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Brauchen Saugferkel mehr Eisen?

Lesezeit: 9 Minuten

Reicht die einmalige Gabe von 200 mg Eisendextran pro Saugferkel auch für moderne, frohwüchsige Herkünfte? Und wirken Eisenpasten genauso zuverlässig wie die Injektion?


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Saugferkel brauchen in den ersten Lebenstagen eine zusätzliche Eisengabe. Da der Ferkelorganismus das Spurenelement aber nicht selbst bilden kann, muss es von außen zugeführt werden. Das lernt bereits jeder Berufsschüler. Eisen ist wichtig für den Sauerstofftransport im Blut und die Energiegewinnung. Auch an den roten Muskelfarbstoff Myoglobin ist Eisen gebunden. Eisenmangel kann deshalb die körperliche Leistungsfähigkeit deutlich einschränken.


Wenig Eisen in der Milch


Saugferkel haben einen täglichen Eisenbedarf von etwa 10 mg. Die Sauenmilch ist jedoch von Haus aus sehr eisenarm und kann diesen Bedarf daher bei weitem nicht decken.


Wobei der geringe Eisengehalt der Muttermilch kein Systemfehler der Natur ist, sondern ein natürlicher Schutzmechanismus vor Infektionen. Das gilt besonders für Durchfallerkrankungen durch Bakterien. Denn alle Keime bzw. Krankheitserreger benötigen Eisen und einige Schwermetalle für ihren Stoffwechsel.


In der Natur tritt dieser Eisenmangel nicht auf. Denn unter natürlichen Bedingungen können Frischlinge im Waldboden wühlen, der je Gramm Erde 5 mg bis 35 mg dreiwertiges Eisen enthält (Fe³+). Um vom Organismus des Ferkels aufgenommen zu werden, muss das dreiwertige Eisen aber noch zu zweiwertigem Eisen (Fe2+) reduziert werden.


Wie viel Eisen die Saugferkel benötigen, hängt auch von ihrer Wachstumsgeschwindigkeit ab. Saugferkel moderner Hybridherkünfte wachsen dreimal schneller als Wildschweinfrischlinge. Dementsprechend hoch ist auch ihr Eisenbedarf, der für die Blut- und Muskelbildung benötigt wird.


Sobald die Ferkel festes Beifutter aufnehmen können, entschärft sich das Problem in der Regel sehr schnell. Denn der Eisengehalt der Prestarter reicht in den meisten Fällen aus, um den Bedarf der Ferkel mehrfach zu decken.


So weit die Theorie. Alle praktischen Erfahrungen zeigen jedoch, dass sich die Beifutteraufnahme der Ferkel kaum abschätzen lässt. 75% der Beifutteraufnahme eines Wurfes erfolgen erst in der vierten Säugewoche.


Bei guter Milchleistung der Sauen und konventioneller, trockener Beifütterung haben die gut entwickelten Ferkel bis zum Absetzen häufig kaum Beifutter aufgenommen, bei dreiwöchiger Säugezeit oftmals überhaupt kein Beifutter.


Geringe Körperreserven


Um abzuschätzen, wie viel Eisen den Saugferkeln zusätzlich zugeführt werden sollte, muss man zunächst die Eisenreserven abschätzen, mit denen die Tiere geboren werden. Der Eisenvorrat neugeborener Ferkel beträgt etwa 40 bis 60 mg/kg Körpergewicht. Das reicht unter dem Strich knapp bis zum zweiten oder dritten Lebenstag.


Zwischen den Würfen kann der Wert jedoch erheblich schwanken. Ein Teil der Ferkel wird bereits mit einem Eisendefizit geboren. Es ist daher praxisüblich, den Ferkeln zur Sicherheit am dritten bis vierten Lebenstag 200 mg Eisen in Form von Eisendextran in der Kniefalte unter die Haut oder in die Nackenmuskulatur zu spritzen.


Eisengabe splitten?


Die einmalige Eisengabe drei bis vier Tage nach der Geburt erfolgt vor allem aus arbeitswirtschaftlichen Gründen. Dabei wird ein Eisendepot angelegt, dass nach und nach vom Ferkel verbraucht wird und bis zur Aufnahme von festem Futter ausreichen soll.


Dabei können jedoch verschiedene Probleme auftreten:


  • Aus Sicht des Ferkels stellen die 200 mg Eisendextran anfangs eine massive Überversorgung dar. Nach der Eiseninjektion kann der Gesamteisengehalt im Blutplasma den Normalwert innerhalb von sechs Stunden um das 30-fache übersteigen! Das kann für Ferkel großer Würfe, die eher mit geringeren Geburtsgewichten zur Welt kommen, eine große Belastung sein.
  • Bei Ferkeln mit frühem Eisendefizit reicht diese einmalige Eisengabe nicht aus. Denn um das Eisen verwerten und einlagern zu können, müsste das Ferkel über die Sauenmilch genügend Vitamin E und Selen aufnehmen. Das ist aber bei großen Würfen und dementsprechend knappem Milchangebot nicht immer der Fall.
  • Frühe Eiseninjektionen können das Gewebe zudem oxidativ schädigen und in Einzelfällen, wenn die Ferkel zu wenig Kolostrum aufgenommen haben, sogar tödlich sein (siehe Zusatzinfo am Ende des Beitrags).


Deshalb kann es sinnvoll sein, die erste, frühe Eisengabe auf 100 mg zu reduzieren. Das ist schonender für die Ferkel. Dass ihre Leistungen trotzdem nicht darunter leiden müssen, zeigen verschiedene Untersuchungen. Vierzehn Tage nach der Verabreichung der reduzierten Eisenmenge waren die Hämoglobinwerte im Blut dieser Ferkel ähnlich hoch wie bei Ferkeln, die in den ersten Lebenstagen 200 ml Eisendextran erhalten hatten.


Allerdings ist dann spätestens am 15. Lebenstag eine zweite Eisengabe erforderlich. Das ist gerade bei modernen, leistungsfähigen Ferkelherkünften mit mehr als 230 g Zunahmen pro Säugetag wichtig, um einen Leistungsknick bei diesen Tieren zu vermeiden.


Injektion oder orale Gabe?


Alternativ kann auch eine orale Eisengabe am zweiten Lebenstag erfolgen, die später allerdings noch einmal durch eine zweite orale Gabe oder eine Eiseninjektion ergänzt werden muss.


Verschiedene Untersuchungen belegen, dass die Aufnahme des Eisens nicht von der Art der Verabreichung abhängt. Es ist egal, ob das Eisendex-tran über das Maul oder per Spritze verabreicht wird. Die Anreicherung in verschiedenen Organen wie Leber, Milz, Lymphknoten oder Dünndarm funktioniert bei beiden Verfahren ähnlich gut.


Rein theoretisch ist die orale Eisengabe sogar die bessere Alternative. Denn es werden im Darm die gleichen regulatorischen Mechanismen aktiviert, wie bei der natürlichen Eisenaufnahme aus eisenhaltigem Torf oder Waldboden. Deshalb können Eisenpasten in Form von Eisendextran oder Eisenmethionin bereits nach den ersten zwölf Lebensstunden gegeben werden – und damit deutlich früher als eine Eiseninjektion. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten der oralen Eisenversorgung bei jungen Saugferkeln:


  • Eisensulfat: Die einfachste Möglichkeit ist das Verfüttern von Eisensulfat an die Sauen. Die Sauen scheiden einen Teil des verstoffwechselten Eisens mit dem Kot wieder aus und dieser Kot wird dann von den Saugferkeln über das Maul aufgenommen.


Die Kotaufnahme ist wichtig für eine gerichtete Keimbesiedlung des Ferkeldarms. Die aufgenommene Kotmenge ist jedoch gering. Sie schwankt zwischen 10 und 30 g/Saugferkel. Deshalb eignet sich dieses Verfahren nicht für eine gezielte Eisenversorgung.


  • Eisenpasten: Präziser kann die Verabreichung über Eisenpasten erfolgen. Die orale Verabreichung dauerte in eigenen Untersuchungen kaum länger als die Eiseninjektion. Die Verabreichung der Paste nahm im Schnitt 44 Sekunden je Saugferkel in Anspruch und die Injektion 41 Sekunden.


Pasten müssen jedoch mindestens zweimal verabreicht werden – zwölf Stunden nach der Geburt und vierzehn Tage später ein weiteres Mal. Alternativ kann die zweite Gabe auch als Injektion erfolgen.


  • Pulver/Torf: Darüber hinaus können in der erste Hälfte der Säugezeit Eisenpulver und in der zweiten Hälfte der Säugephase Eisentorf an die Ferkel verfüttert werden. Beides wird in kleinen Anfütterungsschalen angeboten.


Doch welchem Verfahren sollte man den Vorzug geben? Ist die Injektion nicht sicherer? Denn es lässt sich nicht kontrollieren, wie viel Torf bzw. Eisenpulver die Ferkel tatsächlich aufgenommen haben. Und auch bei Pasten ist nicht immer sicher, ob die Saugferkel die ins Maul verabreichte Menge auch tatsächlich abgeschluckt haben.


Injektion ist sicherer


In puncto Sicherheit und Arbeitsaufwand hat deshalb die Eiseninjektion ganz klar die Nase vorn. Bei der Injektion können jedoch Verletzungen auftreten. Wird zum Beispiel zu tief gestochen, kann die Knochenhaut verletzt werden. Zudem besteht die Gefahr, dass an der falschen Stelle injiziert wird oder wichtige Hygieneregeln nicht eingehalten werden.


Fakt ist, dass mit jeder Injektion Keime von der Hautoberfläche in die Einstichstelle eingetragen werden können. Darüber hinaus können die Keime mit der Nadel von Ferkel zu Ferkel und von Wurf zu Wurf verschleppt werden. Deshalb wird empfohlen, nach jedem Wurf die Nadel zu wechseln.


Der Eintrag von Keimen ist bei der Eiseninjektion besonders kritisch, weil die Erreger Eisen für ihre Ernährung benötigen. Bei der Eiseninjektion wird den Keimen also gleich das nötige „Futter“ mitgeliefert.


Gerade in Beständen mit hohem Gesundheitsstatus verbleiben am Ende wenige „Allerweltskeime“, die eigentlich unbedenklich sind, an der falschen Stelle aber großen Schaden anrichten können. Ein gutes Beispiel dafür sind Gelenkentzündungen bei Saugferkeln. Durch die Ruderbewegungen am Gesäuge können Schürfwunden an den Karpalgelenken entstehen. Diese Schürfwunden öffnen dann Streptokokken und Staphylokokken Tür und Tor, die bei den Ferkeln schwer behandelbare Gelenkentzündungen verursachen können. Auch diesen Erregern dient das Eisen als Nahrung.


Eisenversuche in Köllitsch


Aufgrund eines Problems mit schwer therapierbaren Gelenkentzündungen bei einigen Saugferkeln in der Lehrwerkstatt Schwein (LWS) des Lehr- und Versuchsgutes (LVG) Köllitsch sollte in einer Untersuchung geklärt werden, ob bei großen Würfen und intensivem Wachstum die Standard-Eisenversorgung noch bedarfsgerecht ist. Außerdem ging man der Frage nach, ob die Art der Eisenversorgung möglicherweise einen Beitrag zur Verminderung der von Streptokokken bzw. Staphylokokken verursachten Problematik im Bestand leisten kann.


Dazu wurde in sechs Versuchsdurchgängen mit 1243 lebend geborenen Ferkeln die Eisenversorgung von Saugferkeln anhand der Menge (200 mg im Vergleich zu 100 mg + 100 mg sowie 100 mg + 200 mg), dem Zeitpunkt (3. gegenüber 3. und 10. Lebenstag) sowie der Applikationsart (Injektion im Vergleich zu oraler Gabe) variiert.


Es konnten zunächst keine Unterschiede in der körperlichen Entwicklung und in der Verlustrate zwischen den Versuchsgruppen während der Säugezeit festgestellt werden. Die Ferkel der Versuchsgruppen, deren Eiseninjektion gesplittet und gesteigert wurde (200 mg am 10. Lebenstag), entwickelten aber eine kräftigere Hautfarbe und hatten während der darauffolgenden Ferkelaufzucht signifikant höhere tägliche Zunahmen – vor allem gegenüber den Ferkeln mit oraler Verabreichung. Die Eisenversorgung beeinflusst demnach die körperliche Entwicklung der Ferkel über die Säugezeit hinaus.


Bei den Ferkeln mit oraler Versorgung waren die Zunahmen im Mittel etwas schlechter, dafür wurden jedoch signifikant weniger Gelenkentzündungen (-6%) festgestellt. Daraus schließen die Versuchsansteller, dass die orale Eisenversorgung zwar nicht zu dem gleichen optischen Gesamteindruck (Körperfärbung der Ferkel) führt, dafür jedoch einen Vorteil für die Tiergesund-heit haben kann.


henning.lehnert@topagrar.com

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