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Beugen Sie Coli-Problemen gezielt vor

Lesezeit: 10 Minuten

Die meisten Ferkelverluste nach dem Absetzen gehen auf das Konto Coli-bedingter Darminfektionen. Fachtierärztin Dr. Dörthe Norden aus Brockel ­erläutert, wie Sie wirksam vorbeugen.Meist erwischt es ausgerechnet die kräftigsten Tiere des Wurfes: Die Augenlider der abgesetzten Ferkel schwellen an und die Nasenrücken verdicken durch Wassereinlagerungen. Einige Tiere liegen rudernd auf der Seite. Gleichzeitig kann Durchfall auftreten. Erkrankte Ferkel sterben meist. Und Überlebende bleiben in ihrer Gewichtsentwicklung zurück. Ein typischer Fall von Ödemkrankheit, ausgelöst durch eine Infektion mit dem Bakterium Escherichia coli (E. coli). Es scheint, dass sich die meisten Ferkelerzeuger inzwischen mehr schlecht als recht mit dem Erreger arrangiert haben. Etliche Betriebe kommen mittlerweile nicht mehr umhin, ihre abgesetzten Ferkel antibiotisch zu behandeln (siehe Kasten). Dabei ließe sich durch konsequente vorbeugenden Maßnahmen oftmals das Schlimmste verhindern. Um erfolgreich gegen die Coli-Bakterien vorgehen zu können, muss man aber zunächst verstehen, wie es zu der Erkrankung kommt. E. coli gehört zu den normalen Darmbesiedlern des hinteren Dünndarms und des Dickdarms. Die Bakterien werden mit dem Kot ausgeschieden und sind in der Umwelt weit verbreitet. Man muss jedoch zwischen „gutartigen“ und krank machenden E. coli-Stämmen unterscheiden: Für den typischen Coli-Durchfall nach dem Absetzen sind vor allem enterotoxische E. coli verantwortlich. Diese Erreger besitzen fingerartige Proteinfortsätze auf der Zelloberfläche, so genannte Fimbrien (Typ F 4 und 18 ac). Sie ermöglichen eine Anheftung an die Darmwand (siehe Übersicht) und bilden im Darm wirksame Giftstoffe, so genannte Enterotoxine. Die Ödemkrankheit hingegen lösen Shiga-Toxin bildende E. coli-Bakterien aus. Auch sie besitzen Fimbrien (Fimbrienantigen F 18 ab). Das von ihnen gebildete Shiga-Toxin schädigt die Blutgefäße und bewirkt dadurch die Bildung von Ödemen. Durch Sauerstoffmangel wird das Nervengewebe beeinträchtigt, und es kommt zu zentralnervösen Störungen. Die Schockformen und plötzlichen Todesfälle, die in diesem Krankheitskomplex auftreten können, sind auf die Freisetzung großer Toxinmengen zurückzuführen, die beim Zerfall der Bakterienzellwänden frei werden. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Tiere antibiotisch gegen Escherichia coli behandelt wurden. Beide Krankheitsbilder – Ödemkrankheit und Colidurchfall – können sowohl bei einzelnen Tieren als auch im gesamten Bestand auftreten. Absetzstress schwächt die Abwehr Zur Entstehung: Frisst ein Ferkel nach dem Absetzen wenig, kommt es zu tief-greifenden Veränderungen der Darmfunktion. Zuerst werden die Darmzotten zerstört. Dadurch nimmt das Futter- und Wasseraufnahmevermögen des Darmes ab. Und der Darm ist durch das Absterben der Darmzellen in seiner Abwehr geschwächt. Bleibt die Frage, welche Faktoren das Entstehen von Colidurchfällen bzw. der Ödemkrankheit begünstigen und wie Sie wirksam vorbeugen können? Fakt ist, dass sich die Umwelt für die Ferkel nach dem Absetzen abrupt ändert. Es sind vor allem drei Faktoren, die das Ferkel stressen und die Colibakterien die Oberhand gewinnen lassen: Futterumstellung: Das Ferkel muss seine Ernährung von hoch verdaulicher Sauenmilch auf Ferkelfutter umstellen. Wasser statt Milch: Statt der körperwarmen Sauenmilch ernährt sich das Ferkel künftig von kaltem Wasser. Neues Umfeld: Aus dem warmen Ferkelnest mit optimalem Mikroklima wird das Ferkel in ein Flatdeck umgestallt, in dem es oftmals zu kalt ist. Hinzu kommt, dass im Flatdeck eine neue Rangordnung ausgekämpft werden muss. Wollen Sie die rasche Vermehrung der krank machenden E. coli-Bakterien hemmen, müssen sie diese drei Faktoren für die Ferkel so tierfreundlich wie möglich gestalten. Füttern Sie die Saugferkel rechtzeitig zu Fütterungsmaßnahmen sind die effektivste Waffe gegen E. coli! Um wirkungsvoll gegensteuern zu können, muss man die Grundlagen der Verdauungsphysiologie kennen und beachten. Deshalb kurz einige Grundlagen. Die Verdauung im Magen-Darm-Trakt des Ferkels erfolgt durch Enzyme. Die Verwertung und Verträglichkeit der Nährstoffe hängen von der Entwicklung der Enzymsysteme im Verdauungstrakt ab. Während der Säugezeit ist die Enzymaktivität darauf ausgerichtet, die Sauenmilch möglichst vollständig zu verwerten. Daher ist zwar die Aktivität der Milchzucker spaltenden Laktase hoch. Die Aktivität der Enzyme für die Eiweiß- (Trypsin), Fett- (Lipase) und Stärkespaltung (Amylase) muss sich während der ersten vier Lebenswochen jedoch erst entwickeln. Sie sollten daher dem Verdauungstrakt der Ferkel ermöglichen, sich auf die veränderte Zusammensetzung des Futters einzustellen. Es ist wichtig, dass Sie die Ferkel rechtzeitig zufüttern, um die Umstellung des Enzymsystems und die Ausbildung der Darmzotten zu fördern. Passen Sie außerdem die Zusammensetzung des Futters an die Enzymaktivität an. Denn nur so lässt sich eine hohe Anflutung unverdauter Stärke im hinteren Dünndarmabschnitt vermeiden, die für die Coli-Bakterien eine ideale Nahrungsgrundlage wäre. Achten Sie darauf, dass das Ferkelfutter schmackhaft ist! Das erhöht die Futteraufnahme, so dass die Ferkel mehr Enzyme bilden und in den Magen-Darm-Trakt ausschütten können. Zudem muss der Mageninhalt möglichst schnell durchsäuern. Denn ein schwacher Säuregrad fördert die Bakterienbesiedlung, und die Keime können ungehindert in den Dünndarm gelangen. In den ersten drei bis vier Lebenswochen ist das Ferkel noch nicht in der Lage, selbst im Magen Salzsäure zu produzieren. Erst mit sieben bis zehn Wochen hat sich das Verdauungssystem auf diese Möglichkeit der Magensäuerung umgestellt. Der Ferkelstarter und das Aufzuchtfutter 1, das in den ersten zwei bis drei Wochen nach dem Absetzen gefüttert wird, sollten daher aufgeschlossenes Getreide, hoch verdauliche Eiweiße (Molke- und Sojaprotein, Kartoffeleiweiß) und hochwertige Fette enthalten. Der Rohproteingehalt darf 18 % nicht übersteigen. Und die Pufferkapazität des Futters sollte möglichst gering sein, um die Säure im Magen nicht zu neutralisieren. Puffernde Substanzen enthalten vor allem Proteine und Mineralstoffe. Empfehlenswert ist der Zusatz von organischen Säuren (Propion- und Ameisensäure). Denn sie verbessern die Durchsäuerung im Magen. Probiotika gehören als Gegenspieler zu potenziellen Schadkeimen inzwischen standardmäßig in jedes Ferkelfutter. Um die Futteraufnahme nach dem Absetzen zu fördern, sollten Sie den Ferkeln mehrmals täglich breiiges Futter in kleinen Mengen anbieten. Das kann über zusätzliche Anfütterungsschalen geschehen. Wichtig ist jedoch, dass die Schalen bzw. Tröge sauber sind! Zum Umgewöhnen streuen Sie nach zwei Tagen über das angebreite Futter immer mehr Trockenfutter bis Sie das Zufüttern nach fünf bis sechs Tagen beenden können. Als Absetzmischung hat sich mehlförmiges Futter bewährt. Denn es lässt sich von den Tieren besser einspeicheln und führt zu einer schnelleren Durchsäuerung im Magen. Am besten setzen Sie in den ersten Tagen nach dem Absetzen das Futter ein, mit dem Sie die Ferkel schon ab der zweiten Lebenswoche bei der Sau angefüttert haben. Um einen abrupten Futterwechsel zu vermeiden, erfolgt der Übergang von einer Futtersorte zur nächsten durch Verschneiden. Kontrollieren Sie Tränken und Wasserqualität Während der Säugephase nehmen die Ferkel über die Sauenmilch ausreichend Flüssigkeit auf. Nach dem Absetzen müssen die Tiere dann selbst eine neue Flüssigkeitsquelle finden. Daher ist es wichtig, dass die Tränken leicht zu bedienen und in der richtigen Höhe angebracht sind – am besten verstellbar. Ein Ferkel muss täglich 1 bis 3,5 Liter Wasser zu sich nehmen, das entspricht etwa 10 % seines Körpergewichts. Um dies zu gewährleisten, sollten die Tränkenippel eine Durchflussrate von 0,5 bis 0,8 l/min aufweisen. Zwölf Tiere pro Nippel sind ideal und vom Gesetzgeber ohnehin vorgeschrieben. Der Futterverzehr ist an die Wasseraufnahme gekoppelt. Wasser ist daher der preiswerteste Leistungsförderer für die Tiere. Es kann aber auch die größte Problemquelle sein. Lassen Sie daher die Qualität des Tränkewassers regelmäßig überprüfen! Um Biofilm, Beläge und Mikroorganismen aus den Leitungen zu entfernen, empfiehlt sich eine regelmäßige Reinigung der Leitung. Hierzu sind verschiedene Präparate im Angebot: Organische Säuren, die in 0,3 %-iger Lösung eingesetzt werden, sowie Tränkewasser-Desinfektionsmitttel auf Peroxidbasis oder Chlordioxid. Erleichtern Sie den Ferkeln die Umstellung Kommt das Ferkel ins Flatdeck, ist zunächst alles neu und verändert: Die Sau als Nahrungsquelle fehlt, und Wasser bzw. Futter sind nur schwer zu finden. Außerdem stößt das Tier auf fremde Artgenossen, die zu Rangordnungskämpfen herausfordern. Und zu allem Überfluss ist auch noch das warme Ferkelnest verschwunden. Das alles bedeutet Stress für das Tier. Stress, der sich negativ auf die Ferkelgesundheit auswirken kann. Am schonensten ist es, wenn Sie die Ferkel nach dem Absetzen zunächst in der Abferkelbucht belassen. Das ist allerdings in vielen Betrieben aus Platzgründen nicht machbar. Außerdem werden auf diese Weise die teuersten Tierplätze unnötig lange blockiert. Deshalb gilt es, den Ferkeln beim Umstallen ins Flatdeck so viel Vertrautes wie möglich zu bewahren. Halten Sie zum Beispiel den Wurf beeinander, um die Rangordnungskämpfe zu minimieren. Und wenn sich das Umgruppieren schon nicht vermeiden lässt, dann achten Sie zumindest auf eine gleichmäßige Größenverteilung! Die kleinsten Ferkel sortieren Sie besser von vornherein in eine separate Bucht. Die Anfütterungsschalen kennen die Ferkel im Idealfall schon aus der Abferkelbucht. Und damit sich die Ferkel auch besser orientieren können, sollte das Licht in den ersten zwei bis drei Nächten nach dem Umstallen im Flatdeckabteil durchgehend leuchten. Dadurch können die Tiere ihre Artgenossen beim Fressen beobachten. Das erhöht den Anreiz, sich selbst zum Trog zu bewegen. Da die Sau und das Ferkelnest als Wärmequelle entfallen, muss die Liegefläche im Flatdeck ausreichend temperiert sein. Ferkel, die sich wohl fühlen, liegen neben- und nicht dicht gedrängt übereinander. Die Beobachtung der Ferkel liefert hier oft wichtigere Hinweise zum Stallklima als der Blick auf die Anzeige des Lüftungscomputers! Achten Sie auf Futter-Verweigerer Die ersten Tage nach dem Absetzen sind die entscheidenden Tage. Ödemkrankheit und Coli-Durchfälle treten meist erst etwa eine Woche nach dem Absetzen auf. Die Ursache liegt aber in der mangelnden Futter- und Wasseraufnahme direkt nach dem Absetzen. Um die Enzymproduktion zu fördern und die Darmzellen gesund zu erhalten, ist es wichtig, das die Ferkel zu keinem Zeitpunkt die Futteraufnahme einstellen. Die Futterübergänge sollten Sie daher möglichst gleitend gestalten. Besonders gefährdet sind die am besten entwickelten Ferkel des Wurfes. Denn sie hatten an der Sau die milchreichsten Zitzen und waren deshalb bisher nicht darauf angewiesen, zusätzlich festes Futter aufzunehmen. Sie müssen jetzt erst lernen, ihren Nährstoff- und Flüssigkeitsbedarf über festes Futter und Wasser zu decken. Achten sie auf Futter-Verweigerer! Sie sind in der Regel leicht an den hohlen Flanken zu erkennen. Am besten richten Sie im Flatdeck eine separate Bucht für diese Problemfälle ein, die Sie besonders intensiv betreuen können. Empfehlenswert ist zudem eine zusätzliche Wärme-quelle, die die Ferkel vor Unterkühlung schützt. Wir fassen ­zusammen Coli- und Ödemprobleme nach dem Absetzen sind in erster Linie ein Fütterungsproblem. Die Ferkel müssen rechtzeitig an die Aufnahme von festem Futter gewöhnt werden, damit Darmzotten, Darmflora und Enzymsystem Zeit haben, sich auf die veränderte Zusammensetzung des Futters umzustellen. Wichtig ist, dass die Ferkel nach dem Absetzen durchfressen. Ein an das Verdauungssystem des Ferkels angepasstes Futter, eine ausreichende und qualitativ einwandfreie Wasserversorgung sowie eine stressfreie Umgebung sind der Schlüssel für gesunde Flatdeckferkel.

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