Eine Milchbar für Saugferkel hat viele Vorteile: Die Technik ist kompakt aufgebaut und vergleichsweise kostengünstig. Untersuchungen zeigen, dass sich damit bis zu 23 Ferkel pro Wurf aufziehen lassen.
Unser Autor
Prof. Dr. Martin Ziron, FH Soest
Prof. Dr. Martin Ziron, FH Soest
Prof. Dr. Martin Ziron, FH Soest
Für die Wirtschaftlichkeit in der Sauenhaltung zählt jedes Ferkel. Kein Wunder, dass Landwirte mit allen Mitteln versuchen, die Anzahl der verkauften Ferkel pro Sau und Jahr zu maximieren. Viele Ferkelerzeugerbetriebe setzen inzwischen auf Beifütterungssysteme für Saugferkel. Das Ziel ist einerseits, jedes Ferkel ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen. Andererseits wollen die Landwirte durch den Einsatz die Muttersauen entlasten und mithilfe der Technik Arbeitszeit einsparen.
Verschiedene Ammenkonzepte
Die Industrie hat verschiedene Techniken auf den Markt gebracht und laufend weiterentwickelt.
Die technischen Ferkelammen dienen dazu, die Ferkel ohne Mutter aufzuziehen. Die Geräte stehen entweder in einer freien Abferkelbucht oder in einem separaten Ammenabteil mit ca. 30°C Lufttemperatur. Der Platzbedarf pro System beträgt je nach Anzahl Fressplätze ca. 0,7 bis 1 m2. Die Geräte werden mit Milchaustauschern betrieben.
An die technische Amme sollten grundsätzlich immer die schwersten Ferkel einer Absetzgruppe gesetzt werden. Damit die Hygiene nicht leidet, muss der Trog spätestens 30 Sekunden nach dem Ausdosieren leer gefressen sein. Ein Knackpunkt der technischen Ammen ist die Tatsache, dass die erst wenige Tage alten Ferkel von der Sau getrennt werden. Die Kosten liegen bei rund 1500 bis 2000 € für eine Amme mit 20 bis 30 Fressplätzen.
Mobile Milchbeifütterungssysteme, sogenannte Milchtaxis, sind eine Alternative zu den technischen Ammen. Dank des Fahrgestells und des großvolumigen Vorratsbehälters können Landwirte die Milch zuerst in der Futterzentrale anrühren und dann per Lanze in die Anfütterungsschalen ausdosieren. Milchtaxis besitzen in der Regel einen Heizstab, sodass die Milch warm angeboten werden kann. Zudem bleiben die Ferkel bei ihren Müttern. Preislich bewegen sich Milchtaxis um 2500 €.
Der Mercedes unter den Beifütterungssystemen ist die vollautomatische Anlage. Es handelt sich dabei um eine Flüssigfütterung im Miniaturformat. Die Industrie bietet mittlerweile Cup- bzw. Tassensysteme oder Flüssigfütterungssysteme mit Futtertrog an. Während die Tassen (Cups) meist in der Bucht stehen, werden die Tröge platzsparend in die Buchtenwände integriert.
In beiden Fällen wird die Milch mehrmals täglich ausdosiert. Das Anmischen der Milch erfolgt in einem separaten Raum, von dort aus wird die Milch in einem Kreislaufsystem zu den Abferkelbuchten gepumpt. Auch bei dieser Variante bleiben die Ferkel bei den Sauen.
Knackpunkt sind für viele Betriebe die hohen Kosten. Der Preis liegt je nach Anlagengröße und Ausstattung bei mehreren Zehntausend Euro und ist damit deutlich höher als bei den anderen genannten Systemen.
Im Vergleich dazu ist der Einsatz einer Milchbar mit rund 600 € wesentlich preiswerter und platzsparender. Pionier auf diesem Gebiet ist die Firma Lax, sie hat die „Lax Milk Bar“ entwickelt.
Die Idee hinter dem Konzept ist: Es werden überzählige Ferkel aus anderen Würfen an eine Sau gesetzt und die Technik unterstützt die Sau. Dadurch müssen die Tiere nicht mutterlos aufwachsen. Außerdem muss kein zusätzlicher Raum bereitgehalten bzw. auf teure Ammensauen kann verzichtet werden. Dank der automatischen Zufütterung können deutlich mehr Ferkel dazugesetzt werden als die Sau Zitzen hat. Das Zusammenstellen der Gruppen an der Lax Milk Bar erfolgt am dritten Lebenstag. Dabei sollten möglichst große Ferkel zusammengestallt werden.
Milchbar für die Buchtenwand
Die gesamte, tragbare Technik wiegt nur 15 kg und wird bequem auf die Buchtentrennwand zwischen zwei Abferkelbuchten gesetzt. Das System besteht aus einem Vorratsbehälter mit 20 l Volumen und einer Umwälzpumpe. Über ein Leitungssystem wird die Milch zu zwei herkömmlichen Anfütterungsschälchen gepumpt. Sobald die Zeitschaltuhr die Pumpe ansteuert, wird Milch über einen stufenlos einstellbaren Timer ausdosiert.
Die Fachhochschule Soest wollte wissen, wie sich die Lax Milk Bar in der Praxis bewährt und hat dazu folgende Fragestellungen untersucht:
Wie viele Ferkel lassen sich in einer Bucht versorgen, wenn die Lax Milk Bar die Sau unterstützt?
Wie entwickeln sich die Gewichte unterschiedlich schwerer Ferkel?
Wie viel Milch bzw. Milchaustauscher wird verbraucht?
Welche Saugferkel bevorzugen lieber die Zitzen am Gesäuge der Muttersau und welche Tiere gehen lieber an die Milchbar?
23 abgesetzte Ferkel je Wurf
Wie Übersicht 1 zeigt, konnten in vier Durchgängen mit acht Würfen mithilfe der Lax Milk Bar knapp 23 Ferkel pro Wurf abgesetzt werden. Die Verluste lagen bei 8%, davon waren rund 80% Erdrückungsverluste. Auffällig ist, dass die Erdrückungsverluste im zweiten Durchgang in den Würfen 3 und 4 deutlich höher ausfielen als in den anderen Versuchsdurchgängen. Bei der Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass die Auswahl der Sau nicht optimal war und in der Praxis möglichst ruhige, mütterliche Sauen eingesetzt werden sollten.
Die Auswertungen ergaben außerdem, dass Ferkel mit höheren Geburtsgewichten erwartungsgemäß bessere Tageszunahmen und Absetzgewichte erreichten. Ferkel mit einem Geburtsgewicht von 2 bis 2,5 kg nahmen 235 g pro Tag zu und wogen beim Absetzen am 25. Lebenstag 6,8 kg. Ferkel mit einem Geburtsgewicht von 1,2 bis 1,6 kg hingegen erreichten nur 195 g tägliche Zunahmen und wogen beim Absetzen 5,7 kg.
Wie in Übersicht 2 zu sehen ist, vergrößern leichte Ferkel (durchschnittlich 1,5 kg Geburtsgewicht) ihr Gewicht um den Faktor 3,72. Schwere Saugferkel mit einem durchschnittlichen Geburtsgewicht von 2,1 kg dagegen nur um den Faktor 3,21. Das heißt: Ferkel mit einem vergleichsweise geringen Geburtsgewicht profitieren von der zusätzlichen Milchaufnahme über die Lax Milk Bar deutlich mehr als die schwereren Ferkel.
Der Verbrauch an Milchaustauscher lag im Mittel über alle ausgewerteten bzw. abgesetzten Ferkel hinweg bei 1,03 kg pro Tier und liegt damit im üblichen Rahmen. Auf einen Liter kommen dabei 150 g Milchaustauscher.
Kleine Ferkel bleiben länger
Um herauszufinden, welche Ferkel die Lax Milk Bar wie lange frequentieren, wurden Videoaufzeichnungen ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass sich leichte Ferkel zwischen 14 und 16 Minuten pro Tag an der Milchbar aufhalten, schwere Tiere hingegen nur zwischen 4 und 10 Minuten.
Trotz der kürzeren Aufenthaltsdauer an der Milchbar erreichten die schwereren Ferkel hohe Tageszunahmen von zum Teil deutlich über 400 g. Zu erklären ist das unter anderem durch die doppelte Milchration am Gesäuge der Sau und an der Lax Milk Bar, die sich die schwereren Ferkel immer wieder gegönnt haben.
Mehr Ferkel am Gesäuge
Die Frage, ob die Ferkel während der einzelnen Saugakte häufiger zwischen dem Gesäuge der Sau und der Milchbar wechseln, konnte klar beantwortet werden. Die Videobeobachtungen ergaben, dass rund zwei Drittel der Saugferkel bei allen Saugakten das Gesäuge nutzten und ein Drittel der Tiere die Milchschale bevorzugt haben (siehe Übersicht 3).
Dabei war die Verteilung der Ferkel über den Tagesverlauf sehr konstant. Von den 25 Ferkeln tranken bei allen 24 Saugakten immer zwischen 15 und 16 Ferkel am Gesäuge und 9 bis 10 Ferkel an der Milchbar.
marcus.arden@topagrar.com
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Eine Milchbar für Saugferkel hat viele Vorteile: Die Technik ist kompakt aufgebaut und vergleichsweise kostengünstig. Untersuchungen zeigen, dass sich damit bis zu 23 Ferkel pro Wurf aufziehen lassen.
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Prof. Dr. Martin Ziron, FH Soest
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Prof. Dr. Martin Ziron, FH Soest
Für die Wirtschaftlichkeit in der Sauenhaltung zählt jedes Ferkel. Kein Wunder, dass Landwirte mit allen Mitteln versuchen, die Anzahl der verkauften Ferkel pro Sau und Jahr zu maximieren. Viele Ferkelerzeugerbetriebe setzen inzwischen auf Beifütterungssysteme für Saugferkel. Das Ziel ist einerseits, jedes Ferkel ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen. Andererseits wollen die Landwirte durch den Einsatz die Muttersauen entlasten und mithilfe der Technik Arbeitszeit einsparen.
Verschiedene Ammenkonzepte
Die Industrie hat verschiedene Techniken auf den Markt gebracht und laufend weiterentwickelt.
Die technischen Ferkelammen dienen dazu, die Ferkel ohne Mutter aufzuziehen. Die Geräte stehen entweder in einer freien Abferkelbucht oder in einem separaten Ammenabteil mit ca. 30°C Lufttemperatur. Der Platzbedarf pro System beträgt je nach Anzahl Fressplätze ca. 0,7 bis 1 m2. Die Geräte werden mit Milchaustauschern betrieben.
An die technische Amme sollten grundsätzlich immer die schwersten Ferkel einer Absetzgruppe gesetzt werden. Damit die Hygiene nicht leidet, muss der Trog spätestens 30 Sekunden nach dem Ausdosieren leer gefressen sein. Ein Knackpunkt der technischen Ammen ist die Tatsache, dass die erst wenige Tage alten Ferkel von der Sau getrennt werden. Die Kosten liegen bei rund 1500 bis 2000 € für eine Amme mit 20 bis 30 Fressplätzen.
Mobile Milchbeifütterungssysteme, sogenannte Milchtaxis, sind eine Alternative zu den technischen Ammen. Dank des Fahrgestells und des großvolumigen Vorratsbehälters können Landwirte die Milch zuerst in der Futterzentrale anrühren und dann per Lanze in die Anfütterungsschalen ausdosieren. Milchtaxis besitzen in der Regel einen Heizstab, sodass die Milch warm angeboten werden kann. Zudem bleiben die Ferkel bei ihren Müttern. Preislich bewegen sich Milchtaxis um 2500 €.
Der Mercedes unter den Beifütterungssystemen ist die vollautomatische Anlage. Es handelt sich dabei um eine Flüssigfütterung im Miniaturformat. Die Industrie bietet mittlerweile Cup- bzw. Tassensysteme oder Flüssigfütterungssysteme mit Futtertrog an. Während die Tassen (Cups) meist in der Bucht stehen, werden die Tröge platzsparend in die Buchtenwände integriert.
In beiden Fällen wird die Milch mehrmals täglich ausdosiert. Das Anmischen der Milch erfolgt in einem separaten Raum, von dort aus wird die Milch in einem Kreislaufsystem zu den Abferkelbuchten gepumpt. Auch bei dieser Variante bleiben die Ferkel bei den Sauen.
Knackpunkt sind für viele Betriebe die hohen Kosten. Der Preis liegt je nach Anlagengröße und Ausstattung bei mehreren Zehntausend Euro und ist damit deutlich höher als bei den anderen genannten Systemen.
Im Vergleich dazu ist der Einsatz einer Milchbar mit rund 600 € wesentlich preiswerter und platzsparender. Pionier auf diesem Gebiet ist die Firma Lax, sie hat die „Lax Milk Bar“ entwickelt.
Die Idee hinter dem Konzept ist: Es werden überzählige Ferkel aus anderen Würfen an eine Sau gesetzt und die Technik unterstützt die Sau. Dadurch müssen die Tiere nicht mutterlos aufwachsen. Außerdem muss kein zusätzlicher Raum bereitgehalten bzw. auf teure Ammensauen kann verzichtet werden. Dank der automatischen Zufütterung können deutlich mehr Ferkel dazugesetzt werden als die Sau Zitzen hat. Das Zusammenstellen der Gruppen an der Lax Milk Bar erfolgt am dritten Lebenstag. Dabei sollten möglichst große Ferkel zusammengestallt werden.
Milchbar für die Buchtenwand
Die gesamte, tragbare Technik wiegt nur 15 kg und wird bequem auf die Buchtentrennwand zwischen zwei Abferkelbuchten gesetzt. Das System besteht aus einem Vorratsbehälter mit 20 l Volumen und einer Umwälzpumpe. Über ein Leitungssystem wird die Milch zu zwei herkömmlichen Anfütterungsschälchen gepumpt. Sobald die Zeitschaltuhr die Pumpe ansteuert, wird Milch über einen stufenlos einstellbaren Timer ausdosiert.
Die Fachhochschule Soest wollte wissen, wie sich die Lax Milk Bar in der Praxis bewährt und hat dazu folgende Fragestellungen untersucht:
Wie viele Ferkel lassen sich in einer Bucht versorgen, wenn die Lax Milk Bar die Sau unterstützt?
Wie entwickeln sich die Gewichte unterschiedlich schwerer Ferkel?
Wie viel Milch bzw. Milchaustauscher wird verbraucht?
Welche Saugferkel bevorzugen lieber die Zitzen am Gesäuge der Muttersau und welche Tiere gehen lieber an die Milchbar?
23 abgesetzte Ferkel je Wurf
Wie Übersicht 1 zeigt, konnten in vier Durchgängen mit acht Würfen mithilfe der Lax Milk Bar knapp 23 Ferkel pro Wurf abgesetzt werden. Die Verluste lagen bei 8%, davon waren rund 80% Erdrückungsverluste. Auffällig ist, dass die Erdrückungsverluste im zweiten Durchgang in den Würfen 3 und 4 deutlich höher ausfielen als in den anderen Versuchsdurchgängen. Bei der Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass die Auswahl der Sau nicht optimal war und in der Praxis möglichst ruhige, mütterliche Sauen eingesetzt werden sollten.
Die Auswertungen ergaben außerdem, dass Ferkel mit höheren Geburtsgewichten erwartungsgemäß bessere Tageszunahmen und Absetzgewichte erreichten. Ferkel mit einem Geburtsgewicht von 2 bis 2,5 kg nahmen 235 g pro Tag zu und wogen beim Absetzen am 25. Lebenstag 6,8 kg. Ferkel mit einem Geburtsgewicht von 1,2 bis 1,6 kg hingegen erreichten nur 195 g tägliche Zunahmen und wogen beim Absetzen 5,7 kg.
Wie in Übersicht 2 zu sehen ist, vergrößern leichte Ferkel (durchschnittlich 1,5 kg Geburtsgewicht) ihr Gewicht um den Faktor 3,72. Schwere Saugferkel mit einem durchschnittlichen Geburtsgewicht von 2,1 kg dagegen nur um den Faktor 3,21. Das heißt: Ferkel mit einem vergleichsweise geringen Geburtsgewicht profitieren von der zusätzlichen Milchaufnahme über die Lax Milk Bar deutlich mehr als die schwereren Ferkel.
Der Verbrauch an Milchaustauscher lag im Mittel über alle ausgewerteten bzw. abgesetzten Ferkel hinweg bei 1,03 kg pro Tier und liegt damit im üblichen Rahmen. Auf einen Liter kommen dabei 150 g Milchaustauscher.
Kleine Ferkel bleiben länger
Um herauszufinden, welche Ferkel die Lax Milk Bar wie lange frequentieren, wurden Videoaufzeichnungen ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass sich leichte Ferkel zwischen 14 und 16 Minuten pro Tag an der Milchbar aufhalten, schwere Tiere hingegen nur zwischen 4 und 10 Minuten.
Trotz der kürzeren Aufenthaltsdauer an der Milchbar erreichten die schwereren Ferkel hohe Tageszunahmen von zum Teil deutlich über 400 g. Zu erklären ist das unter anderem durch die doppelte Milchration am Gesäuge der Sau und an der Lax Milk Bar, die sich die schwereren Ferkel immer wieder gegönnt haben.
Mehr Ferkel am Gesäuge
Die Frage, ob die Ferkel während der einzelnen Saugakte häufiger zwischen dem Gesäuge der Sau und der Milchbar wechseln, konnte klar beantwortet werden. Die Videobeobachtungen ergaben, dass rund zwei Drittel der Saugferkel bei allen Saugakten das Gesäuge nutzten und ein Drittel der Tiere die Milchschale bevorzugt haben (siehe Übersicht 3).
Dabei war die Verteilung der Ferkel über den Tagesverlauf sehr konstant. Von den 25 Ferkeln tranken bei allen 24 Saugakten immer zwischen 15 und 16 Ferkel am Gesäuge und 9 bis 10 Ferkel an der Milchbar.