topplus Frischgras ohne Fahrer

Wie funktioniert die automatische Frischgrasernte?

Mähen, transportieren, füttern: Lely hat mit dem Exos eine automatische Lösung zur Frischgrasfütterung entwickelt. top agrar hat sich die erste Maschine in Deutschland angeschaut.

Lesezeit: 5 Minuten

Die größte Hürde der Grünfütterung ist der Arbeitsaufwand – und das soll der Exos von Lely ändern. Auf dem Betrieb von Vinzenz Dickebohm in Ostfriesland erntet die elektisch angetriebene Maschine Frischgras von rund 60 ha arrondierten Flächen für 300 Kühe.

Der Exos navigiert per GNNS (Satellit) im Außenbereich sowie Odometrie und Ultraschall im Stall. Für Sicherheit sorgen eine Stereokamera und rundum ein Anfahrschutz. Vor der Inbetriebnahme messen Techniker die Hof- und Feldflächen mit Quad und GPS-Gerät ein und legen Feldblöcke und Hindernisse fest. Das System fährt ab dann selbstständig innerhalb der Grenzen.

Zu öffentlichen Straßen ist ein Abstand von 5 m Pflicht. Zudem muss der Betrieb den Lely Vector oder den neuen Juno Max haben, da der Exos unter anderem die aktuellen Futtermengen auf dem Futtertisch nicht messen und das Futter nicht anschieben kann.

Eine Tonne Frischgras

Die Feldplanung liegt in der Hand von Vinzenz Dickebohm. Er muss entscheiden, wann der Exos welche Flächen schneidet und wo er selbst siliert. Denn Ziel ist es, den Kühen möglichst junges, gleichmäßiges Gras vorzulegen. „Die Schwierigkeit ist, das Gras zu managen, nicht die Maschine“, sagt er. Er kann feste Fahrten mit Uhrzeit und Menge pro Fressgitter festlegen oder die Maschine Tag und Nacht, so viel wie möglich, fahren lassen.

Der Exos wiegt 3,4 t leer und schneidet das Gras mit einem 2 m breiten Doppelmesserbalken auf aktuell von Dickebohm eingestellte 7 cm Höhe ab. Ein Elevator mit Kunststoffleisten transportiert das Gras nach oben in den vorderen Bereich des Laderaums. Ein Rollband am Boden dreht sich ab einem gewissen Füllstand nach hinten, sodass der gesamte Laderaum ausgenutzt und das Gras nicht stark verdichtet wird.

Hinter dem Messerbalken liegt eine Rolle zur Bodenanpassung. Dahinter ist wiederum ein Düngegestänge installiert, das parallel zum Schneiden Flüssigdünger aus einem 200 l -Tank ausbringen kann.

Pro Fahrt lädt die Maschine rund 1 t Frischmasse und benötigt dafür 4 – 5 kWh Strom. Möglichst wenig Gewicht und eine 520er-Bereifung sollen den Boden schonen. Steigungen bis 10º sind befahrbar. Darüber hinaus sind einige Änderungen nötig, wie z. B. 3D-Informationen in der Karte des Exos, damit dieser weiß, wo er abbiegen darf und wo es zu steil ist. „Auf unseren Flächen wäre Weidegang mit der Kuhzahl beispielsweise bei Nässe nicht einfach möglich. Der Exos hat bisher keine Probleme“, sagt Dickebohm.

Nasse Ecken innerhalb der Feldblöcke kann er von der Route ausschließen. Ebenso wie Nester von Bodenbrütern, wenn er diese entdeckt – denn das kann das System nicht. Wildtiere wie Kitze und Hasen seien laut Lely aber kein Problem, da das Gras jung geschnitten wird und somit niedrig und uninteressant als Versteck ist und die Maschine nur maximal 3,6 km/h schnell fahren darf. Zukünftig soll die Kamera diese aber selbst erkennen und umfahren.

Stetig mehr Gras

Mit vollem Laderaum fährt das System auf kürzester Route, aber ohne ungemähte Flächen zu überfahren, zum Stall. Dort wartet es auf das Signal vom Vector oder Juno Max, dass die Fütterungstechnik den Stall verlassen hat, und dosiert dann mittels zwei Dosierwalzen und einem Querförderband das Gras auf den Futtertisch. Dickebohm füttert eine TMR über seinen Vector und Frischgras dazu. Er kann über den Vector programmieren, ab welcher Restfutterhöhe die Ration bzw. Gras zudosiert wird. Zweimal pro Woche reinigt er den Futtertisch komplett.

Bei unserem Besuch Ende Mai war das System erst 30 Tage im Einsatz. „Wir hatten Probleme mit der Trockenheit und den ersten Schnitt haben dann die Gänse gefressen“, sagt der Landwirt. Daher hält er sich mit Aussagen zum langfristigen Einfluss der Maschine auf die Kühe noch zurück.

Die Milchmenge ist mit dem Frischgras leicht gestiegen, ich spare Zeit und Geld beim Silieren und brauche weniger Kraftfutter.
V. Dickebohm

„Wir haben die Grasmenge langsam gesteigert, sodass wir gerade bei 21 kg Trockenmasse/Tier/Tag aus der TMR plus 26 kg Frischmasse Gras liegen“, sagt der Landwirt. Aktuell feilt er einmal wöchentlich an der Ration und hat z.B. Kraftfuttermenge und Getreideanteil reduzieren können. Ansonsten besteht die Ration aus Grassilage, Mais, Soja, Raps und Mineral. „Die Milchmenge ist mit dem Frischgras leicht gestiegen, ich spare Zeit und Geld beim Silieren und brauche weniger Kraftfutter“, erklärt der Landwirt, wie sich die Investition rentieren soll.

250.000 € Listenpreis

Bisher laufen 21 Exos-Exemplare in den Niederlanden und eins in Deutschland. Hier will Lely nun den Verkauf starten.

Interessant sei das System für Betriebe mit 150 bis rund 400 Kühen, je nach Frischgrasanteil in der Ration. Um den Stall sollten mindestens 35 ha Grasflächen zur Ernte liegen. Der Preis liegt bei rund 250.000 € (Listenpreis) plus 5.000 € für die Installation. Zusätzlich fallen laufende Wartungskosten an. Lely kalkuliert bei 250 t Trockenmasse geerntetes Gras pro Jahr eine Amortisationszeit von fünf bis sieben Jahren.

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