„Weidehaltung muss wirtschaftlich sein und Wertschöpfungspotenzial haben“, sagt Dr. Arno Krause. Er arbeitet beim Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen, das in Koorperation mit dem Elite-Magazin für Milcherzeuger die 1. Deutschen Weidetage organisierte. Die Veranstaltung fand am 06. und 07.07.2022 auf dem Betrieb Heiko Holthusen und Partner GBR in Brake an der Unterweser statt.
Die Zukunftsfähigkeit der Weidehaltung stand am ersten Tag im Vordergrund. Doch für Milchviehbetriebe muss einen Anreiz geben, die Kühe auf die Weide zu lassen. Heinrich Daseking aus dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kritisierte in seinem Vortrag „Konsumanalyse von Weidemilch und Weidefleisch“ unter anderem die fehlende rechtliche Einordnung von Weideprodukten, die zu einer Kaufzurückhaltung beim Kunden führe. In dem Zusammenhang referierte er über die niedersächsische Weideprämie, die ab 2023 die Weidehaltung fördern soll. Voraussetzung dafür ist ein viermonatiger Weidezeitraum, in dem die Tiere mindestens 6 Stunden pro Tag weiden sollen.
Doch viele Kunden können den Weidezeitraum von „nur 120 Tagen“ durch fehlendes Wissen nicht einordnen, sagt Maxi Thinius vom Lebensmitteleinzelhandel ALDI Nord. Die Akzeptanz für neue Weide-Produkte sei deshalb schwierig.
Jutta Jaksche, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., sprach die Erwartungen der Verbraucher an, die Weidehaltung als besonders tiergerecht, Milchkühe aber auch als Klimakiller und Nahrungskonkurrent einstufen.
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Das passende Weidesystem finden
„Die Niederlande ist ein Weidevorbild“, so Dr. Agnes van den Pol-van Dasselaar von der Aeres University of Applied Sciences (NL). Sie stellte in ihrem Vortrag das Projekt „Nieuw Nederlands Weiden“ vor. Bei diesem Weidesystem wird die arrondierte Grünlandfläche in sechs in etwa gleich große Flächen eingeteilt. Auf jeder dieser Teilflächen weiden die Kühe einen Tag lang, bevor es „reihum“ am nächsten Tag zur nächsten Teilfläche geht. Dadurch können die Tiere täglich frisches Gras aufnehmen und eine hohe Milchleistung generieren. Die Fütterung im Stall richte sich dabei nach der Menge des Grasaufwuchses.
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Manfred Tannen, Landwirt, Präsident des landwirtschaftlichen Hauptvereins Ostfriesland und Vizepräsident des niedersächsischen Landvolks, hat die aktuelle Lage auf dem Milchviehbetrieben dargestellt. Die Weidehaltung sei in den letzten Jahren unter anderem durch die modernen Laufställe und die immer größer werdende Tierzahl pro Betrieb zurück gegangen.
Vorurteile zur Weidehaltung von Kühen und negativ assoziierte Mythen waren Hauptthema am Nachmittag. Folgende Themen waren Grundlage der einzelnen Vorträge:
- „Mit der Weide verdient man kein Geld“ - Jörg Schwarting (Landwirt) und Hans Witbaard (Witbaard Agrarberatung)
- „Milchkühe verhungern auf der Weide“ - Daniel Bischoff (Bioland e. V., LV Niedersachsen/Bremen)
- „Weidehaltung ist eine Arbeitsfalle“ - Michael Sutter(Berner Fachhochschule HAFL,CH))
- „Weidehaltung ist schlecht für das Klima - Dr. Ralf Loges (Universität Kiel)
- „Weidehaltung bedeutet Rückschritt“ - Prof. Dr. Johannes Isselstein (Universität Göttingen)
- „Gänse, Mäuse und Wolf verhindern die Weidehaltung.“ - Dr. Eick von Ruschkowski und Alfred Toepfer (Akademie für Naturschutz)
Der zweite Tag ist mit verschiedenen Workshops eher praxisorientierter gewesen. Teilnehmende und Workshopleiter haben sich zu Themen wie „Werde ein Weidemanager und hole mehr Milch aus Gras“ oder „AMS und Weide: So klappt’s. Praxisempfehlungen aus den Niederlanden“ ausgetauscht und darüber diskutiert. Zudem wurden auch Themen wie Vollweide, saisonale Abkalbung und Genetik behandelt.