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Beißereien gibt’s nicht nur in großen Beständen

Lesezeit: 6 Minuten

Gibt es typische Auslöser für das Schwanzbeißen bei Schweinen? Prof. Dr. Mechthild Freitag von der FH Südwestfalen und Henrike Freitag vom Erzeugerring Westfalen haben 111 Problembetriebe analysiert.


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Was veranlasst Schweine, die Schwänze ihrer Buchtengenossen zu beknabbern? Was macht sie so aggressiv? Und gibt es bestimmte Risikofaktoren, die sich in allen Betrieben mit Schwanzbeißer-­Problem wiederfinden?


Um diese Fragen zu klären, hat die Fachhochschule Südwestfalen in Kooperation mit dem Erzeugerring Westfalen, dem Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer NRW und den betreuenden Hoftierärzten 127 Betriebe besucht und ausgewertet, die akute Probleme mit Beißereien in ihren Beständen hatten. Die Untersuchung ist Bestandteil des Gemeinschafts-Projektes „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ unter der Federführung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV).


111 Betriebe ausgewertet:

Die Problembetriebe wurden von September 2012 bis Juni 2013 von Erzeugerring-Beraterin Henrike Freitag besucht. Anhand eines Fragebogens überprüfte sie dabei folgende Kriterien:


  • Gab es schon früher Probleme mit Schwanzbeißern?
  • Welche Buchten sind betroffen?
  • Wie war die Witterung an den letzten Tagen vor Beginn der Beißereien?
  • Welchen Gesundheitsstatus weisen die Tiere auf?
  • Wie steht es um Platzangebot bzw. Beschäftigungsmöglichkeiten, und welchen Stressfaktoren sind die Schweine ausgesetzt?


Ergänzt wurde die Analyse durch mehrtägige Klimamessungen in den betroffenen Abteilen. Zusätzlich wurden Futter und Wasser auf Hygiene und das Futter auf Mykotoxine untersucht. Erfasst wurden auch der Vermahlungsgrad der Mischung und bei Flüssigfutter der Trockensubstanzgehalt. Blutproben rundeten den Gesundheitscheck ab.


Inzwischen wurden die Daten von 111 Betrieben ausgewertet, sodass man eine erste Zwischenbilanz ziehen kann.


Wiederholungstäter:

In 100 Betrieben war das Problem des Schwanzbeißens nicht neu, sondern trat zum wiederholten Mal auf. In den meisten Fällen traf es auch nicht nur einzelne, sondern gleich mehrere Buchten oder sogar mehrere Abteile. Die Probleme gab es überwiegend in der Mast (81 %), in der Ferkelaufzucht traten sie seltener (16 %) und in der Sauenhaltung nur vereinzelt (3 %) auf.


Auch interessant: In 104 von 111 Fällen handelte es sich um Betriebe, die Ferkel mit gekürzten Schwänzen aufstallen. Nur in sieben Betrieben gingen die Ferkel mit ungekürzten Schwänzen an den Start. Das zeigt, dass das Kupieren allein offensichtlich nicht ausreicht, um die Probleme dauerhaft in den Griff zu bekommen.


Die Witterung außerhalb des Stalles scheint keine große Rolle zu spielen, wie die bisherigen Auswertungen zeigen. Allerdings herrschten im Beobachtungszeitraum auch überwiegend kühle Außentemperaturen, sodass das Ergebnis nicht unbedingt repräsentativ ist.


Im Gegensatz dazu hat die Temperatur im Stall möglicherweise durchaus einen Einfluss auf das Verhalten der Tiere. In der Mittel- und Endmast war es in 72 % aller Ställe wärmer als 23 °C bei einem Sollwert von etwa 20 °C. In der Mast gab es daher erhebliche Probleme. Insbesondere dann, wenn gleichzeitig auch die Schadgaskonzentration erhöht ist, ist die körperliche Belastung für die Tiere erheblich.


Hier könnte das Aufrühren der Gülle unter den Spalten eine Rolle spielen. Denn mehr als die Hälfte der befragten Betriebe mit Schwanzbeiß-Problemen gab an, in den vorausgegangenen vier Tagen Gülle aufgerührt zu haben.


Betriebsgröße spielt keine Rolle.

Die Bestandsgröße scheint nach den bisherigen Auswertungen dagegen keine Rolle zu spielen. Es waren sowohl große als auch kleine Betriebe betroffen. Selbst einige Schweinehalter, die ihre Ställe mit Stroh einstreuen, klagten über Probleme mit aggressiven Beißern.


Die Anzahl der Tiere pro Bucht hingegen könnte durchaus einen Einfluss auf das Schwanzbeißen haben. Denn es ist auffällig, dass die Probleme gehäuft in Betrieben mit kleinen Gruppen auftreten, wie Übersicht 1 (Seite S 22) zeigt. Dazu müsste man jedoch generell klären, wie groß die Mastgruppen im Schnitt in der Auswertungsregion sind. Ob dies daran liegt, dass die schwächeren Tiere in großen Gruppen bzw. Buchten besser „untertauchen“ können, muss noch näher untersucht werden.


Interessant ist auch die Frage, ob die Beißer womöglich durch vorhergehende Erkrankungen so stark gestresst sind, dass sie mit ihrem aggressiven Verhalten ein Ventil suchen. 60 % der 111 befragten Landwirte gab zwar an, vor Ausbruch des Beißens keine Erkrankungen im Bestand beobachtet zu haben. Es kann sich aber auch um subklinische Erkrankungen handeln, die nicht unbedingt durch ausgeprägte Symptome auffallen.


Immerhin 45 Landwirte haben parallel zum Schwanzbeißen bzw. unmittelbar davor in ihrem Schweinebestand auch Symptome einer Erkrankung beobachtet. Am häufigsten wurden Husten bzw. Influenza und Ohrrand-nekrosen genannt (Übersicht 2).


Zu geringe TS-Gehalte:

Die Auswertungen zum Futter und zur Futterhygiene ergaben, dass 48 % der Problembetriebe ihre Schweine am Breiautomaten füttern, 37 % flüssig am Sensor, 16 % flüssig am Quertrog und der Rest trocken am Automaten. Die Art der Futtervorlage hatte jedoch keinen nachweisbaren Einfluss auf das Schwanzbeißverhalten der Tiere.


Bei einem Fünftel der flüssig fütternden Betriebe lag der Trockensubstanzgehalt des Flüssigfutters jedoch unter 22 %. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die Schweine in diesen Beständen durch den geringen TS-Gehalt nicht mehr genug Nährstoffe aufnehmen. Das daraus resultierende Hungergefühl könnte die Schweine veranlasst haben, auf den Schwänzen ihrer Buchtengenossen herumzukauen.


19 von 111 ausgewerteten Betrieben setzen Nebenprodukte ein, unter anderem Kartoffeldampfschalen, Molke, Spülmilch oder Weizenquellwasser. Bei keinem Nebenprodukt konnte jedoch eine erhöhte Schwanzbeiß-Gefährdung ausgemacht werden.


Durst macht aggressiv.

In den meisten Betrieben erreichten die Tränken die Mindest-Durchflussmengen von 800 ml pro Minute, wie Übersicht 3 zeigt. In einigen Beständen waren die Durchflussraten aber auch deutlich geringer. Oder der Wasserdruck war so hoch, dass zu viel Wasser aus den Tränken schoss und die Tiere verschreckte. Beides kann in der Praxis zu einer deutlich reduzierten Wasseraufnahme führen und bei den Schweinen Aggressionen auslösen.


Interessant: 77 der 111 untersuchten Betriebe mit Schwanzbeiß-Problemen beziehen ihr Tränkewasser aus dem eigenen Brunnen. In 13 Fällen (12 %) ließen sich erhöhte Gehalte an coliformen Keimen im Wasser nachweisen.


Spielmaterial wechseln!

Die besuchten Schwanzbeiß-Problembetriebe setzen eine Vielzahl von Beschäftigungsmaterialien ein. Einige geben etwas Stroh in die Buchten. Andere arbeiten mit leeren Kunststoffkanistern. Die meisten hängen als Beschäftigungsmaterialien Ketten in die Buchten, oft in Verbindung mit Holz, Gummi, Hartplastik oder auch Salzlecksteinen. Die Hälfte aller Betriebe stellte den Schweinen mehr als ein Beschäftigungsmaterial zur Verfügung.


Die entscheidende Frage ist, wie lange das jeweilige Spiel- oder Beschäftigungsmaterial für die Tiere interessant bleibt. Denn Schweine sind sehr intelligente Wesen. Meist haben sie das Spielmaterial nach zwei Tagen erkundet und benötigen neue Anregungen. Deshalb ist es sinnvoll, die Beschäftigungsmaterialien regelmäßig auszutauschen.

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