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„Bei uns hat jedes Schwein freie Platzwahl“

Lesezeit: 6 Minuten

Achim Sander mästet seit 27 Jahren Schweine auf Stroh. Dank Regionalvermarktung über das Markenfleischprogramm „BauernLiebe“ bekommt er einen festen Mindestpreis. Hinzu kommen weitere Boni.


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Achim Sander aus dem westfälischen Bad Sassendorf im Landkreis Soest ist ein alter Hase, wenn es um die Schweinemast auf Tiefstreu geht. Bereits seit 27 Jahren setzt der Schweinemäster und Ackerbauer auf dieses Haltungsverfahren. Im Jahr 1994 baute er seinen ersten Tiefstreumaststall, der aktuell 440 Schweinen Platz bietet. 2004 folgte der nächste Stall mit derzeit 500 Plätzen, wiederum ein reiner Tiefstreustall.


Beide Gebäude bestehen aus einer Stahlhalle mit innenseitig gedämmten Wänden und Dach sowie planbefestigtem Betonboden. An jeweils einer Längsseite sind große Schiebetore eingebaut, die der Landwirt bei Extremwetterlagen öffnet oder schließt. Zusätzliche Luft strömt an der gegenüberliegenden Seite über große Öffnungen in die Gebäude. Die Luftmenge wird mithilfe verstellbarer Doppeltstegplatten geregelt. Wenn es im Sommer sehr heiß wird, vernebelt Achim Sander über Zerstäuber feinste Wasserteilchen im Stall. So kühlt er die Luft zusätzlich ab.


Im älteren Stall sind sieben Großbuchten für je 63 Schweine eingebaut, im neuen Stall stehen in sieben Buchten je 72 Tiere. Der ca. 1,40 m breite Fress- und Tränkebereich mit Breifutterautomaten liegt rund 40 cm über dem Niveau der Betonplatte und ist von den Tieren über zwei Stufen zu erreichen (siehe Übersicht 3).


flexibles Stallsystem


Achim Sander würde das Haltungsverfahren jederzeit wieder so bauen. „Ich habe mich damals für Tiefstreu entschieden, weil ich einen Metzger an der Hand hatte, der die Tiere kaufen wollte. Zudem können sich die Schweine ihre Buchten bei dieser Haltung selbst strukturieren. Sie können sich dort hinlegen, wo es für sie am angenehmsten ist. Auch bei der Wahl ihrer Kotecken sind die Tiere frei. Jede Gruppe legt sie woanders an“, so Sander.


Für das System spricht aus seiner Sicht auch, dass er die Gebäude jederzeit umnutzen kann. Will Sander z.B. Maschinen in der Halle unterstellen, muss er nur die Tröge und Tränken ausbauen sowie den Beton im Fressbereich wegreißen. „Ich bin und bleibe total flexibel“, betont der westfälische Unternehmer.


Neben der extrem großen Flexibilität sprechen für Achim Sander weitere handfeste Gründe für einen Tiefstreustall mit Außenklima auf Stroh. Der Mist zum Beispiel dient ihm als „Futter“ für seine Biogasanlage, die er in Kooperation mit einem Berufskollegen bewirtschaftet. Dank der Biogasanlage musste Sander auch keine teure Mistlagerplatte als Zwischenlager bauen. Denn er verwertet den Mist direkt nach dem Ausmisten in der Biogasanlage.


Ein weiterer Grund ist die regionale Vermarktung der Schweine. Sander verkauft diese als Metzgerschweine über das Markenfleischprogramm „BauernLiebe“ der Edeka Rhein-Ruhr. Das Programm ist für die Kennzeichnung nach Haltungsform 3 zugelassen. Die Ställe müssen als Offenfrontstall mit Außenklimareiz konzipiert sein sowie 40% mehr Platz pro Tier und Stroheinstreu bieten. Und die Fütterung muss GVO-frei sein.


Über einen mehrjährigen Programmvertrag ist die Vermarktung sichergestellt. Die Fleischprodukte werden aktuell in rund 650 Edeka-Märkten und ca. 30 Marktkauf-Standorten in Nordrhein-Westfalen über Bedientheken und/oder als SB-Ware vermarktet.


Quartalspreis für Landwirt


Die Bezahlung der Tiere erfolgt auf Basis der VEZG-Notierung. Daraus wird ein Quartalspreis abgeleitet. Weitere Bestandteile des Abrechnungskonzeptes sind ein fester Programmbonus sowie eine Preisuntergrenze. So wird sichergestellt, dass Achim Sanders Kosten immer gedeckt sind und er gleichzeitig Preissteigerungen mitnehmen kann. „Als die Preise im letzten Jahr massiv in den Keller rutschten, griff bei mir die Preisuntergrenze mehrmals“, zeigt sich der Landwirt zufrieden mit dem Geschäftsmodell. Modifiziert ist auch die Abrechnungsmaske, sie honoriert auch höhere Schlachtgewichte.


Neben dem Vermarktungsbonus erhält Achim Sander derzeit 5,28 € ITW-Bonus und rund 7 € Strohprämie vom Land NRW. Die Strohprämie wird gewährt, weil der komplette Stall als Festfläche ohne Spaltenboden ausgeführt ist. Die Prämie ist in NRW aber auch bei anderen Strohställen möglich.


Die Zuschläge haben sich im letzten Jahr auf über 30 € pro Tier summiert. Dank der größtenteils abgeschriebenen Gebäude und geringeren laufenden Kosten rechnet sich die Strohhaltung trotz des höheren Arbeitsaufwandes für den Landwirt. Er betont aber: „Müsste ich neu bauen und würde ich die gut 500 Rundballen Stroh in einer eigenen Halle anstatt draußen unter Vlies lagern, würde das Geld nicht ausreichen. Dann müsste ich im aktuellen Vergleich zu QS-Schweinen mindestens 50 € pro Schwein mehr erwirtschaften, um alle Kosten zu decken.“


Die benötigten Mehrkosten bestätigt Malin Speckmann von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit ihrem Kollegen Henrik Ohlendorf betreut sie das Kammerprojekt „Alternative Haltungssysteme mit Außenklimareiz in der Schweinehaltung“. „Angesichts der stark steigenden Baukosten und zunehmend hohen Auflagen, die auch bei einem Außenklimastall einzuhalten sind, brauchen die Landwirte spürbare, nachhaltige finanzielle Zuschläge“, betont Speckmann.


150 kg Stroh pro Mastplatz


Der Strohbedarf im Tiefstreustall ist allerdings höher als bei einigen anderen Außenklimaställen mit Stroh. Sander kalkuliert mit mindestens 150 kg pro Mastplatz und Jahr. „Damit die Mast im Tiefstreustall funktioniert, muss immer frisches Stroh in den Buchten zu sehen sein. Wenn ich zu wenig einstreue, sehen die Schweine ruckzuck schwarz wie die Nacht aus und die Luft im Stall wird unangenehm“, berichtet der Unternehmer. Zudem wird das Stroh nur dann als Beschäftigungsmaterial anerkannt, wenn immer genügend frisches Material vorhanden ist.


Etwa zur Hälfte des Mastdurchgangs sowie am Ende der Mast mistet Achim Sander die Buchten mit dem Teleskoplader aus. Dazu treibt er die Schweine vorab auf den breiten Kontrollgang, der an der Stirnseite der Buchten liegt. Das Ausmisten jeder Bucht ist dank der schlagkräftigen Mechanisierung in nur 20 Minuten erledigt. Danach werden die Buchten sauber ausgefegt. Die Futterautomaten und Tränken sowie den Gang reinigt Sander hingegen mit dem Hochdruckreiniger.


Regionale Vermarktung


Während viele Berufskollegen zwischen 2,7 und 2,9 Mastdurchgänge pro Jahr erreichen, schafft Landwirt Sander nur 2,35 Durchgänge jährlich. Das liegt aber nicht an den biologischen Leistungen. Mit 850 g Zunahmen können die Schweine im Tiefstreustall locker mithalten. Die Ursache sind die höheren Schlachtgewichte. Sander verkauft seine Metzgerschweine mit bis zu 115 kg Schlachtgewicht. Der Muskelfleischanteil muss dabei zwischen 50 und 65% liegen, so verlangt es sein Abnehmer. Darüber oder darunter bekommt er pauschal 5 Cent Abzug pro kg.


„Mit der Vermarktung bin ich wirklich gut zufrieden, das läuft rund“, erklärt Sander. Der westfälische Landwirt sieht seinen Betriebszweig Schweinemast auch nach fast 30 Jahren gut aufgestellt. „Mit meiner Strohmast bin ich heute mehr denn je up to date. Denn meine Schweine haben täglich frische Luft, sie sind dank des Strohs den ganzen Tag über beschäftigt und ausgeglichen, und sie können ihre Bucht einteilen wie sie wollen“, zieht Achim Sander zufrieden Resümee. -ar-

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