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Höhere Kosten, mehr Arbeit: Berglandmilch verlangt Vollmilchtränke

Lieferanten der Berglandmilch (AT) müssen ab sofort ihre Kälber mit Vollmilch tränken. Das hat finanzielle und arbeitswirtschaftliche Konsequenzen für Betriebe mit Tränkeautomaten.

Lesezeit: 7 Minuten

Seit Anfang des Monats sind alle Lieferanten der österreichischen Molkerei Berglandmilch (BLM) verpflichtet, ihre Kälber bis zur 6. Lebenswoche mit Vollmilch zu tränken. Begründet wird die Vorgabe mit einer nachhaltigen, naturnahen Wirtschaftsweise und neuen Vermarktungsargumenten gegenüber Handel und Verbrauchern.

Vollmilchpulver ist teuer

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Unter den Milcherzeugern sorgt das für Diskussionen. Denn Milchviehbetriebe, die bislang ihre Kälber mit Milchaustauscher (MAT) am Tränkeautomaten aufgezogen haben, trifft das nun empfindlich.

Zwar erlaubt die Molkerei an allen „nicht umrüstbaren Tränkeautomaten“ das Berglandmilch-eigene Milch­pulver einzusetzen – bestehend aus getrockneter, teilentrahmter Berglandmilch. Aber dies hat einen gewichtigen Haken: Das Milchpulver der Firma Alpi, einem Tochterbetrieb der Berglandmilch, ist rund 30 % teurer als gängige Milchaustauscherprodukte mit hohem Magermilchpulveranteil, die standardmäßig in der Kälberaufzucht am Automaten eingesetzt werden.

Laut Molkerei soll sich der Verkaufspreis des Vollmilchpulvers am aktuell gültigen Rohmilchpreis orientieren und ist von der Berglandmilch gestützt. Mit anderen Worten, die Milchbauern der Genossenschaft stützen ihr Pulver selbst, müssen drauflegen und der Preis kann sich monatlich ändern. Mit der letzten Milchpreissenkung wurde allerdings der Preis des Vollmilchpulvers nicht reduziert. Zudem wird den Milchbauern die Möglichkeit genommen, sich den passenden Milchaustauscher für ihren Betrieb frei auszuwählen. Denn die Auswahl an Herstellern sowie Qualitäten an Milchaustauschern am Markt ist groß.

Hinzu kommt das Problem, dass der Eisengehalt in der Vollmilch nur 5 bis 10 % dem Bedarf der Kälber entspricht. Herkömmliche Milchaustauscher sind diesbezüglich aufgewertet. Bei der Umstellung auf Vollmilchtränke müssen die Kälber daher unbedingt eine Eisenergänzung erhalten, entweder in Form eines eisenhaltigen Wirkstoffergänzers, einer Paste oder als Eisenspritze. Die Anrührtemperatur des Vollmilchpulvers muss zudem auf ca. 45 °C erhöht werden, um Klumpenbildung zu vermeiden.

Nur Übergangslösung

Dass die Option des BLM-Milchpulvers zudem nur eine Übergangsregelung darstellt, wurde bislang nur verhalten kommuniziert. Der Vorstand entscheidet, ob in ein, zwei oder mehr Jahren gänzlich Schluss mit der Pulvermilch ist. Alle Betriebe, deren Tränkeautomat nur mit Milchpulver funktioniert, müssen sich auf Investitionen vorbereiten.

Ist die Umrüstung möglich, kostet allein diese an bestehenden Automaten rund 3.000 € (Teile plus Montage). Dazu kommen noch Kosten für den Milchlagertank. Dieser sollte über ein Rührwerk und ein Kühlaggregat plus Leersensor oder Zeitschaltuhr (um das Einfrieren der Milchreste zu verhindern) oder zumindest eine Wasserkühlung verfügen. Die gekühlte Milch wird beim Tränkeabruf portionsweise aufgewärmt, was einen höheren Energieaufwand bedeutet.

Derzeit laufen Tränkeautomaten überwiegend auf den größeren Milchviehbetrieben ab ca. 50 Kühen und verursachten kaum Arbeit. Wer bislang beim MAT-Automaten nur alle paar Tage oder Wochen einen Sack Milchpulver nachfüllen und in eben diesen Abständen den Automaten putzen, Nuckel austauschen und kalibrieren musste, wird künftig mehr Arbeitszeit aufwenden müssen.

Die Automatenfirmen empfehlen, mindestens einmal täglich den Vollmilchlagertank gründlich, zumeist händisch, zu reinigen. Zudem sollte zu jeder Melkzeit, also zweimal täglich, der Vollmilchtank frisch befüllt werden, entweder händisch mit Milchkanne, über einen fahrbaren Tank oder über eine separate Milchleitung.

Die einzelnen kleinen Arbeitsschritte summieren sich; insgesamt muss täglich rund eine Stunde Arbeitszeit für die Befüllung und Reinigung des Vollmilchtanks angesetzt werden. Bei einem theoretischen Stundenlohn von 12 €/h kommt dafür ein Budget von über 4.000 € im Jahr zusammen. So würden sich bereits nach wenigen Jahren auch die vollautomatischen, smarten Vollmilch-Tränketechniken rechnen, bei denen so gut wie keine Arbeitszeit mehr anfällt. Hier liegen die Investitionskosten im fünfstelligen Bereich! Für einige Betriebe wird daher auch ein Systemwechsel auf ein Milchtaxi infrage kommen.

Wohin mit den Restmengen?

Im Alltag ergibt sich zudem das Problem mit den Restmengen: Die benötigte Tränkemenge sollte möglichst passgenau eingefüllt werden, denn Milchreste sind nach zwölf bzw. 24 Stunden Lagerung quasi unbrauchbar. Wird aber zu sparsam befüllt, ist der Tank zu früh leer. Die Kälber haben entweder über eine bestimmte Zeit keine Milch zum Trinken oder sie werden alternativ mit Pulver gefüttert, sofern der Automat über diese Doppelfunktion verfügt. Jedoch ist der Organismus auf die Verdauung von MAT nicht vorbereitet, Durchfälle sind vorprogrammiert.

Molkerei oder Kalb?

Die Kälber stehen künftig in direkter Konkurrenz zur Liefermenge an die Molkerei. Schnell entsteht die Versuchung, bei den Kälbern zu sparen, weniger oder qualitativ minderwertige Milch zu vertränken. Das ist jedoch nicht im Sinne einer gesunden und nachhaltigen Kälberaufzucht.

Wie Vollmilch am Tränkeautomaten gefüttert werden kann, darüber haben wir uns bei den Herstellern informiert:

Holm & Laue: Lagertanks für jeden Bedarf

„Die Vollmilchversion an den Tränkeautomaten von Holm&Laue nachzurüsten ist möglich, aber ein größerer Aufwand“, berichtet Servicepartner Stefan Stibleichinger. Während die Umrüstung des Gerätes rund 2.500 € Materialkosten bedarf (zzgl. ca. 500 € Montage), hätte die Vollmilchversion des Calfexperts beim Neukauf weniger als 1.700 € Aufpreis gekostet. Bei den Lagertanks gibt es drei Varianten:

Der „Milkboy“ ist ein Kunststoff-Lagertank auf Rädern, Rühraggregat und Luftisolierung (max. 110 l Fassung, ca. 1.000 €). Die Kühlung erfolgt thermostatgeregelt, stromlos, durch Wasser.

Standard ist ein Edelstahltank mit Kühlaggregat, Rührwerk, Isolierung und Leersensor. Er ist in verschiedenen Größen (100 – 300 l) erhältlich. Das 200 l-Modell kostet 3.000 €.

Der vollautomatische „DoubleJug“ Milchkühltank verfügt über zwei Lagerbehälter (2 x 190 l oder 2 x 380 l), die abwechselnd, automatisch befüllt und gereinigt werden. Die Steuerung erfolgt über den Tränkeautomaten. Zudem kann ein Pasteur integriert werden. Kosten ab 16.000 €.

Die Reinigung des Automaten erfolgt standardmäßig bei 65 °C mit zwei Reinigungsmitteln im Wechsel. Während der Landwirt den Lagertank händisch waschen muss, kann die Verbindungsleitung an den Automaten angeschlossen werden und wird dann beim Reinigungsprogramm des Automaten mitgereinigt. Dies muss manuell gestartet werden.

Förster: Smarte Tanklösung für Kombigeräte

Die reinen Pulverautomaten von Förster sind nicht auf Vollmilchtränke umrüstbar, die Kombigeräte dagegen schon. „Das erkennen Sie an der Seriennummer Ihres Automaten“, erklärt Lothar Weber, Exportmanager von Förster. „Beginnt sie mit den Buchstaben TAK, steht das K für Kombi. Hier ist es kein Problem einen Milchtank anzuschließen.“

Alle Landwirte, die den kleineren „Compact“ TAK-Tränkeautomaten haben, können einen einfachen Beistelltank oder alternativ das Milchmobil (Listenpreis ca. 8.200 € netto) zur Milchlagerung nutzen; hier erfolgen Reinigung und Befüllung händisch. Mit der größeren „Vario“-Edition des Automaten dagegen ist eine vollautomatische Steuerung und Reinigung des dazu passenden „smart Tanks“ (100 oder 300 l) möglich. Gereinigt wird standarmäßig mit einem Reinigungsmittel bei 58 °C.

Als High-End-Lösung bietet Förster den sogenannten „Calf Rail“ an: Hier versorgt eine Vollmilcheinheit sowohl die Tränkestationen in der Gruppenhaltung als auch die Kälber in den Einzelboxen über einen mobilen Nuckel. „Immer mehr Betriebe, die vor einer größeren Investition stehen, entscheiden sich für diese vollautomatische Lösung, da hier kaum mehr Handarbeit anfällt“, berichtet Weber. Für das Calf-Rail (ohne Tränkeautomat) muss man mit einem Listenpreis von ca. 15.000 € netto rechnen. Förster Technik wird in Österreich über die Melktechnikhersteller (Delaval, Gea, Lely) vertrieben.

Urban: Günstiger Eigenbau oder Milchshuttle

„Auf vielen österreichischen Familienbetrieben laufen Paulas oder die alten U20-Automaten. Häufig wurden sie auch gebraucht aus Deutschland importiert“, berichtet Thomas Stalling, Verkaufsleiter von Urban. Rund 2.000 € müssen bei einer Umrüstung für Teile (Boiler, Vollmilchpumpe, Ansaugung) plus Montagekosten investiert werden.

Dazu kommen noch die Kosten für den Vollmilchtank. Urban selbst hat keine Tanks im Programm. Als kostengünstige Lösung empfiehlt Stalling, einen herkömmlichen Milchkühltank mit Aggregat auf einen kleinen Wagen aufzubauen. Gegen ein Einfrieren der Milchreste hilft eine Zeitschaltuhr. Dazu zwei Stunden vor der geplanten Reinigung und Neubefüllung den Strom der Kühlung abschalten lassen. Das bindet aber an feste Arbeitszeiten.

Wer eine professionellere Lösung sucht, kann das Milchshuttle von Urban nutzen (100 bis 250 l Fassungsvermögen, ab 7.000 €). Der elektrische Antrieb erleichtert den Milchtransport auch bei Steigungen. Der eingebaute Pasteur dient zugleich zur Milchkühlung.

Die Verbindungsschläuche zwischen Automaten und Tränkestation sind als Kreislauf angelegt, so bleibt auch nach den Tränkeeinheiten nie Milch in den Leitungen stehen. Zum Spülen muss der Schlauch vom Milchtank in den Tränkeautomaten gesteckt und das Spülprogramm (Standard: zwei Reinigungsmittel, 55 °C) händisch gestartet werden. Die Tankreinigung ist Handarbeit.

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