Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Ackerbauern Rohgülle „schmackhaft“ machen

Lesezeit: 5 Minuten

Noch scheuen sich viele Ackerbauern, ihre Flächen mit Rohgülle zu düngen. Dabei hat die Nutzung von Gülle ihren Reiz, meint Dr. Horst Cielejewski von der LWK Nordrhein-Westfalen.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Viele Landwirte schrecken vor dem hohen technischen Aufwand der Gülleseparation zurück. Sie würden viel lieber Rohgülle abgeben. Macht das Sinn?


Dr. Cielejewski: Ein Problem ist, dass beim Export von Rohgülle das Verhältnis zwischen N und P nicht optimal ist.


Während der Nährstoffanfall üblicherweise im Verhältnis 1 : 0,6 (N zu P) liegt, können die Flächen langfristig nur in einem Verhältnis von 1 : 0,4 (170 kg N zu 70 kg P) aus der Tierhaltung gedüngt werden. Das heißt: Beim Export von Rohgülle wird aufgrund der P-Überhänge mehr Stickstoff weggefahren als eigentlich erforderlich wäre. Der zu viel exportierte Stickstoff muss dann durch Mineraldünger ersetzt werden.


Welchen Betrieben würden Sie trotzdem raten, Rohgülle abzugeben?


Dr. Cielejeweski: Der Export von Rohgülle zu Ackerbaubetrieben bietet sich häufig für Veredlungsbetriebe an, die nur relativ geringe Mengen überbetrieblich verwerten müssen. Für diese Betriebe wäre die Separation zu teuer, da z. B. die Rüstkosten enorm steigen.


Warum sollten sich Ackerbauern auf das Abenteuer Rohgülle einlassen?


Dr. Cielejewski: Für Ackerbaubetriebe gibt es mehrere Vorteile: Der größte Vorteil gegenüber der Mineraldüngung ist, dass mit dem Wirtschaftsdünger Mikronährstoffe und organisches Material mitgeliefert wird, das der Bodenstruktur zugute kommt. Viele Ackerbaubetriebe haben zusehends große Probleme mit strukturschwachen, humusarmen Böden.


Zweiter Vorteil: Im Hinblick auf die Verteilgenauigkeit funktioniert die Düngung mit Gülle mittlerweile genauso gut wie die Verteilung von Mineraldünger. Moderne Güllefässer können zudem mit NIR-Sensoren zur Analyse des N-Gehalts in der Gülle in Echtzeit ausgerüstet werden, sodass man immer genau sieht, welche Nährstoffmengen aktuell ausgebracht werden. Auch die Steuerung der Ausbringung nach N-Menge pro ha ist heute möglich.


In welchen Regionen macht der Export von Rohgülle Sinn?


Dr. Cielejewski: In viehstarken Veredlungsregionen wie im Münsterland oder Cloppenburg/Vechta macht das Konzept sicherlich wenig Sinn, da es kaum noch freie Ackerflächen gibt. In diesen Regionen müssen die Nährstoffüberschüsse in der Regel über weite Fahrtstrecken exportiert werden. Für Betriebe, die in Veredlungsgebieten liegen, bietet sich eher die Separation der Rohgülle an.


Anders ist die Situation z. B. in Schleswig-Holstein oder den neuen Bundesländern, wo der viehlose Ackerbau weit verbreitet ist. Dort gibt es noch reichlich freie Ackerflächen, die in erreichbarer und damit transportwürdiger Nähe zu den Veredlungsbetrieben liegen. Man findet aber auch in den Ackerbauregionen in Nordrhein-Westfalen oder in Niedersachsen noch freie, verfügbare Flächen.


Die Gülleausbringung ist stark witterungsabhängig, Gülle muss also „just in time“ verfügbar sein. Wie soll das logistisch gehen?


Dr. Cielejewski: Diesem Problem kann man aus dem Weg gehen, indem Lagerkapazitäten in den Ackerbauregionen geschaffen werden. Dann könnte man das ganze Jahr über Rohgülle aus den Veredlungsbetrieben wegfahren und zwischenlagern.


Bei kurzen Hof-Feld-Entfernungen bis 10 km kommen Schlepper und Ausbringfass infrage. Bei weiteren Strecken sollte man auf Fuhrunternehmen mit speziellen Lkw zurückgreifen.


Welche Kosten entstehen bei der Abgabe von Rohgülle? Wer zahlt?


Dr. Cielejewski: Häufig wird ein Abgabepreis je Kubikmeter ausgehandelt. Bei der Preisgestaltung stark berücksichtigt wird die Wertigkeit des Düngers Gülle. Mastschweinegülle enthält mehr N und P als Sauengülle, sie ist somit interessanter für die Abnehmer. Natürlich spielt auch die Transportentfernung eine Rolle, je 10 km muss mit 1 € je m3 kalkuliert werden.


In der Regel wird der abgebende Betrieb den Großteil der Kosten tragen müssen, schließlich hat er das Überschussproblem. In der Praxis beteiligen sich aber auch aufnehmende Betriebe bereits an den Kosten, denn vor allem im Frühjahr ist Gülle begehrt.


Preisspielraum besteht, wenn der Lohnunternehmer die Gülle immer dann abfahren kann, wenn seine Transportfässer nicht anderweitig gebraucht werden. Also zum Beispiel im November, Dezember oder bis Mitte Januar bzw. in den Monaten unmittelbar vor der Ernte, wenn weitere Überfahrten auf dem Feld nicht mehr möglich sind


Bringt dem Ackerbauern das Düngekonzept „Gülle“ finanzielle Vorteile?


Dr. Cielejewski: Ein Lagerbehälter kostet ca. 40 € je m3, bei 8 % Jahreskosten inklusive Reparatur und Zins sind das 3,20 € pro m3. Für die Ausbringung kommen weitere 1,80 bis 2 € je m3 hinzu, sodass für den Ackerbauern Gesamtkosten von 5 bis 6 € je m3 entstehen.


Bei einem Düngewert zwischen 6 und 8 € je m3 Mastschweinegülle lohnt sich das Geschäft für viele Ackerbauern also durchaus. Er hat dann rund 2 € je m³ Gülle gegenüber der Mineraldüngung eingespart. Bei einer Ausbringmenge von 25 m3 je ha sind das ca. 50 € pro ha oder 5 000 € bei 100 ha.


Wer sollte den Lagerbehälter bauen, der Veredler oder der Ackerbauer?


Dr. Cielejewski: Wenn der Ackerbauer den Behälter baut, kann er auch an andere Veredler, Lohnunternehmen oder Güllebörsen herantreten und seine Lagerkapazitäten anbieten. Auch eine finanzielle Beteiligung von Lohnunternehmern oder Güllebörsen ist denkbar.


Baut hingegen der Veredler den Lagerbehälter in der Ackerbauregion, hat er zum einen eine sichere Lager-kapazität. Zum anderen kann er seine Gülle dann auch an andere umliegende Ackerbaubetriebe vermarkten. Beides ist also möglich.


Genehmigen die Behörden Güllebehälter in Ackerbauregionen?


Dr. Cielejewski: In vielen Ackerbauregionen gibt es noch immer Vorbehalte gegen den Bau von Behältern, auch von Seiten der Genehmigungsbehörden. Das widerspricht jedoch dem Kreislaufwirtschaftsgedanken. Hier müssten die Kommunen bzw. Landkreise dringend umdenken und den Bau von Lagerstätten erleichtern.

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.