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Biogas: Hofanlagen bleiben interessant

Lesezeit: 10 Minuten

Schweinegülle liefert zwar weniger Gasertrag als Rindergülle. Trotzdem kann eine Hofbiogasanlage dem Betrieb viele Vorteile bringen. Dass zeigen Erfahrungen von Praktikern.


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Schweinestall mit Solarmodulen auf dem Dach und der Hofbiogasanlage nebenan: Für Alois Englhard aus Warching bei Monheim in Bayern gehören diese drei Standbeine unbedingt zusammen. „Wir können damit sehr viele Synergien nutzen“, fasst er die Erfahrung nach fünf Jahren Betrieb zusammen.


Englhard hält 100 Zuchtsauen und 200 Bullen. Früher hat er die Ferkel komplett verkauft. Doch wegen der schlechten Preise entschied er sich für den Einstieg in die Mast. Darum hat er im Jahr 2012 am Ortsrand einen Maststall mit knapp 1500 Plätzen gebaut. Hierin mästet er die rund 2500 eigenen Ferkel pro Jahr und kauft außerdem etwa 1600 Ferkel von einem Betrieb aus dem Nachbarort zu.


EEG-Förderung genutzt:

Der Bau des Maststalls fiel genau in die Zeit, als der Gesetzgeber mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eine spezielle Förderung für Hofbiogasanlagen bis zu einer Leistung von 75 Kilowatt (kW) einführte. Die Vergütung betrug 25 ct pro Kilowattstunde (kWh). Voraussetzung: Ein Gülle- oder Mistanteil von mindestens 80 Gewichtsprozent im Input.


Nach einer Umfrage der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe sind bis zum Jahr 2014 rund 200 dieser Anlagen entstanden. Nach Auskunft des Fachverbandes Biogas kommen pro Jahr rund 100 neu dazu. Auch das EEG 2017 fördert diese Anlagen mit einer höheren Vergütung, die aktuell bei 23,14 ct/kWh liegt.


In der Vergangenheit sind die meisten der Anlagen als sogenannte 80:20-Lösungen gebaut worden. Das heißt mit mindestens 80% Gülle oder Mist und 20% Energiepflanzen. Das EEG schreibt bei diesem Substratmix (anders als bei 100% Gülle) eine Verweildauer der Substrate von 150 Tagen im gasdichten Raum vor. Das bedeutet: Sowohl Fermenter als auch der nachgeschaltete Nachgär- oder Lagerbehälter müssen gasdicht abgedeckt sein.


Für so eine Anlage hat sich auch Schweinehalter Englhard entschieden. „Ich hätte sowieso neue Güllelager bauen müssen. Jetzt kann ich mit dem kostenlosen Substrat Strom und Wärme erzeugen.“ Die Anlage ist im Oktober 2013 mit 75 kW in Betrieb gegangen.


Da Schweinegülle eine geringe Gasausbeute hat, empfahl ihm sein Anlagenplaner Christian Quirrenbach von NQ-Anlagentechnik die Zugabe von ca. 200 t Silomais jährlich, also dem Aufwuchs von etwa 4 ha.


Anlage neben dem Maststall:

Direkt neben dem Maststall ist der Fermenter mit 14 m Durchmesser und knapp 920 m3 Volumen in den Boden eingelassen. Er besitzt eine Betondecke, durch die ein zentrales, senkrecht stehendes Langachsrührwerk geführt ist. Das ausgegorene Substrat gelangt in das Gärrestlager mit 22 m Durchmesser und 2280 m3 Inhalt. Es ist mit einem Foliendach als Gasspeicher abgedeckt.


Dem Fermenter vorgeschaltet ist eine im Boden eingelassene Vorgrube mit 392 m3 Volumen. Hier hinein laufen täglich durchschnittlich 8,5 m3 Schweinegülle aus dem Maststall. Wenn es betriebswirtschaftlich nötig ist, fährt er Rindergülle von seinem Betrieb im Dorf per Güllefass zur Anlage und pumpt es in die Vorgrube. Für den Betrieb der Biogasanlage benötigt er durchschnittlich 6,5 m3 Bullengülle pro Tag. Die Vorgrube hat für ihn den Vorteil, dass er bei schlechtem Wetter auch mal mehr Gülle hochfahren kann und so z.B. für Arbeitsspitzen auch mal bis zu 30 Tage Luft hat.


An den Fermenter angeschlossen ist ein Feststoffdosierer mit 15 m3 Volumen. Er ist tiefer gesetzt, sodass Englhard ihn mit einem herkömmlichen Frontlader beschicken kann und keinen Telelader oder Ähnliches benötigt. In diesen füllt der Landwirt im Schnitt zweimal täglich Festmist aus dem Bullenstall seines Bruders. „Ich muss zweimal täglich zum Maststall, da ist das kein zusätzlicher Weg“, beschreibt er. Der Bruder bekommt im Tausch für den Mist Stroh von Englhard. Außerdem fährt er die Gärreste kostenlos auf die Flächen seines Bruders.


Eigentlich hätte er so auch den Silomais füttern wollen. „Aber das ist nicht nötig, die Anlage produziert genug Gas, um das BHKW voll auszulasten“, hat er schon nach einem Jahr überrascht festgestellt. Der einst einsilierte Silomais von 5 ha liegt immer noch unberührt im Fahrsilo. „Die Anlage Englhard produziert rund 20% mehr Gas, als nach den Standard-KTBL-Werten rechnerisch möglich sind“, bestätigt Quirrenbach. Nur bei kalten Temperaturen im Winter füttert Englhard täglich einen Frontlader Maissilage minderer Qualität, die er seinen Bullen nicht füttert. „Das sind quasi Futterreste“, erklärt er.


Gute Erfahrungen:

Nach drei Jahren Betrieb hat er folgende Erfahrungen mit der Anlage gemacht:


  • Die Gasausbeute der Schweinegülle ist höher, als Literaturwerte gezeigt haben. In Kombination mit Bullengülle und -mist lässt sich die Anlage zu 96% mit Wirtschaftsdünger fahren.
  • Der große Gasspeicher auf dem Gärrestlager hat sich als sehr wichtig für eine hohe Auslastung erwiesen. Denn das Gas kommt bei dem hohen Gülleanteil nicht immer gleichmäßig. Der Gasspeicher ist so groß, dass Englhard bis zu 28 Stunden lang Gas speichern könnte. Das Volumen sorgt dafür, dass das BHKW kontinuierlich mit Brennstoff versorgt wird und so mit einer hohen Auslastung von fast 98% laufen kann.
  • Pro Jahr erzeugt Englhard rund 650000 kWh Strom.
  • Er bringt im Schnitt eine Stunde pro Tag für die Anlage auf.
  • Die Wartungs- und Reparaturkosten für die Technik ohne BHKW lagen mit rund 1200 € in drei Jahren sehr niedrig.
  • Die Anlage produziert trotz des hohen Gülleanteils und entsprechend hohem Wärmebedarf, um die Flüssigkeit konstant auf 42°C zu halten, genügend Wärme, um damit ein Wohnhaus und den Schweinestall mit 1500 Mastplätzen ganzjährig mit Wärme zu versorgen.
  • Mit der Anlage hat er abgedeckten Lagerraum für 250 Tage geschaffen und erfüllt somit fast die Vorgaben der neuen Düngeverordnung, die 270 Tage vorschreibt (für Betriebe, die nicht ausreichend Ausbringfläche haben).
  • Das ausgegorene Substrat riecht deutlich weniger, was in Dorfnähe bei den Anwohnern gut ankommt.


Englhard hat sich bewusst für eine Anlagentechnik entschieden, die auch bei Großanlagen verbaut wird. Die Anlage hat damit 550000 € gekostet, also 7300 €/kW. „Auf den ersten Blick sind das hohe Investitionskosten, aber die Anlage soll mir wenig Arbeit machen“, erklärt er. Er hat von Berufskollegen gehört, die deutlich weniger bezahlt haben, aber dafür auch mehr Zeit mit Störungsbeseitigungen und höheren Wartungskosten aufbringen müssen.


Die Anlage bringt mehrere Vorteile:


  • Er hat unabhängig von Schweine- oder Rindfleischpreisen ein monatliches Einkommen von 15000 € dank des Stromverkaufs von der Biogasanlage und 2500 € von der Photovoltaikanlage (128 kW auf dem Maststall).
  • Dank der Wärmezufuhr im Maststall konnte er die Luftaustauschraten verdreifachen. Das verbessert die Tiergesundheit.


Fermenter im Container:

Anfangs andere Erfahrungen hat Georg Schmidt aus Kipfenberg bei Ingolstadt (Bayern) gemacht. Er hat sich in seinem Betrieb mit 300 Zuchtsauen, 2000 Ferkelaufzuchtplätzen und 2100 Mastplätzen eine Kleinanlage zur Gülleveredelung erhofft. So hat er im Jahr 2010 eine Container-Kompaktanlage installiert. Sie bestand aus einem liegenden Fermenter im Röhrenformat („Propfenströmer“) mit 110 m3 Volumen, einem gasdicht abgedeckten Endlager mit 1000 m3 sowie einem Feststoffdosierer mit 7 m3.


Fermenter, Anlagensteuerung, Pumpen, Behälterheizung, Gasaufbereitung und BHKW sind in einem einzigen Container untergebracht. „In der Zeit hieß es, dass so eine damals neuartige Anlage mit wenig Arbeit die Gülle veredeln kann“, erinnert sich der Schweinehalter.


Er war somit einer der Ersten, die so eine Anlage bauten. Wie es oft bei Pionieren der Fall ist, war er schon bald ernüchtert: Vor allem das Zündstrahl-BHKW fiel öfters aus. Alle 700 Stunden waren die Injektoren kaputt, es gab viele Standzeiten. Dazu kamen die Kosten des BHKW-Herstellers für die weite Anfahrt der Monteure. Außerdem hat die Schweinegülle einen geringeren Methangehalt gebracht als ursprünglich gemäß der Referenzwerte prognostiziert. Zudem hatte eine Ammoniakhemmung im Fermenter für weniger Gas gesorgt, verursacht durch den hohen Stickstoffgehalt in der Gülle in Kombination mit der thermophilen Fahrweise (siehe dazu auch Interview auf Seite S32). Das Umstellen auf mesophile Fahrweise (Absenken der Temperatur auf 45°C) brachte Entlastung. Der Säuregehalt sank deutlich, zeigten Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).


Ein weiterer Knackpunkt war, dass Schmidt anfangs auf Getreideschrot als Ergänzung zur Gülle gesetzt hatte. Dann stiegen jedoch die Getreidepreise stark an und machten die Vergärung unwirtschaftlich. Schmidt schwenkte um auf Maissilage, musste dafür aber noch ein Fahrsilo bauen. Das erhöhte die anfänglichen Investitionskosten von 500000 € um weitere 100000 €. „Mit den unerwartet stark gestiegenen, hohen Rohstoffpreisen war die Anlage somit nicht sehr rentabel“, resümiert er.


Anders als Milchviehhalter, die häufig gute Erfahrungen mit der Vergärung von Gülle in Kompaktanlagen machen, hat Pionier Schmidt festgestellt, dass sich die wässrige Schweinegülle weniger als alleiniges Substrat in diesen Kleinanlagen eignet.


Vergrößerung auf 250 kW:

Als er im Jahr 2014 einen neuen Ferkelaufzuchtstall gebaut hatte, entschied er sich, die Anlage auf 250 kW zu vergrößern. Mit einem größeren BHKW wollte er den Wärmebedarf im Stall decken. „Da wir unter das EEG 2009 fallen, sind wir nicht an die 75 kW-Grenze gebunden“, erklärt er. Das ist erst bei Anlagen der Fall, die nach dem Jahr 2012 ans Netz gegangen sind und die Kleinanlagenförderung von 25 ct/kWh in Anspruch genommen haben.


Die Anlagenerweiterung hat weitere 550000 € gekostet, allein 100000 € der größere Trafo. Mit der Erweiterung stieg die täglich zugeführte Rohstoffmenge stark an.


Der kleine Fermenter hielt diese Belastung nicht aus, die Fettsäuren stiegen stark an und erreichten nach Messung der LfL-Werte von bis zu 20000 mg. Im Zuge der Erweiterung der Anlage stellte er das Konzept zusammen mit LfL und dem Anlagenhersteller um. „Aus dem Kompaktfermenter wurde eine vorgeschaltete Hydrolysestufe, in der keine Biogasproduktion, sondern der erste Schritt des Gärprozesses isoliert abläuft“, erklärt Gabriel Streicher von der LfL. Das angesäuerte Material gelangt im zweiten Schritt in den Nachgärer.


Mittlerweile läuft die Anlage rund, es gibt kaum noch Störungen. Heute füttert Schmidt 60% Schweinegülle, 35% Silomais sowie 5% Getreideschrot (etwa 1 t täglich) in den Fermenter.


Im Jahr kann er 80000 kWh Wärme im Wohnhaus und 390000 kWh im Stall nutzen. Hierfür hat er einen Wärmespeicher mit 40 m3 Volumen errichtet, von dem aus die Stallabteile mit Warmwasser versorgt werden. Setzt er die Wärme mit Kosten von 6 ct/kWh an, die bei einer neuen Ölheizung anfallen würden, spart er im Jahr rund 20000 € ein. Hinrich Neumann


Im Jahr kann er 80000 kWh Wärme im Wohnhaus und 390000 kWh im Stall nutzen. Hierfür hat er einen Wärmespeicher mit 40 m3 Volumen errichtet, von dem aus die Stallabteile mit Warmwasser versorgt werden. Setzt er die Wärme mit Kosten von 6 ct/kWh an, die bei einer neuen Ölheizung anfallen würden, spart er im Jahr rund 20000 € ein. Hinrich Neumann


Im Jahr kann er 80000 kWh Wärme im Wohnhaus und 390000 kWh im Stall nutzen. Hierfür hat er einen Wärmespeicher mit 40 m3 Volumen errichtet, von dem aus die Stallabteile mit Warmwasser versorgt werden. Setzt er die Wärme mit Kosten von 6 ct/kWh an, die bei einer neuen Ölheizung anfallen würden, spart er im Jahr rund 20000 € ein. Hinrich Neumann


Tipps zur Vergärung von Schweinegülle gibt ein Biogasexperte der Bayerischen LfL im nachfolgenden Interview.

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