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topplus 28-Tage-Regelung

Wie gibts mehr Geld fürs Kalb?

Ab 2023 bleiben Bullenkälber mindestens 28 Tage auf dem Geburtsbetrieb. Lassen sich die Mehrkosten beim Verkauf auch wieder einnehmen? Wie lässt sich die Wertschöpfung steigern?

Lesezeit: 6 Minuten

Zwei Wochen länger Milch, Futter, Stallplatz und Arbeit. Die zusätzlichen Kosten für die Kälberaufzucht, die auf Milchviehhalter ab 2023 zukommen, liegen bei 7,80 € pro Tag. So die Berechnung von Bernd Lührmann, Unternehmensberater bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Er geht dabei von 55 ct/kg Milchpreis und gut 9 kg Tränkemenge/Tag (Vollmilch oder Milchaustauscher) im Schnitt von 32 Tagen Aufzucht aus.

Ab Januar müssen männliche Kälber anstatt bislang 14 Tage für mindestens 28 Tage auf den Geburtsbetrieben bleiben. Das schreibt die geänderte Tiertransportverordnung vor. Einzige Ausnahme ist der Transport innerhalb von 50 km um die Betriebsstätte mit einem eigenen Fahrzeug. Die Änderung betrifft vor allem Milcherzeuger mit Holsteinkühen. Denn Kälber von Fleckviehbetrieben bleiben ohnehin länger, meist bis zu einem Gewicht von 75 bis 100 kg, auf den Betrieben. Zudem erfolgt ihre Bezahlung nach Lebendgewicht und nicht, wie bei Holsteinkälbern, nach Qualitätsklassen.

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Welche Tiere will der Markt?

Unter den Mitgliedern des Bundesverbandes Rind und Schwein (BRS) geht die Meinung über die 28 Tage-Regelung auseinander, so Dr. Solveig Vollmar, Ansprechpartnerin für den Bereich Kälberhaltung beim BRS: „Einige Fresseraufzüchter sehen die Regelung als Chance, dass sich die Kälberhaltung weiter verbessern könnte und sie demnächst bessere Qualitäten einkaufen können. Andere befürchten genau das Gegenteil.“

Auch Dirk Meinardus, Geschäftsführer der Vieh- und Fleischhandelsverbände e. V. geht davon aus, dass zukünftig die Spanne zwischen guten und schlechten Kälbern noch größer wird: „Kälber, die bisher schon nicht ausreichend Milch erhalten haben, werden sich nach weiteren zwei Wochen noch stärker von den gut versorgten Kälbern unterscheiden.“ Aus diesem Grund nehmen Mäster die Kälber bislang gerne möglichst jung auf, sagt Theresa Averbeck, Geschäftsführerin der Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK): „Die metabolische Programmierung ist dann noch nicht so weit fortgeschritten und die Mäster können die Tiere nach ihren Vorstellungen versorgen.“

Doch eigentlich sollte kein Milchviehbetrieb an der Kälberaufzucht sparen, so die Sicht von Bernd Lührmann: „Es ist ein Trugschluss, dass man dabei Geld sparen kann. Durch Krankheiten, Preisabzüge oder stehen gelassene Kälber ist diese Vorgehensweise weder ökonomisch sinnvoll noch aus Tierschutzgründen vertretbar.“

Mehr Geld für gute Kälber?

Der Berater geht davon aus, dass es erst eine Veränderung in der Kälberaufzucht gibt, wenn die Abnehmer auch bereit sind, mehr dafür zu zahlen. Aus seiner Sicht hat der Viehhandel eine Mitverantwortung, höhere Kälbererlöse der Holsteinkälber zu realisieren: „Das Interesse aller Marktbeteiligten entlang der Wertschöpfungskette muss darin bestehen, möglichst gut entwickelte Kälber zu fairen Preisen zu handeln. Denn nur gut entwickelte Kälber werden entsprechend hohe Leistungen erbringen und somit auch wirtschaftlicher zu mästen sein!“

Theresa Averbeck bringt das Interesse der Kälbermäster so auf den Punkt: „Den Mästern ist es vor allem wichtig, dass die Tiere, ihrem Alter entsprechend, möglichst schwer sind. Zudem unterstützt der KDK gerne Maßnahmen, die zu einer besseren Tiergesundheit und geringerem Antibiotikaeinsatz in der Mast beitragen.“

Darum würde Bernd Lührmann es begrüßen, wenn Milcherzeuger Bullenkälber in Gruppen an feste Abnehmer liefern. So ließen sich Anforderungen an die Kälber, wie Fütterungsintensität, Impfungen und die Bezahlung, vorab festlegen. Einige dieser Kooperationen zwischen Milchvieh- und Kälbermastbetrieben gibt es bereits, erklärt Theresa Averbeck: „Dafür eignen sich aber nur große Milchviehbetriebe oder solche in Milchviehstarken Regionen.“ 

Interview: Weniger Kälber besser aufziehen

Der Markt honoriert die Mehrkosten für intensiv aufgezogene Kälber noch nicht. Es gilt deshalb, ­ein Überangebot an Kälbern zu vermeiden – so die Empfehlung von Prof. Dr. Martin Kaske.

Herr Prof. Dr. Kaske, was bedeutet der spätere Transport für die Kälber?

Kaske: Niederländische Untersuchungen zeigen, dass Kälber die mit 28 Tagen transportiert werden robuster sind als solche, bei denen der Transport schon nach 14 Lebenstagen erfolgte. Die Mortalität auf dem Mastbetrieb war dann mit 2,8 % deutlich niedriger als bei den jüngeren Kälbern (5,9 %). Aber das Transportalter ist nicht der einzige Einflussfaktor auf die Gesundheit im Mastbetrieb!

Was hat außerdem Einfluss?

Kaske: Die Kolostrumversorgung, die Haltungsbedingungen, die Fütterungsintensität und Impfungen auf dem Geburtsbetrieb – also alle Maßnahmen, durch die Kälber später gesund bleiben und gut zunehmen. Das sogenannte „Preconditioning“ führt zu niedrigeren Abgangsraten und weniger Medikamenteneinsatz auf dem Mastbetrieb. Doch leider gibt es hier noch ein großes Verbesserungs­potenzial.

Das wissen wir seit Jahrzehnten. ­Warum verändert sich die Kälber­aufzucht nur schleppend?

Kaske: Hier müssen wir differenzieren: Das Problem bei Aufzuchtkälbern ist, dass sich Fehler während der wichtigen ersten Lebenswochen erst Jahre später bei der Milchkuh manifestieren. Man übersieht oft, dass sich eine intensive Fütterung mit Milch langfristig sehr positiv auf die Entwicklung des Euters, das Erstkalbealter und die Milchleistung auswirkt.

Eine intensive Fütterung zeigt sich leider erst viel später an der Milchmenge im Tank.“
Prof. Martin Kaske

Im Hinblick auf männliche Kälber, die den Betrieb mit zwei bis vier Wochen verlassen, fehlt für den Milchviehbetrieb ein ausreichender finanzieller Anreiz, um systematisch in die Qualität des Kalbes zu investieren!

Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die neue 28 Tage-Regelung?

Kaske: Sie ist problematisch, wenn es nicht gleichzeitig überdurchschnittliche Haltungs- und Fütterungsbedingungen auf dem Milchviehbetrieb gibt. Es darf nicht sein, dass Bullenkälber bald nur länger „zwischengeparkt“ werden. Man sollte stattdessen die Vorteile einer optimierten Kälberhaltung für alle Marktteilnehmer herausstellen. Das hat sich z. B. die „Kälberinitiative Niedersachsen“ zum Ziel ­gemacht. Aber natürlich tragen auch die Marktstrukturen ihren Teil zur ­aktuellen Situation bei: Die neue Vorgabe wird nur positiv für das Tierwohl sein, wenn der Markt die Mehrkosten der Milchviehbetriebe honoriert. Wir müssen Holstein-Bullenkälber entweder als wichtigen Teil der Milchproduktion sehen – und sie entsprechend behandeln. Ansonsten verbessert sich die ­Situation erst, wenn schlicht weniger Kälber geboren werden!

Was schlagen Sie vor?

Kaske: Den vermehrten Einsatz gesexten Spermas, um nur für die Remontierung erforderliche Nachzucht zu produzieren. Die Besamung mit Sperma von Mastrassen, um am Markt höhere Preise zu erzielen. Und nicht zuletzt sollten Betriebe mit hoher Leistung das Potenzial einer verlängerten Laktation nutzen – das Dogma, dass eine ökonomische Milchproduktion eine kurze Zwischenkalbezeit voraussetzt, ist überholt. Mit der Kombination dieser Maßnahmen lassen sich Überschusskälber vermeiden und die Wertschöpfung aus dem Verkauf steigern.

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