Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Klima

Welchen Fußabdruck hinterlassen Bullen?

Bullenmäster können anhand einer Klimabilanz die Treibhausgasemissionen ihres Betriebes ermitteln. Wo die größten Einsparpotenziale in der Mast schlummern, zeigt ein Praxisbeispiel.

Lesezeit: 6 Minuten

Rund 84,5 % der Treibhausgasemissionen in Deutschland entstehen durch energiebedingte Emissionen wie beispielsweise Kraftwerke und Autos. 7,3 % der Emissionen entspringen der sogenannten Quellgruppe Landwirtschaft. Das belegen Zahlen des Umweltbundesamtes. Auch wenn der Anteil der Landwirtschaft vergleichsweise gering ist, müssen Landwirte einen Beitrag für den Klimaschutz leisten: Laut dem deutschen Klimaschutzgesetzt soll die Landwirtschaft bis 2030 30 % weniger Emissionen im Vergleich zu 1990 verursachen.

In der Milchwirtschaft kann sich eine emissionsärmere Produktion schon lohnen: Erste Molkereien zahlen ihren Lieferanten bis zu 1 Cent/kg Milch mehr, wenn sie an entsprechenden Programmen teilnehmen. In der Rindermast ist das noch nicht üblich. Dennoch haben sich z. B. mehr als 20 Bullenmäster von der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen eine Klimabilanz für ihren Betrieb berechnen lassen (siehe Zusatzinfo "Berechnungsgrundlage").

Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Das Ziel ist den CO2-Fußabdruck des Betriebs zu kennen und mit validen Zahlen auch kommunizieren zu können. Damit wissen Landwirte zudem, welche Hebel sich in der Mast überhaupt noch drehen lassen, um die Emissionen zu verringern und wo das Potenzial quasi ausgeschöpft ist. Wichtig dabei ist, dass angesichts der aktuell prekären Preissituation einige dieser Hebel auch wirtschaftlich einen Vorteil haben können.

9,3 Kg Co2 pro kg Tiergewicht

Die LWK-Bilanzierungen auf Bullenmastbetrieben ergaben Folgendes: Ein durchschnittlicher Betrieb produziert 6 893 kg CO2-Äquivalente (CO2e) pro Mastrind. Das sind 9,29 kgCO2e je kg Lebendgewicht. Die EinheitCO2efasst alle Treibhausgase im Verhältnis zu CO2 zusammen.

Den größten Anteil an den Emissionen hat die Verdauung der Tiere (Übersicht 1). Sie macht mehr als ein Drittel der Emissionen aus. Als Wiederkäuer verwerten die Bullen Rohfaser, produzieren dabei aber Methan. Für die Bestandsergänzung wird ebensoCO2eangerechnet. Diese beinhaltet die Emissionen aus der Aufzucht bis zur Abgabe in die Mast. Dafür wird das Gewicht der Jungbullen mit den bis dato erzeugtenCO2emultipliziert. Der drittgrößte Faktor ist das Grundfutter. Hier fließen die Emissionen ein, die die Produktion von Mais, Gras usw. verursacht. Positiv wirkt sich aber die Düngernährstoff- und die Humuslieferung mit dem anfallenden Dung aus der Tierhaltung aus.

Die wichtigsten Schrauben

Wer seine Zahlen kennt, kann ermitteln, wo noch Verbesserungen möglich sind. In der Regel bergen drei Bereiche das größte Potenzial, um als Bullenmäster Emissionen einzusparen.

Leistung und Gesundheit: Ein Bulle mit höheren Tageszunahmen und einer guten Futterverwertung produziert auf das Endprodukt bezogen weniger CO2e als ein Tier mit geringerer Leistung. Und auch die Tierverluste haben einen Einfluss, denn die Emissionen der abgegangenen Rinder werden auf die Leistung der restlichen angerechnet. Je später der Abgang, desto mehr CO2e wurde „umsonst“ erzeugt. In diesem Punkt überschneiden sich wirtschaftliche Ziele mit Klimaschutzaspekten.

Kraftfutter: In die Bilanz fließen pro kg Kraftfutter (ohne Soja) 570 g CO2e ein. Energieträger aus Übersee, insbesondere Soja, haben eine vergleichsweise sehr schlechte Klimabilanz. Denn deren Einfluss durch Landnutzungsänderung (Rodung) wird eingerechnet. Daher wird Soja mit 1,77 kg CO2e je kg mit einem etwa dreimal so hohen Fußabdruck belastet. Europäisches Soja oder zertifizierte Ware steht besser da. Wichtig ist, dass GVO-frei nicht per se heißt, dass weniger Emissionen angerechnet werden.

Güllelagerung: Bei der Lagerung von Gülle und Festmist entweichen erhebliche Mengen an Treibhausgasen. So entstehen 50 bis 60 kg CO2e je m3 Gülleanfall. Je schneller Gülle und Mist gasdicht gelagert, oder einer Biogasanlage zugeführt werden, desto besser ist die Bilanz. So spart die schnelle Überführung in eine Biogasanlage bis zu 90 % der Emissionen aus der Lagerung ein.

Praxis: Stroh versus Gülle

Wie kann die Bilanzierung in der Praxis aussehen: Markus Schulze Finkenbrink und sein Sohn Christoph mästen bei Münster (Nordrhein-Westfalen) rund 920 Bullen auf Stroh und Vollspalten. Der Strohstall wird mit Absetzern belegt, der Spaltenstall mit Fressern.

Auf Initiative der Westfleisch hat die LWK im Rahmen eines Projektes die Bilanz für diesen und weitere Betriebe berechnet. Dafür musste Schulze Finkenbrink zuvor Daten zur Leistung, Fütterung, Güllelagerung usw. bereitstellen. Insgesamt waren es pro Haltungssystem rund 25 Punkte, die jeder Mäster in der Regel parat hat.

Im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Kammer schneidet der Betrieb deutlich besser ab (siehe Übersicht 2). Das liegt hauptsächlich daran, dass die Landwirte kein Soja im Futter einsetzen. „Wir produzieren für ein Markenfleischprogramm bei dem wir auf Soja verzichten und stattdessen Getreideschlempen nutzen“, sagt Markus Schulze Finkenbrink. Gut steht der Betrieb auch da, weil er überdurchschnittliche Tageszunahmen von mehr als 1.300 g erzielt.

Der Vergleich zwischen Strohstall und Güllestall zeigt zudem, dass die Systeme grundsätzlich hinsichtlich der Klimabilanz keine großen Vor- oder Nachteile haben. Bei den Münsterländern schneidet der Strohstall in puncto Dunglagerung aber besser ab, weil der Betrieb den Mist regelmäßig in eine Biogasanlage bringt. Die Unterschiede bei der Bestandsergänzung ergeben sich durch das unterschiedliche Alter der Tiere beim Einstallen.

Potenziale finden

Trotz guter Ausgangswerte zeigen Rechenbeispiele, wo der Betrieb sich noch verbessern kann: „Wir wollen die Zunahmen im Strohstall um rund 100 g steigern“, sagt Schulze Finkenbrink. Das soll zwar primär die Wirtschaftlichkeit heben, wird sich aber auch auf die Klimabilanz positiv auswirken. Zudem war die Grundfutterernte durch mehr Niederschläge in der Region in diesem Jahr besser und die Energiegehalte des Hauptfutters so höher. „Damit können wir etwas Kraftfutter einsparen“, sagt der Bullenmäster. Mit beiden Maßnahmen kann er rund 1 % seiner Emissionen verringern. Das entspräche einer Einsparung von 28 t CO2e. Um den gleichen Wert zu erzielen müssten 280 Bundesbürger ihren jährlichen Stromverbrauch um 20 % senken.

Im Spaltenstall lassen sich noch größere Hebel bewegen. Rund die Hälfte der Gülle will der Betrieb zukünftig gasdicht lagern, bzw. schneller in die Biogasanlage überführen. Das würde die Bilanz um 3 % verbessern. Dafür müssten zum Vergleich 540 Bürger 20 % weniger Strom verbrauchen.

Berechnungsgrundlage

Die LWK arbeitet mit dem Bilanzierungsprogramm „Tekla“. Dessen Daten beruhen auf dem Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilanzen in der Landwirtschaft (BEK). Verschiedene Universitäten und andere Organisationen haben den Maßstab deutschlandweit abgestimmt. Der BEK berücksichtigt nicht nur Emissionen aus der laufenden Produktion, sondern auch die sogenannten „Rucksackemissionen“. Das sind Emissionen, die durch die Herstellung der Betriebsmittel entstehen, beispielsweise bei der Grundfutterproduktion.
Dabei kommt es nicht nur auf das Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) an. Auch weitere klimaschädliche Treibhausgase wie Methan und Lachgas sind wichtig, um eine Klimabilanz zu berechnen. Für die Übersichtlichkeit werden alle diese Gase je nach Stärke ihres Einflusses im Vergleich zu CO 2 unter CO 2 -Äquivalente zusammengefasst. Ein Beispiel: Methan ist laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPPC) 25-mal klimaschädlicher als CO 2 . Somit entspricht 1 kg Methan umgerechnet 25 kg CO 2 e. Bei Lachgas (N2O) sind es 298 kg CO 2 e je kg Lachgas.

Unser Experte für diesen Text ist Ansgar Lasar, Klimabeauftragter der LWK Niedersachsen

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.