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45 000 km im Jahr auf Achse

Lesezeit: 6 Minuten

Familie Göbels vom Lentholter Hof beliefert 15 Metzger im Rheinland. Sieben Tage in der Woche ist Carsten Göbels mit seinem Viehtransporter oder Kühl-Lkw unterwegs.


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Vor einem Jahr stand Familie Göbels aus Erkelenz-Lentholt im Rheinland vor einer zukunftsweisenden Entscheidung. Die Familie bewirtschaftet einen Betrieb mit 64 ha Ackerbau und 150 Sauen, seit 2012 im Geschlossenen System mit 1 300 Mastplätzen.


Am Neujahrstag erfuhren Wolfgang Göbels (53) und sein Sohn Carsten (23), dass der Heinsberger Agrarhandel plant, seine Schweinevermarktung im Zuge einer Fusion mit zwei weiteren Landhändlern zum 1. Juli 2015 abzustoßen.


Über den Agrarhandel vermarkteten Göbels bis dahin jährlich mehr als 1 500 Schweine an Metzgereien. Dafür holte ein Mitarbeiter des Agrarhandels die Schlachtschweine am Hof ab, fuhr sie zum Schlachthof und verteilte anschließend die Hälften an die Metzgereien.


Wolfgang Göbels war der einzige Lieferant für diese lukrative Metzgervermarktung. Würde sie wegbrechen, ginge ihm ein Zuschlag von 15 Cent pro kg Schlachtgewicht flöten. Was also tun, fragte sich die Familie im Frühjahr 2015.


Junior leitet Vermarktung.

An­fang April entschieden sich die Göbels schließlich, die Schweinevermarktung in Eigenregie fortzuführen. Denn es passte gut, dass Hofnachfolger Carsten Göbels im Juni die landwirtschaftliche Fachschule abschließen und sowieso in den Betrieb einsteigen wollte. Der frisch­gebackene Agrarbetriebswirt sollte das Vermarktungsunternehmen un-ter der neuen Marke „Lentholter Hof Qualitätsfleisch“ leiten.


Doch zunächst hieß es büffeln in der Fahrschule. In einem Intensivkurs erwarb Carsten Göbels den Lkw-Führerschein. Anschließend begleitete er zwei Monate lang den Vieh- und Fleischhändler Helmut Hohl, der sich bis dato um die Schweinevermarktung vom Heinsberger Agrarhandel kümmerte.


So lernte Carsten Göbels die wöchent­liche Route, alle Metzgereien, den Schlachthof Siemes im 30 km entfernten Viersen und den kleineren Schlachthof Schrievers im 45 km entfernten Kaldenkirchen kennen. Er erfuhr, worauf er beim Anzeichnen der Schweine im Stall und beim Aussuchen der Hälften am Schlachthof achten muss, um den unterschiedlichen An-­sprüchen der Metzger gerecht zu werden.


Während er die Tiere im Stall heute überwiegend mit dem Auge auswählt, beurteilt er die Schlachthälften hauptsächlich nach Magerfleischanteil, Ge-wicht und/oder Speckauflage. Die Metz­gerschweine haben im Schnitt ein Schlachtgewicht von 95 kg, wobei das je nach Vorliebe der Metzger sehr stark schwanken kann.


„Im Prinzip bekommt jeder Metzger ein anderes, nach den individuellen Wünschen ausgewähltes Schwein“, er­klärt Carsten Göbels. Damit die Qualität von vornherein passt, setzen Vater und Sohn nur top geprüfte Eber ein. Zudem haben sie sich für den Bezug von zugekauften Jungsauen und damit gegen die Wechselkreuzung entschieden, damit auch auf der Mutterseite keine großen Schwankungen auftreten.


Mediendesigner erstellt Logo.

Parallel zur Einarbeitungszeit beauftragte die Familie einen Mediendesigner mit dem Entwurf eines Betriebs-Logos, einer Homepage und eines Flyers. Das Logo prangt nun auch auf dem Brief­papier, den Lieferscheinen und mithilfe einer Klebefolie auf dem Kühl-Lkw. Für die Arbeit des Mediendesigners nahm die Familie rund 1 500 € in die Hand. Und den 15 Jahre alten Viehtransporter sowie den drei Jahre alten Kühl-Lkw des Heinsberger Agrarhandels leaste Carsten Göbels über seine Hausbank.


Am 22. August war es dann soweit: Im Rahmen eines Hoffestes feierte Familie Göbels offiziell den Einstieg in die eigene Viehvermarktung. Dazu hatte sie auch alle Metzger und die regionale Presse eingeladen.


Wolfgang Göbels führte die Metzger in zwei Gruppen durch die Ställe und erklärte Aufzucht und Mast der Schweine. „Die Metzger waren positiv überrascht, wie es in einem modernen Stall aussieht“, erinnert sich der Landwirt. Es gab Kommentare wie „die liegen aber schön“ oder „sehen die sauber aus“.


Das Interesse war groß, sodass jede Stallführung deutlich länger als eine Stunde dauerte. Für Fragen zur Gesundheit der Tiere und zum Antibiotika­einsatz stand der Tierarzt des Lentholter Hofes Rede und Antwort. Doch dank des Einsatzes von Probiotika führt Wolfgang Göbels in der Mast – wenn überhaupt – nur Einzeltierbehandlungen durch.


50 % der Schweine an Metzger:

Seit einem guten halben Jahr beliefert Carsten Göbels nun 15 Metzger in einem Umkreis von 30 km rund um den Betrieb. Feste Verträge bestehen mit den Metzgereien nicht. Teilweise sind die wöchentlichen Mengen fest, teilweise erfolgt die Bestellung kurzfristig per Telefon.


Je nach Menge, Sortierung und Anfahrt variieren die Preise von Metzger zu Metzger. Klar ist allerdings, dass Carsten Göbels die Mastschweine vom Betrieb seines Vaters mit 15 Cent über Notierung vergütet. Knapp 50 % der Schweine gehen in die Metzger­vermarktung – überwiegend sind es natürlich die weiblichen. Alle restlichen Schweine werden „normal“ über den Schlachthof in Viersen geschlachtet und vermarktet.


Carsten Göbels beliefert den Viersener Schlachtbetrieb jeden Freitag mit Metzgerschweinen und restlichen „normalen“ Schweinen. Nach mindestens 12-stündiger Transportruhe ist er samstags bei der Schlachtung dabei, um passende Schlachthälften herauszusuchen. Die gekühlten Hälften verteilt er dann am Montag an seine Kunden.


Den zweiten Schlachthof in Kaldenkirchen steuert der junge Viehhändler jeden Sonntag und Dienstag mit Schweinen an. Montags bzw. mittwochs wählt er auch hier während der Schlachtung die passenden Schlachthälften für seine Kunden aus. Die Hälften verteilt er dann gekühlt am Dienstag bzw. Donnerstag.


Papierkram macht Arbeit.

Damit ist Carsten Göbels jeden Tag in puncto Vieh- und Fleischvermarktung auf Achse. Doch nicht nur das Auswählen und Fahren der Schweine und Hälften macht Arbeit, auch der Papierkram hinterher will erledigt sein.


Der junge Unternehmer füllt dann Fahrtenbücher aus, schreibt Rechnungen, trägt die Tiere in der HIT-Datenbank aus und, und, und. „Insgesamt ist es mehr Arbeit als wir erwartet hatten“, bilanziert Wolfgang Göbels.


Daher ist es gut, dass derzeit auch der fest angestellte Mitarbeiter einen Lkw-­Führerschein macht. Diese Fortbildung bezahlt übrigens zur Hälfte die Arbeitsagentur im Rahmen des sogenannten Programms „WeGebAU“. Der Mitarbeiter soll Carsten Göbels künftig entlasten, sodass der junge Landwirt mal einen Tag frei machen oder Urlaub nehmen kann.


Zudem wollen Vater und Sohn die Vermarktung noch weiter ausbauen. Dafür hat sich Carsten Göbels bereits bei anderen Metzgern vorgestellt und sie über ihre Schweineerzeugung und -vermarktung informiert.


„Einige wenige Anfragen liegen bereits vor, dennoch läuft die Neukundengewinnung schwieriger an als erwartet – und das, obwohl doch alle Welt ständig von Regionalität redet“, wundert sich Wolfgang Göbels. Dennoch lassen er und sein Sohn nicht locker. Schließlich wollen sie die beiden Lkws stärker auslasten.


Insgesamt ist die Familie überzeugt, vor einem Jahr die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Auch wirtschaftlich lohne sich das Vermarktungsunternehmen, so Carsten Göbels. Für ihn und seine Eltern steht fest: „Statt noch mehr Schweine zu halten, bauen wir lieber die Vermarktung weiter aus.“ Regina Imhäuser

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