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Biofleisch – Nische mit Potenzial

Lesezeit: 6 Minuten

Bioschweine sind weiterhin gefragt und erzielen derzeit Spitzenpreise. Einige konventionelle Schweinehalter überlegen deshalb, umzustellen. Doch welche Perspektiven bietet der Bioschweinemarkt langfristig?


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▶Marktchancen


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Viele Schweinehalter stehen derzeit mit dem Rücken zur Wand. Die anhaltende Preiskrise, die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sowie die steigenden gesellschaftlichen Anforderungen stellen konventionelle Schweinehalter vor immer größere Herausforderungen.


Für Bioschweinehalter läuft es hingegen rund. Ferkelerzeuger freuen sich über Preise von 150 bis 160 € für ein 28 kg-Bioferkel. Biomäster erzielen derzeit Preise von rund 4,03 €/kg SG (Handelsklasse E, Stand September 2021; siehe Übersicht 1). „Diese Preise sind nach Berechnungen jedoch auch erforderlich, um die hohen Futter- und Arbeitskosten zu decken und wirtschaftlich zu arbeiten“, betont Bioberater Christian Wucherpfennig von der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen.


Nach wie vor übersteigt die Nachfrage das Angebot bei Bioschweinen. Der Selbstversorgungsgrad beläuft sich beim Bioschweinefleisch nach Informationen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) auf ca. 75%. „Rund ein Viertel des Bioschweinefleischs wird nach wie vor importiert, vor allem aus den Niederlanden und Dänemark“, erklärt Diana Schaack, AMI-Marktanalystin für Ökolandbau.


Einige Tierhalter überlegen deshalb, sich neu zu orientieren und auf Biohaltung umzustellen. Doch welche Perspektiven bietet der Bioschweinemarkt überhaupt? Im ersten Teil unserer top agrar-Serie „Bioschweine“ geben wir einen Überblick über die aktuelle Marktsituation und lassen Experten die Zukunftschancen für den Markt einschätzen.


Bioschweine bleiben Nische


„Im vergangenen Jahr lag das Wachstum bei rund 50% auf der Verbraucherseite“, berichtet Diana Schaack. Während die Nachfrage weiter anzieht, spiegelt sich der Bioboom auf der Erzeugerseite nur geringfügig wider (siehe Übersicht 2 auf Seite S22). „Im Jahr 2019 wurden rund 162000 Bioschweine in Deutschland gehalten, im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 1000 Tiere mehr“, beziffert Marktanalystin Schaack. Damit kamen im letzten Jahr deutschlandweit rund 350000 Bioschweine an den Haken.


„Mit einem Marktanteil von 0,6 bis 0,7% bleibt Bioschweinefleisch auch weiterhin eine Nische“, erklärt Bioberater Christian Wucherpfennig. In den letzten Jahren habe es zwar immer wieder Phasen mit Preisdruck gegeben, generell verzeichne der Bioschweinemarkt jedoch ein stetiges Wachstum. „Um die erwartete Nachfrage in den nächsten Jahren bedienen zu können, sind jährliche Wachstumsraten von 5 bis 10% in der Bioschweinefleischproduktion nötig“, prognostiziert Christian Wucherpfennig.


LEH fragt stärker nach


Wachstumstreiber ist vor allem der Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Sowohl die Vollsortimenter als auch die Discounter fragen verstärkt nach Biofleisch. Dieser Trend ist nach Aussage von Tomás Sonntag, Ressortleiter Tierische Produkte bei der Marktgesellschaft der Naturland Bauern, bereits seit zwei bis drei Jahren zu verzeichnen. Rund 61% des Biofleischs werden über den LEH vermarktet. Dieser bietet Wurstwaren und Fleisch überwiegend in der Selbstbedienung an.


Danach folgt die Vermarktung über den Naturkostfachhandel, inhabergeführte Lebensmittelmärkte sowie die Gastronomie und Metzgereien. Auf diese setzt Christoph Dahlmann, Geschäftsführer von Biofleisch NRW. In seiner Erzeugergemeinschaft sind rund 100 Betriebe aus NRW zusammengeschlossen. Wöchentlich werden 150 bis 200 Bioschweine geschlachtet. Im eigenen Zerlege- und Verarbeitungsbetrieb in Bergkamen (NRW) vermarktet das genossenschaftliche Unternehmen täglich rund 350 Artikel, davon 110 Wurstartikel. „Um der zukünftigen Nachfrage gerecht zu werden, haben wir die Produktionskapazitäten vor zwei Jahren bereits verdoppelt“, so Dahlmann.


Doch der LEH vergrößert nicht nur sein Biosortiment. Auch Markenfleischprogramme mit konventioneller Strohhaltung aus den Haltungsstufen 3 und 4 werden ausgebaut. Greifen Verbraucher angesichts der kostengünstigeren Alternativen also auch in Zukunft noch zu teurerem Biofleisch? Berater Christian Wucherpfennig ist davon fest überzeugt. „Bio hat den Vorteil, dass es für ein System steht, das auch die Ferkelerzeugung und den Futterbau einschließt“, sagt er. Bei den Haltungsformen 3 und 4 gebe es zudem keinen festen, etablierten Markt und keine Preise, auf die man sich als Erzeuger verlassen könne. „Das ist beim Bioschweinemarkt anders“, so Wucherpfennig.


Bioferkel sind Mangelware


Der begrenzende Wachstumsfaktor ist nach wie vor die geringe Verfügbarkeit von Bioferkeln. Der Grund ist, dass die Umstellung der Ferkelerzeugung auf bio oftmals nur mit tief greifenden Veränderungen und hohen Investitionskosten einhergeht. Oftmals lassen sich bestehende Sauenställe nicht nutzen, sodass für die Umstellung nur ein Neubau infrage kommt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Umstellungsphase oft sehr lang ist. „Von den ersten Umstellungsüberlegungen bis zum Abliefern des ersten Schlachtschweins sind zwei bis drei Jahre zu veranschlagen“, weiß Dr. Uwe Balliet, Geschäftsführer der Bio-Handel Nordwest GmbH. Das schreckt viele Schweinehalter ab.


In der Mast ist die Umstellung je nach Gebäudestruktur hingegen oft einfacher. Gerade jetzt erhalten Berater wieder vermehrt Umstellungsanfragen von Mästern, die nach Alternativen suchen. Aber auch dann stellt sich wieder die Frage: Wer liefert die Ferkel? Wie viele Bioferkel mittelfristig fehlen, ist schwer zu sagen. „Aber ein 10 %-iges Wachstum ließe sich locker im Markt unterbringen“, glaubt Diana Schaack von der AMI.


Auch wenn der Biosektor Potenzial bietet, sollten Schweinehalter die Hürden im Blick haben. Denn wer Bioschweine produziert, braucht auch deutlich mehr Fläche. Bei den Ökoverbänden wie Bioland oder Naturland sind zehn Mastschweine pro Hektar die Höchstgrenze – für 1000 Biomastschweine bräuchte man also rund 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Nach den Vorgaben der EU-Bioverordnung können je nach betriebsindividueller Situation auch mehr Tiere gehalten werden. Zum Vergleich: Konventionelle Schweinehalter könnten bei gleicher Fläche etwa doppelt so viele Mastschweine halten.


Ziel: ausgeglichener Markt


Der Markt für Bioschweine ist zwar klein, aber grundsätzlich aufnahmefähig für weitere Tiere. „Die Einkommens- und Absatzchancen sind momentan sehr gut. Bei der Angebotsausdehnung ist jedoch Vorsicht geboten. Bioschweinehalter sollten unbedingt feste Zusagen über die Nachfragemenge erhalten“, sagt Dr. Uwe Balliet von der Bio-Handel Nordwest.


Denn wenn zu viele Betriebe gleichzeitig umstellen, können schnell Überhänge entstehen. Der Wunsch der Branche ist ein ausgeglichener Markt. Und das lässt sich am besten über Abnahmeverträge steuern. „Vorab sollten auf jeden Fall feste Liefer- und Abnahmeverträge angefertigt werden“, rät Tomás Sonntag von der Marktgesellschaft der Naturland Bauern.


Für Neueinsteiger stellt sich zudem die Frage, ob man einem Öko-Anbauverband angehören muss. „Bei der derzeit knappen Versorgung ist es egal, ob es sich um EU-Bioware oder Verbandsware handelt“, erklärt AMI-Marktexpertin Diana Schaack. Bei einem ausgeglicheneren Bioschweinemarkt hat die Verbandsware für die Erzeuger jedoch deutliche Vorteile, weil sie nicht nur eine einfachere Vermarktung ermöglicht. Auch werden Zuschläge von rund 5 bis 10 Ct/kg Schlachtgewicht (SG) gezahlt.


Während Schweinehalter am konventionellen Markt derzeit mit massiven Verwerfungen kämpfen, hat die Coronapandemie am Bioschweinemarkt bislang kaum negative Spuren hinterlassen. Im Gegenteil. „Corona war ein Treiber, der die Bioschweinefleischware zusätzlich verknappt hat“, fasst Diana Schaack zusammen. „Zwar waren auch die Schlachtung und Verarbeitung im Biobereich zeitweise gestört. Die Lockdown-Situation war für den Biofleischumsatz insgesamt jedoch nicht nachteilig“, berichtet Tomás Sonntag. Nach Aussage von Dr. Uwe Balliet haben sich viele Verbraucher das Essen in den eigenen vier Wänden zubereiten müssen und dafür tendenziell zu mehr Tierwohlware gegriffen.


„Auch die Afrikanische Schweinepest (ASP) hat sich bislang nicht drastisch ausgewirkt, da der Bioschweinemarkt nicht vom Export abhängt“, erklärt Diana Schaack.


Preissprung auf 4,15 €?


Die Experten gehen davon aus, dass das Wachstum auch in den kommenden Jahren anhalten wird. In puncto Preisentwicklung gibt es noch Luft nach oben. „Meine Prognose ist, dass der Preis für E-Bioschweine noch auf ca. 4,10 bis 4,15 € steigen könnte und dann stehen bleibt“, schätzt Marktexpertin Diana Schaack ein.


caroline.juecker@topagrar.com

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