Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Augen auf beim Filterkauf!

Lesezeit: 7 Minuten

Werden Flächenbiofilter zu klein gebaut, ist die Belastung des Filtermaterials viel zu hoch. Im Extremfall droht die Stilllegung durch den Kreis, warnt Gutachter Prof. Dr. Ing. Stephan Schirz.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Viele Landwirte sehen die Reinigung der Stallluft kritisch. Kein Wunder, schließlich verteuern Bau- und Betriebskosten einer Abluftreinigungsanlage die Erzeugung eines Mastschweines um 5 bis 6 €. Außerdem steigt der Arbeitsaufwand. Der Filter muss täglich kontrolliert werden. Von Zeit zu Zeit müssen die Anlagen zudem komplett gereinigt bzw. das Filtermaterial muss ausgetauscht werden.


Biowäscher oder Biofilter?

Für die Abluftreinigung aus Schweineställen gibt es im Wesentlichen zwei Systeme:


  • Biowäscher sind kompakte Turman-lagen, die entweder in der Mitte oder am Ende eines Stalles errichtet werden. Die gesamte Abluft wird dort zusammengeführt und über Füllkörperpakete geleitet, die mit Wasser berieselt werden. Die Oberfläche ist mit Mikroorganismen besiedelt. Diese bauen die Schad- und Geruchsstoffe ab.
  • Bei Biofiltern handelt es sich um so genannte Flächenfilter. Entweder besteht der Filter aus einer einzigen großen Filterfläche, oder er wird aus mehreren Einzelmodulen zusammengesetzt. Bei Biofiltern wird die gesamte Stallluft von unten in den Filter hineingedrückt. Die Luft strömt dann weiter durch Spaltenböden oder Gitterroste in das darauf liegende Filtermaterial. Dieses wird von oben mit Wasser berieselt. In dem feuchten Milieu bilden sich Mikroorganismen, die die absorbierten Geruchsstoffe so weit umwandeln, dass keine Schweinestall-typischen Gerüche mehr wahrnehmbar sind.


In der Landwirtschaft werden derzeit drei Flächenbiofilter eingesetzt. Neben dem so genannten Volksbiofilter findet man in der Praxis das System der Fa. Hagola und einen Filter der Fa. Hartmann.


  • Der Volksbiofilter wird direkt vor Ort in Eigenregie oder vom beauftragten Bauunternehmer errichtet. Zunächst wird eine Betonwanne gegossen, anschließend wird die gesamte Filterfläche mit Betonspaltenböden ausgelegt. Als Filtermaterial wird gerissenes Wurzelholz auf die Spalten geschüttet. Die Schütthöhe beträgt 1,40 m.


Dank der sehr groben Oberflächenstruktur des Wurzelholzes ist das Oberflächenvolumen sehr hoch. Die Mikroorganismen haben also viel Platz, um sich anzusiedeln. Die gebogenen und gerissenen Wurzelholzteile bilden zudem ein locker geschüttetes Filterbett mit zahlreichen Hohlräumen. Dadurch kann die Abluft im Vergleich zu anderen Systemen mit geringerem Druckverlust durch den Filter strömen.


Alle fünf bis acht Jahre muss das Wurzelholz entweder ausgetauscht oder das feine Material abgesiebt werden. Das zurückbleibende grobe Wurzelholz dient dann als „Startmittel“ für die Mikroorganismen der neuen Schüttung.


  • Der Filter der Firma Hagola wird in Modulbauweise vorgefertigt und vor Ort zusammengesetzt. Mehrere Filtermodule aus Edelstahl bilden eine Gesamtanlage. Der Filter wird zunächst mit einer 0,60 m dicken Schicht aus Buchenholzschwarten befüllt. Darauf liegen 0,10 m Recyclingmaterial aus Kunststoff. Zuletzt wird eine 0,30 m dicke Schicht Weichholzschnitzel aufgeschüttet.


Weichholzschnitzel haben eine relativ glatte Oberfläche und liegen aufgrund ihrer geringeren Größe dichter zusammen als Wurzelholz. Nachteil: Die Ventilatoren müssen deutlich mehr Kraft aufbringen, um die Abluft durch den Filter zu drücken. Laut Hersteller muss das Weichholz jährlich ausgetauscht werden. Die neue Filterschicht wird dabei werkseitig mit einer Impfflüssigkeit behandelt.


  • Der Abluftfilter der Firma Hartmann ist im Materialaufbau fast baugleich wie der Hagola-Filter. Die untere Filterschicht ist 0,70 m dick und besteht aus länglichen Holzschwarten. Darauf wird eine 0,25 bis 0,30 m dicke Weichholzhäckselschicht aufgetragen, die ebenfalls mit einer Impfflüssigkeit behandelt wird.


Auch bei diesem Filter muss mit höheren Druckverlusten gerechnet werden als beim Wurzelholzfilter. Denn auch hier sind die Hohlräume zwischen den einzelnen Hackschnitzeln kleiner. Leider macht die Herstellerfirma Hartmann keine Angaben dazu, wann bzw. wie oft das Filtermaterial ausgewechselt werden muss.


Leistungsnachweis wichtig.

Entscheidend für den Betrieb eines Flächenbiofilters ist, dass dieser die geforderten Abscheidegrade tatsächlich erreicht. Auch bei langen Einsatzzeiten muss das sichergestellt sein. Ansonsten droht bei einer Kontrolle die Stilllegung durch die zuständige Behörde. In der Praxis ist das bereits mehrfach geschehen. Auch Bußgelder wurden schon verhängt.


Biofilter müssen ihre Leistungsfähigkeit in unabhängigen Tests unter Beweis stellen. Auf keinen Fall sollten Sauenhalter oder Mäster einen Filter kaufen, bei dem die Leistungsfähigkeit nicht von neutraler Stelle nachgewiesen wurde! Und auf Herstellerangaben sollte man sich auch nicht blind verlassen.


Auf der sicheren Seite sind Schweinehalter, wenn der Filter die Vorgaben der „VDI-Richtlinie 3477 – Biofilter“ einhält. Einzelheiten hierzu stehen im „Handbuch Flächenbiofilter“. Hier sind die bautechnischen Mindestanforderungen an Flächenbiofilter beschrieben. So muss zum Beispiel beim Volksbiofilter die Schütthöhe des Filtermaterials mindestens 1,40 m betragen. Nur dann ist eine ausreichende Verweilzeit der Abluft im Filterbett zu erzielen – auch bei Sommerluftrate.


Alternativ kann die Abluftreinigungsanlage ein unabhängiges Zertifizierungsverfahren bei der DLG durchlaufen. Im Rahmen des DLG-Signum-Tests wird ein vom Hersteller gemeldeter Flächenbiofilter je zwei Monate im Sommer- und Winterbetrieb auf seine Leistungs­fähigkeit hin überprüft. Getestet wird dabei, wie viel Geruch, Ammoniak und Staub der Filter bei einer Materialhöhe von 1 m abscheidet. Der Test basiert auf den allgemeinen Vorgaben der VDI-Richtlinie.


Für die derzeit in der Praxis eingesetzten Flächenbiofilter gilt:


  • Der Volksbiofilter erfüllt die Vorgaben der VDI-Richtlinie 3477.
  • Der Filter der Firma Hagola ist nach den DLG-Vorgaben zertifiziert und hat den Signum-Test bestanden.
  • Der Hartmann-Filter hat kein Eignungsverfahren durchlaufen. Es liegt lediglich ein Zertifikat des TÜV Rheinland vor. Dieses bewertet im Auftrag des Herstellers Einzelmessungen von verschiedenen Messinstituten an unterschiedlichen Anlagen. Langzeitmessungen an Einzelanlagen im Winter- und Sommerbetrieb sind nicht Grundlage des Zertifikates.


Teils hohe Filterbelastung:

Die Ergebnisse der Prüfungen bzw. der vom TÜV Rheinland bewerteten Daten sind in der Übersicht zusammengefasst.


Die Filterflächenbelastung gibt an, wie viel Stallluft (Abgasvolumenstrom) pro Stunde auf jeden Quadratmeter Filterfläche treffen. Für eine langfristig effektive Geruchsreduktion sollten dem Filter erfahrungsgemäß maximal 200 m3 Stallluft pro m2 und Stunde zugeführt werden.


Beim Volksbiofilter wird die Filterflächenbelastung bei einer Schütthöhe von 1,40 m mit 196 m3/m2 und Stunde angegeben. Deutlich höher ist die Belastung beim Hagola-Filter. Laut DLG-Signum-Test liegt sie bei 440 m3/m2 und Stunde, beim Hartmann-System sind es sogar bis zu 936 m3/m2 und Stunde. Im Vergleich zum Volksbiofilter muss pro Quadratmeter Filterfläche also fast die fünffache Abluftmenge gereinigt werden!


Die Filtervolumenbelastung gibt an, wie viel Stallluft pro m3 Filtermaterial gereinigt werden muss. Die Filtervolumenbelastung sollte bei maximal 300 m3/m3 und Stunde liegen. Beim Volksbiofilter beträgt sie bei einer Schütthöhe von 1,40 m rund 275 m3/m3 und Stunde. Bei den anderen beiden Systemen werden bei einer Schütthöhe des Filtermaterials von einem Meter 440 bzw. 936 m3/m3 und Stunde angegeben.


Die Verweilzeit im Filtermaterial ist die dritte wichtige Kenngröße für die Funktionsfähigkeit eines Filters. Damit Schadstoffe aus der Stallluft effektiv abgebaut werden können, muss die Luft ausreichend lange im Filter bleiben. Die empfohlene Verweilzeit für Biofilter beträgt mindestens 20 Sekunden.


Beim Volksbiofilter werden bei voller Sommerluftrate Verweilzeiten von knapp 26 Sekunden erreicht, bei Hagola gibt der DLG-Test 8,2 Sekunden an und beim Hartmann-System sind es laut TÜV Rheinland weniger als 4 Sekunden. Geht man von einer durchschnittlichen Lüftungsrate von 47 % aus, liegen die Verweilzeiten bei 55, 18 bzw. 8 Sekunden.


Wie lange hält der Filter?

Alle Flächenbiofilter funktionieren. Die Frage ist nur, wie lange die vorgegebenen Abscheidegrade eingehalten werden können bzw. wann das Filtermaterial ausgetauscht werden muss.


Die Austauschhäufigkeit ist unter anderem davon abhängig, wie viel Oberfläche den Bakterien im Filter zur Verfügung steht, auf der sie sich ansiedeln können. Experten sprechen in diesem Zusammenhang vom „biologisch aktiven Filtermaterialvolumen“. Hierbei gilt: Je größer das Volumen, desto mehr Bakterien können sich ansiedeln und desto geringer ist die Sättigung bzw. der Zerfall des Filtermaterials.


Beim Volksbiofilter stehen den Bakterien 519 m3 Filtermaterialvolumen zur Reinigung der Abluft zur Verfügung. Beim Hagola-System sind es 325 und bei der Firma Hartmann 153 m3. Betrachtet man die Abscheidung von Ammoniak je Kubikmeter Filtermaterial, so beträgt der NH3-Rückstand beim Volksbiofilter 5 kg je m3, beim Hagola-Filter sind es 8 kg und beim Hartmann-System 17 kg je m3.


Die Sättigung des Filtermaterials dürfte bei den beiden industriell hergestellten Filtern also wesentlich schneller erreicht sein, da die Belastung des Materials deutlich höher ist. Die Lebensdauer des Filtermaterials reduziert sich dadurch erheblich. Somit lässt sich auch erklären, warum zum Beispiel beim Hagola-Filter der Materialaustausch jährlich erfolgen muss.

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.