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Rohfaser ist wichtig für die Verdauung, die Gesundheit und das Wohl der Schweine. Doch wie bekommt man preiswert die richtigen Ballaststoffe ins Schwein? Ein Überblick von Prof. Dr. Petra Wolf.

Lesezeit: 8 Minuten

Rohfaser ist wichtig für die Verdauung, die Gesundheit und das Wohl der Schweine. Doch wie bekommt man preiswert die richtigen Ballaststoffe ins Schwein? Ein Überblick von Prof. Dr. Petra Wolf, Uni Rostock.


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Zu keiner Zeit wurde intensiver über Rohfaser in der Schweinefütterung diskutiert als heute. Und das hat gute Gründe, denn die „Ballaststoffe“, wie die Faserstoffe im Humanbereich gern genannt werden, bieten zahlreiche Vorteile:


  • Strukturfutter dient den Schweinen als Beschäftigungsmaterial, wenn es darum geht, das Tierwohl zu verbessern und Schwanzbeißen vorzubeugen.
  • Darüber hinaus kann der Einsatz von Rohfaser das Risiko von Magengeschwüren mindern. Denn ein ausreichender Fasergehalt und eine optimale Struktur des Futters führen zu einer besseren Schichtung im Magen. Auf diese Weise wird der Eingangsbereich des Magens vor Magensäure geschützt.
  • Auch bei der Antibiotika-Reduktion spielt Strukturfutter eine wichtige Rolle. Denn die unlöslichen Fasern regen die Darmperistaltik an. Dadurch werden unerwünschte Keime schneller ausgeschieden.
  • Zudem werden bei der mikrobiellen Umsetzung der löslichen Fasern flüchtige Fettsäuren frei, die sich positiv auf die Mikroflora und die Darmgesundheit auswirken. Die Gefahr von Ferkeldurchfällen ist reduziert, sodass weniger Antibiotika nötig sind.


Fasern regulieren die Verdauung:

Faserstoffe sind für eine geregelte Verdauung und die damit verbundenen Stoffwechselvorgänge unverzichtbar. Beim Schwein findet die Verdauung in erster Linie durch körpereigene Enzyme im Dünndarm statt. Rohfaser spielt dabei zunächst keine Rolle, denn für deren Verdauung fehlen dem Schwein die passenden Enzyme. Deshalb wird der größte Teil der Rohfaser in den Dickdarm transportiert und dort durch Mikroben zersetzt.


Eine der ernährungsphysiologisch wichtigsten Wirkungen der Rohfaser ist die Füllung des Magen-Darm-Traktes. Das ist besonders für tragende Sauen wichtig. Denn die Faserstoffe sättigen und beruhigen die Schweine. Außerdem weitet ein ausreichendes Angebot an quellbaren Faserkomponenten den Magen-Darm-Trakt der Sauen und bereitet ihn so auf einen höheren Futterverzehr während der Laktation vor.


Das wiederum wirkt sich positiv auf die Wurf-Absetzgewichte aus. Werden während der Tragezeit quellbare Rohfaserträger eingesetzt, erhöht sich dadurch die Kolostrumproduktion im Vergleich zu rohfaserärmeren Rationen um bis zu 15%. In Kombination mit den höheren Verzehrsmengen während der Laktation und der besseren Milchleistung führt dies tendenziell zu höheren Absetzgewichten bei den Ferkeln.


In diesem Zusammenhang ist auch die Sattfütterung interessant. Tragende Sauen, denen ad libitum ein Futter mit höheren Anteilen an Trockenschnitzeln angeboten wird, sind weniger aggressiv und weisen weniger Verletzungen auf als Sauen, die herkömmliches Tragefutter bekommen. Und darunter muss die Leistung nicht leiden, wie Untersuchungen zeigen. Das ist gerade für die Gruppenhaltung interessant.


Verstopfungen vorbeugen:

Darüber hinaus sorgt das Verfüttern verdaulicher Gerüstkohlenhydrate dafür, dass der Darm der Schweine in Bewegung bleibt. So werden Verstopfungen vermieden. Das ist gerade unmittelbar vor der Geburt enorm wichtig. Denn bei vermindertem Kotabsatz bzw. Verstopfung kann es zur Bildung von Edotoxinen kommen, die die Darmschranke passieren und das MMA-Risiko erhöhen, also die Gefahr, dass die Sauen unter Gesäuge- oder Gebärmutterentzündungen und Milchmangel leiden.


Das Einmischen rohfaserhaltiger Futtermittel senkt zudem die Energiedichte der Ration. Das verhindert, dass die Sauen verfetten und unter Geburtsschwierigkeiten leiden. Leichtere und kürzere Geburten erhöhen wiederum der Überlebensrate der Ferkel.


Außerdem kommt Rohfaser der Darmgesundheit zugute. Denn lösliche Rohfaserbestandteile ermöglichen eine Fermentation durch Mikroorganismen im hinteren Verdauungstrakt. Deshalb wird auch von der bakteriell fermentierbaren Substanz (BFS) gesprochen.


Die dabei entstehenden flüchtigen Fettsäuren Acetat, Propionat und Butyrat sorgen nicht nur für eine moderate Absenkung des pH-Wertes im Dickdarm. Sie dienen den Mikroorganismen und der Darmschleimhaut gleichzeitig auch als Nährsubstrat. Insbesondere Butyrat ist für die Darmschleimhaut eine Energiequelle und stimuliert die Zellbildung im Darmepithel.


8% Rohfaser für Sauen:

Laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen tragende Jung- und Altsauen bis eine Woche vor dem zu erwartenden Abferkeltermin ein Alleinfutter erhalten, das in der Trockenmasse mindestens 8% Rohfaser enthält. Oder es muss über die Rationsgestaltung gewährleistet sein, dass jede tragende Sau täglich mindestens 200g Rohfaser aufnimmt.


Entscheidend ist, wie sich die Rohfaser zusammensetzt. Denn die verschiedenen Arten von Ballaststoffen können ganz unterschiedliche Wirkungen im Verdauungstrakt des Schweines hervorrufen. In Übersicht 2 sind z.B. die Empfehlungen für die Versorgung mit neutraler (NDF) und saurer Detergentienfaser (ADF) aufgelistet (Erklärung im Kasten links). Dabei handelt es sich zwar nur um vorläufige Empfehlungen, denn die Datengrundlage ist noch gering. In der Praxis haben sich die Richtwerte aber bereits bestens bewährt.


Um die Rationen passend zusammenstellen zu können, muss man jedoch die Inhaltsstoffe der Faserträger kennen. In Übersicht 3 sind beispielhaft die Gehalte an Strukturkohlehydraten der wichtigsten Rfa-Träger aufgelistet. Der Blick in die Tabelle macht schnell deutlich, dass sich der empfohlene NDF-Gehalt von 200 g je kg Tragendfutter mit Gerste allein nicht erreichen lässt. Hier müssen darüber hinaus noch spezielle Rohfaserträger eingemischt werden.


Häufig genutzte Faserträger:

Meistens werden zum Aufwerten des Rohfasergehaltes Kleien, Trockenschnitzel, Raps- bzw. Sonnenblumen-Extraktionsschrot, Grünmehl oder auch Trester eingemischt. Übersicht 4 zeigt eine Auswahl häufig verwendeter Rohfaserträger mit den üblichen Mischungsanteilen in Futtermitteln für Schweine.Die Auswahl der Rohfaserkomponenten orientiert sich auch an Veränderungen am Futtermittelmarkt. So geht in Deutschland – soweit es überhaupt erlaubt ist – der Grünlandanteil stetig zurück, während im Ackerbau vor allem der Getreide-, Mais- und Rapsanbau zunimmt. Durch den Einsatz von Rapsprodukten und Trockenschlempen will man vor allem die Kosten drücken, ohne bei der Rohfaserversorgung Abstriche zu machen.


Darüber hinaus kommen aber auch immer häufiger Rohfaserkonzentrate oder Fasermixe zum Einsatz. Rohfaserkonzentrate werden auf der Basis von Holz hergestellt und weisen eine homogene, standardisierte Zusammensetzung auf. Da sie 60 bis 70% Rohfaser enthalten, reichen bereits geringe Anteile, um die Schweine mit den notwendigen Ballaststoffen zu versorgen. Dabei kann 1% Rfa-Konzentrat durchschnittlich 5 bis 8% herkömmlicher Strukturfutterkomponenten ersetzen. Da Konzentrate nahezu keine Mineralstoffe enthalten, führen sie auch nicht zu einer Verschiebung der Kationen-Anionen-Bilanz (KAB) oder zu einer Alkalisierung des Sauenharns. Und sie sind aufgrund des fehlenden Phosphorgehaltes auch für nährstoffreduzierte RAM-Futtermittel interessant.


Typische Vertreter dieser Rohfaser-Konzentrate sind Produkte auf der Basis von Lignocellulose. Wobei man zwischen Produkten unterscheiden muss, die fast ausschließlich unverdauliche Faserbestandteile enthalten wie z.B. Arbocell und Konzentraten, die aus einer Kombination aus unverdaulichen und fermentierbaren Faserbestandteilen bestehen wie z.B. Opticell.


Nicht am falschen Ende sparen!

Obwohl der Gesetzgeber Mindestgehalte vorgibt und sich Ballaststoffe positiv auf die Gesundheit tragender Sauen auswirken, findet man immer häufiger Futterrationen, die nicht die nötigen Fasergehalte aufweisen. Denn die Preise für Rfa-Träger sind rapide gestiegen. In Übersicht 5 sind beispielhaft die Kosten klassischer Rfa-Träger im Vergleich zu Getreide dargestellt.


Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage am Schweinemarkt suchen Landwirte und Berater daher händeringend nach preisgünstigen Alternativen. Unter anderem wird über den Einsatz von Miscanthus diskutiert, das aufgrund seiner hohen Flächenerträge (15 bis 20 t TM/ha) sehr interessant ist. Bisher untersuchte Proben wiesen allerdings einen erheblichen Gehalt an Zearalenon auf. Aus diesem Grund ist vor allem bei Sauen vom Verfüttern von Miscanthus abzuraten. Selbst erzeugte rohfaserreiche Futtermittel wie Maissilage oder Stroh gewinnen dagegen wieder an Bedeutung – zumindest wenn sie in Kombination mit entsprechenden Ergänzungsfuttern angeboten werden, um die Aminosäuren- und Mineralstoffversorgung sicherzustellen.


Maissilage fand lange Zeit aus arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Gründen wenig Beachtung. Denn die Silage musste in der Regel von Hand vorgelegt werden. Zudem besteht wegen der geringen Verbrauchsmengen die Gefahr, dass die Silage an der Anschnittfläche nachgärt und sich erwärmt. Da jedoch auch die Sauen haltenden Betriebe immer größer werden und zum Teil in Kombination mit einer Biogasanlage betrieben werden, tritt dieses Problem ein wenig in den Hintergrund.


In letzter Zeit wird Maissilage immer häufiger vermahlen und dann ins Flüssigfutter eingemischt. Der Fasergehalt und die in der Silage enthaltene Milchsäure führen dabei zu einer günstigen Kotqualität. Das vermindert das MMA-Risiko. In Untersuchungen konnte die MMA-Gefahr durch das Einmischen von rund 40% Maissilage in die Ration deutlich gesenkt werden.


Hygienische Probleme?

In jedem Fall muss die hygienische Qualität der eingesetzten Ballaststoffe stimmen. Das gilt besonders für die Sauenfütterung. Bei Aufnahme von Stroh kann es zum Beispiel zu einer Mykotoxinbelastung und Fruchtbarkeitsschäden kommen, wenn das Stroh Schimmelpilze enthält.Aber auch normale chemische und ernährungsphysiologische Eigenschaften können den Einsatz des jeweiligen Rohfaserträgers begrenzen. Trockenschnitzel enthalten z.B. Pektine und Zucker. Hohe Einsatzmengen machen den Kot der Tiere schmierig-klebrig, sodass der Stallboden rutschig werden kann. Deshalb sollten Trockenschnitzel maximal 20% der Ration ausmachen. In Übersicht 5 sind die Faktoren, die den Einsatz gängiger Rfa-Träger limitieren, aufgelistet. Sonnenblumen-Extraktionsschrot sollte z.B. nur 10% der Ration ausmachen, da es einen hohen Phos-phorgehalt aufweist und hygienisch bedenklich sein kann. Bei Grünmehl sind es dagegen die hohen Kalium- und Kalziumgehalte, die zu einem Kationenüberschuss führen können, der den Harn alkalisch macht. Deshalb sollte Grünmehl zu maximal 20% in die Ration eingemischt werden.

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