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Auch die Jungsauen gegen Mykoplasmen impfen

Lesezeit: 7 Minuten

One oder Two Shot? Wann sollte man impfen, und warum darf man dabei die Jungsauen nicht vergessen? Unser Autor beantwortet die wichtigsten Fragen zur Mykoplasmenimpfung.


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Unser Autor


Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen.


Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen.


Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen.


Trockener, krächzender Husten: Das ist das typische Krankheitsbild der Ferkelgrippe, der Enzootischen Pneumonie (EP). Verursacht wird sie durch den Erreger Mycoplasma hyopneumoniae, der weltweit verbreitet ist. Man findet ihn inzwischen in nahezu 90% aller Schweinebestände.


Es gibt die akute und die chronische Form der Enzootischen Pneumonie. Die akute Variante tritt vor allem in Herden auf, die vorher noch nie Kontakt mit dem Erreger hatten. Klinisch können die Tiere völlig unauffällig sein. Typisch ist nur der trockene Husten zwei bis vier Wochen nach der Infektion.


Da sich die kleinen Ferkel bereits innerhalb der ersten Lebenstage an der Sau infizieren, sind von der akuten Form vor allem Saug- und Absetzferkel in frisch infizierten Herden betroffen.


Meist chronische Form


Weitaus häufiger beobachtet man dagegen die chronische Form: Lang anhaltender Husten, der durch andere bakterielle oder virale Sekundärerreger wie PRRS- und Influenzaviren, APP, Haemophilus parasuis, Pasteurellen, Streptokokken oder Bordetellen meistens noch verkompliziert wird.


Die Mykoplasmen sind unterschwellig ständig im Bestand vorhanden. Da die Ferkel über die in der Biestmilch enthaltenen Antikörper nur für kurze Zeit geschützt sind, infizieren sie sich je nach Erregerdruck früher oder später. Und sobald die Tiere durch Umstallen oder Transport gestresst werden, kommt die Erkrankung zum Ausbruch.


Akut erkrankte Tiere werden nach einem entsprechenden Resistenztest antibiotisch behandelt. Die meisten Ferkelerzeuger sind inzwischen dazu übergegangen, die Ferkel vorbeugend gegen den Erreger zu impfen. Dadurch ist die Mykoplasmeninfektion als eigenständige Erkrankung, aber auch als Wegbereiter für andere bakterielle und virale Erkrankungen der Lunge, etwas in den Hintergrund getreten.


Rund um die Impfung gibt es allerdings noch etliche heiß diskutierte Fragen: Bietet die arbeitssparende Einmalimpfung (One Shot) ausreichenden Schutz für die Ferkel? Oder sollte man sicherheitshalber doch zweimal (Two Shot) impfen? Wann ist der optimale Impfzeitpunkt? Wie wichtig ist es, auch die Jungsauen zu vakzinieren? Und wie können Mäster überprüfen, ob die Mykoplasmenimpfung ordnungsgemäß durchgeführt wurde?


Was kann die Mykoplasmenimpfung? Sie bewirkt eine deutliche Verminderung der Krankheitssymptome. Die Spitzenlappen der Lungen werden nach erfolgreicher Impfung weniger stark geschädigt. Und das wirkt sich positiv auf die Leistung der Tiere aus. Zunahmen und Futterverwertung steigen.


Impfungen können zudem die „Lungengesundheit“ verbessern, sodass die Tiere weniger anfällig auf andere lungenpathogene Keime wie PRRS- oder Influenzaviren reagieren. Sie sind allerdings nicht in der Lage, die Infektion komplett zu verhindern oder den Erreger aus dem Bestand zu verdrängen. In der Übersicht sind die für Schweine zugelasse Mykoplasmenimpfstoffe aufgelistet. Die One Shot-Vakzinen sollen bereits nach einmaliger Anwendung einen ausreichenden Schutz bieten. Ihr Vorteil: Weniger Stress für die Schweine und Arbeitsersparnis für den Landwirt. Daneben werden jedoch nach wie vor auch die klassischen Two Shot-Impfstoffe angeboten. Sie bieten erst nach zweimaliger Anwendung entsprechenden Schutz.


Der optimale Impftermin


Bei den Einmalimpfstoffen kommt es darauf an, die eine Impfchance, die man hat, gut zu nutzen. Die Wahl des Impfzeitpunktes ist bei den Einmalimpfstoffen daher noch wichtiger ist als bei Two Shot-Vakzinen. Während die Zweifachimpfung in der Regel in der ersten und letzten Säugewoche durchgeführt wird, sollten One Shot-Impfstoffe entweder in der ersten oder ab der dritten Säugewoche angewendet werden.


Die Impfstoffhersteller begründen ihre Impfempfehlungen unterschiedlich. Die Verfechter der frühen Impfung argumentieren, dass die Infektion u.U. schon früh erfolgt und eine Impfung ab der dritten Lebenswoche zu spät käme. Und die Verfechter des späteren Impftermins führen ins Feld, dass die Muttermilch bei der frühen Impfung noch zu viele mütterliche Antikörper enthält, die dann eine aktive Immunisierung der Ferkel unterdrücken.


Der Streit, der darüber vor drei Jahren öffentlich geführt wurde, hat bisher keinen eindeutigen Sieger hervorgebracht. Und auch um die Diskussion, welches Lösungsmittel besser ist – wäss-rig, Öl-in-Wasser bzw. Emulsion oder Suspension – ist es inzwischen ruhiger geworden.


In der Praxis wissen vermutlich die wenigsten Ferkelerzeuger den genauen Mykoplasmen-Infektionszeitpunkt in ihren Betrieben. Und da es nach der Impfung immer noch mindestens drei Wochen dauert, bis sich ein entsprechender Impfschutz aufgebaut hat, werden vermutlich auch bei der Zweifach-Impfung immer wieder Tiere ohne ausreichenden Impfschutz auftauchen. Für die One Shot-Impfung hat sich inzwischen die dritte Lebenswoche als optimaler Impfzeitpunkt herauskristallisiert. In Problembeständen sollten jedoch in jedem Fall neben der Impfung auch Stressfaktoren wie eine zu hohe Belegdichte, das Stallklima, Ernährungsfehler und das Management gecheckt werden. Typische Stressfaktoren, die das Entstehen der Enzootischen Pneumonie begünstigen können, sind in der Checkliste auf Seite S12 aufgelistet.


Impfschutz kontrollieren?


Wenn Ferkel trotz Impfung erkranken, äußern Mäster mitunter den Verdacht, dass die Mykoplasmenimpfung vom Ferkelerzeuger nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Und sie erkundigen sich, ob man den Impferfolg anhand von Blutproben kontollieren kann.


Die Antwort lautet jedoch ganz klar „nein“! Denn selbst bei früher Impfung dauert es bis zu 70 Tage, bis mit dem herkömmlichen ELISA-Verfahren ein deutlicher Antikörperanstieg zu beobachten ist. Die festgestellten Titer können aber auch durch eine Feldinfektion hervorgerufen worden sein.


Der Schutz vor der Erkrankung ist zudem nicht allein von der Höhe des Antikörperspiegels abhängig, der sogenannten humoralen Immunität. Auch die zelluläre Immunität ist wichtig. Darunter versteht man die Menge der Abwehrzellen. Die zelluläre Immunität lässt sich mit den derzeit zur Verfügung stehenden Methoden aber nicht messen.


Wer den Impferfolg abschätzen will, muss dazu also nach wie vor die Mastleistungsdaten vergleichen oder Lungenscores durchführen. Zusätzliche Blutuntersuchungen können das Ergebnis ergänzen. Für sich allein sind sie jedoch nicht aussagekräftig.


Jungsauen immunisieren


Um den Erregerdruck in der Herde niedrig zu halten, ist es wichtig, die Jungsauen ausreichend zu immunisieren. Denn inzwischen kommt ein Großteil der Jungsauen aus mykoplasmenfreien Beständen. Werden diese Tiere während der Eingliederungsphase nicht gegen Mykoplasmen geimpft, bereitet dies zwar in der Ferkelerzeugung in der Regel noch keine Probleme.


Ein Jahr später, wenn die ersten Ferkel dieser Jungsauen den Maststall durchlaufen, sieht es jedoch anders aus. Die Einmalimpfung, die bis dahin gut funktioniert hat, reicht auf einmal nicht mehr aus. Ab 70 kg Lebendgewicht husten plötzlich wieder mehr Schweine. Und am Schlachtband findet man häufiger Spitzenlappenpneumonien.


Ursache dafür ist die fehlende Immunisierung der Jungsauen. Sie bewirkt, dass der Erregerdruck in der Herde allmählich wieder ansteigt. Meist ist es ratsam, in diesen Fällen zusätzlich einen Two Shot-Impfstoff zu verwenden oder die Ferkel beim Aufstallen in die Mast nachzuimpfen, bis sich das Geschehen wieder beruhigt hat. Das dauert in der Regel jedoch mindestens ein Jahr.


Um den Erregerdruck im Bestand niedrig zu halten, ist es deshalb wichtig, die Jungsauen während der Eingliederungsphase zu impfen. Eine Mykoplasmenimpfung der Altsauen hat sich in Europa dagegen bislang nicht durchgesetzt. Denn auch mit einer Altsauen-impfung gelingt es nicht, den Erreger aus dem Bestand zu verdrängen oder auf die Ferkelimpfung zu verzichten.


USA: Gezielte Infektion


Um den Jungsauen einen ausreichenden Mykoplasmenschutz mitzugeben, wird in den USA zurzeit eine neues Eingliederungsmodell erprobt, das sogenannte „50/350-Eingliederungsschema“.


Hintergrund: Bei Schweinen, die sich früh mit Mykoplasmen infiziert haben, nimmt die Erregerausscheidung ab einem Alter von 300 Tagen deutlich ab.


Deshalb werden die Zuchtläufer in den USA versuchsweise im Alter von 50 Tagen gezielt über eine direkt in die Luftröhre eingebrachte Dosis Mycoplasma hyopneumoniae infiziert. Anschließend werden diese Tiere getrennt von der Herde aufgezogen, belegt und erst mit 350 Tagen dann zum ersten Abferkeln in die Herde integriert.


Auch diese Maßnahme soll den Mykoplasmendruck in den Anlagen deutlich senken. Eine Sanierung der Bestände ist allerdings auch auf diese Weise nicht möglich. Das gelingt nach bisherigen Erfahrungen nur mit dem „Schweizer Modell“. Dazu werden zunächst alle Tiere aus dem Bestand entfernt, die jünger als zehn Monate sind. Die verbleibenden Sauen werden dann so synchronisiert, dass mindestens zwei Wochen lang keine Ferkel geboren werden. Die verbliebenen Tiere werden dann über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen intensiv antibiotisch behandelt.


Nach diesem Modell wurden die Schweizer Sauenbestände erfolgreich Mykoplasmen-saniert. Und auch in Dänemark und Norwegen wurde dieses Verfahren in abgewandelter Form erfolgreich angewendet.


henning.lehnert@topagrar.com

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