrar.com vorstellen. Dabei geht es um unkonventionelle Um- und Neubauten für Milchkühe oder die Aufgabe der Milchviehhaltung und den Einstieg in andere Tierhaltungsverfahren.

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K O M M E N T A R

Flexible Lösungen sind gefragt

Anmerkungen von Klaus Dorsch

Tausende von Milchviehhaltern mit ganzjähriger Anbindehaltung stecken in der Falle. Ein Umstieg auf Kombinationshaltung ist in sehr vielen Fällen nicht möglich, weil Flächen am oder auf dem Hof fehlen. Und Neubauten sind nur noch in Ausnahmefällen bezahlbar.

Wer künftig weiter Milch erzeugen oder von der Landwirtschaft leben will, sollte für unkonventionelle Baulösungen oder für einen Umstieg auf andere Betriebszweige offen sein.

Wichtig ist zunächst, die Wirtschaftlichkeit des bestehenden Betriebes genauer unter die Lupe zu nehmen. Investitionen sind in der Regel nur dann sinnvoll, wenn auch bisher mit dem Hof Geld verdient wurde. Wer seinen Kuhbestand vergrößern möchte, sollte die Flächenverfügbarkeit und die Arbeitswirtschaft im Blick haben: Wenn teuer Flächen zugepachtet werden müssen, kann die Aufstockung schnell zum Minusgeschäft werden. Und die zusätzliche Arbeit einer größeren Herde muss auch dann noch bewältigbar sein, wenn weniger Familienarbeitskräfte zur Verfügung stehen. Flexible Varianten sind manchmal der bessere Weg.

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