Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Biogas

Biogas aus Schweinegülle – geht das?

Das neue EEG sieht für Biogasanlagen mit mindestens 80 % Gülleanteil ab Januar 2012 eine höhere Einspeisevergütung vor.

Lesezeit: 6 Minuten

Das neue EEG sieht für Biogasanlagen mit mindestens 80 % Gülleanteil ab Januar 2012 eine höhere Einspeisevergütung vor. Was sollten Schweinehalter bedenken, bevor sie in die Biogasproduktion einsteigen?


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Aus Gülle Geld machen – davon träumt wohl jeder Schweinehalter. Diesem Ziel könnten viele Ferkelerzeuger und Mäster künftig ein Stückchen näher kommen. Denn die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) schafft neue Rahmen-bedingungen für die Biogaserzeugung aus Schweinegülle.


Künftig werden Kleinanlagen bis 75 Kilowatt (kW) Leistung und mindestens 80 % Gülleanteil in der Substratmischung mit pauschal 25 Cent je Kilowattstunde (kWh) gefördert. Der Gesetzgeber will hierdurch erreichen, dass künftig keine bzw. deutlich weniger Energiepflanzen in der Biogasproduktion eingesetzt werden. Das Umweltministerium erklärt die erhöhte Fördersumme außerdem damit, dass die Stromerzeugung in kleineren Biogasanlagen teurer ist, und auch bei einer Leistung von relativ wenigen Kilowatt ein hoher Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird.


Gülle ist nicht gleich Gülle!

Auch wenn die Biogasgewinnung aus Gülle durch das neue EEG interessanter wird, für Schweinehalter bleiben dennoch einige Knackpunkte bestehen:


  • Die Methanausbeute ist beim Einsatz von Schweinegülle 14 mal niedriger als beim Einsatz von Energiepflanzen.
  • Der Gasertrag aus der Trockenmasse von Schweinegülle liegt zwar knapp über dem von Rindern, aber relativ geringe Kotausscheidungen pro Tier machen diesen Vorteil wieder zunichte.
  • Reine Schweinegülle ist für die Biogas-produktion schwerer zu verwerten. Der Grund liegt in dem sehr hohen Wassergehalt von rund 95 %. Hinzu kommt, dass vor allem Sauengülle durch anfallendes Wasser bei der Stallreinigung zusätzlich verdünnt wird.


Viele Mastplätze nötig:

Aufgrund des hohen, nicht verwertbaren Wasseranteils wird eine große Tierzahl benötigt, um eine 75 kW-Anlage auszulasten. Beispielsweise sind beim Einsatz von mindestens 80 % Gülle und „Zufütterung“ von 20 % Energiepflanzen jährlich rund 4 400 m³ Gülle erforderlich. Das entspricht bei einem Gülleanfall von 1,70 m3 je Mastplatz (0,65 m3 je Tier bei 2,6 Mastdurchgängen) ca. 2 600 Mastschweineplätzen. Liegt der Gülleanfall bei 2,34 m3 pro Mastplatz, werden knapp 1 900 Mastplätze benötigt.


Deutlich größere Mastschweine-bestände werden benötigt, wenn ausschließlich Gülle vergärt werden soll. Für die reine Güllevergärung müssten etwa 12 000 m³ Gülle pro Jahr vorhanden sein. Das wären bei einem Gülleanfall von 1,70 m3 pro Platz gut 7 000 Mastplätze! „Zumindest in Süddeutschland sind solche Strukturen eher selten zu finden“, erklärt Dr. Stefan Rauh vom Fachverband Biogas. „Interesse an diesen Anlagen könnte also vor allem in den nordwestdeutschen Regionen oder im Osten aufkommen“, so der Experte.


Wenn die eigene Güllemenge nicht ausreicht bzw. „zu dünn“ ist, um eine 75 kW-Anlage zu „füttern“, könnte eine Betriebskooperation mit einem anderen Landwirt sinvoll sein. In diesem Fall könnte zusätzlich Rindergülle in die Anlage gepumpt werden. Stefan Rauh bewertet das dadurch entstehende Bakte-rienspektrum zwar als äußerst positiv für den Gärvorgang, er hat aber auch Bedenken: „Der stetige Gülletransport ist teuer und zeitaufwändig, das lohnt sich nur bei wenigen Kilometern Entfernung.


Eine zweite Alternative ist, die Anlagengröße an die im Betrieb vorhandene Güllemenge anzupassen. Möglich wäre zum Beispiel der Bau einer Biogasanlage mit 30 oder 50 kW Leistung.


Neue Anlagentechnik.

Die Entwicklung der Kleinbiogasanlagen steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Nur wenige Hersteller haben sich im Vorfeld der EEG-Novelle mit der Anlagenklasse unter 75 kW auseinandergesetzt. Dementsprechend sind die Anbieter mit den Planungen und Kalkulationen erst mit dem Bekanntwerden der Gesetzesinhalte vor einigen Monaten gestartet. Verläss-liche Daten gibt es bislang nicht.


Klar ist aber schon jetzt, dass frühere Anlagenkonzepte mit Nachgärer, großen Rührwerken usw. für die relativ niedrige Leistung deutlich zu aufwändig und zu teuer sind. Es zeichnet sich daher ein Trend hin zu einer verkleinerten, günstigeren Bauweise ab. Das bestätigt auch Dr. Manfred Dederer von der Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg: „Die Hersteller werden künftig wahrscheinlich eine Standardanlage anbieten und weniger individuelle Lösungen präsentieren, um günstige Angebotspreise zu ermöglichen“, prognostiziert Dederer.


Die neu entwickelten Anlagenkonzepte dürfen also mit Spannung erwartet werden. Erste Entwürfe sehen Containeranlagen (siehe Reportage ab Seite S 21), Fermentertürme mit einem so genannten Festbettreaktor (Reportage auf Seite S 23) sowie verkleinerte Versionen der üblichen Beton-Rundbehälter vor. Ob sich dabei generell eine Feststoffzuführung etabliert und/oder sich auch reine Güllesysteme durchsetzen, ist unklar.


Viele ungelöste Probleme.

Die spannendste Frage dürfte sein, ob sich die reinen Gülleanlagen rechnen. Viel hängt von den Investitionskosten ab. Dr. Arne Dahlhoff, Biogasberater bei der Landwirtschaftskammer NRW, hat in einer Modellrechnung die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen durchkalkuliert.


Beim Einsatz von 19 % Maissilage könnte ein Schweinemäster nach Berechnungen des Experten theoretisch 6 500 € pro kW investieren, ein Sauenhalter rund 4 900 €. Die Unterschiede beruhen auf den unterschiedlichen Trockensubstanz-Gehalten und Gaserträgen der eingesetzten Gülle.


Die kalkulatorischen Werte sind aber mit großer Vorsicht zu genießen, warnt der Experte. Zum einen liegen bislang überhaupt keine Erfahrungen vor, wie die Biogasproduktion mit einem hohen Anteil an Schweinegülle langfristig läuft. Fraglich ist z. B., ob die Anlagenbauteile den Belastungen standhalten und die Technik nicht verstopft.


Zum anderen ist zu bedenken, dass beim Einsatz von Maissilage oder anderen Feststoffen hohe Substratkosten entstehen können und der Gülletransport bei Kooperationsmodellen erheblich zu Buche schlagen kann. „All das belastet die Wirtschaftlichkeit und damit müssten die Investitionskosten pro kW installierter Leistung sinken. Preiswerter müssten die Anlagen auch bei reiner Gülleverwertung werden, da der Gasertrag deutlich niedriger ist“, gibt Arne Dahlhoff zu bedenken. Geklärt ist auch noch nicht die Frage, welche Auswirkungen der Einsatz von Desinfektionsmitteln nach der Stallreinigung auf die Arbeit der Bakterien hat.


Inwieweit sich Kleinanlagen am Markt künftig durchsetzen werden, darüber kann Dr. Dahlhoff derzeit nur spekulieren. „Bislang gibt es noch viele ungelöste Probleme“, warnt der Fachmann. Und Dr. Stefan Rauh sieht in den Kleinan-lagen bislang allenfalls eine Zuerwerbs-möglichkeit. Die Mehreinnahmen durch die Biogasproduktion schätzt er auf 15 000 bis 20 000 € pro Jahr.

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.