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China: Wie Phönix aus der Asche

Lesezeit: 5 Minuten

Die Afrikanische Schweinepest führt in China zu einem massiven Strukturwandel. Jetzt entstehen moderne Großanlagen mit höchsten Biosicherheitsstandards.


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Christa Rohlmann und Mandes Verhaagh, Thünen-Institut, Braunschweig.


Christa Rohlmann und Mandes Verhaagh, Thünen-Institut, Braunschweig.


Christa Rohlmann und Mandes Verhaagh, Thünen-Institut, Braunschweig.


Jedes noch so tragische Ende bietet zugleich die Chance für einen Neuanfang. Das gilt auch für die chinesische Schweinebranche, die zurzeit einen massiven Strukturwandel durchlebt. Auslöser dafür war die Afrika-nische Schweinepest (ASP), die sich rasend schnell im Reich der Mitte ausgebreitet hat.


Inzwischen sind alle Provinzen vom Seuchengeschehen betroffen. Nach offiziellen Angaben wurden seit dem ersten ASP-Ausbruch in China im August 2018 bis Ende August 2019 landesweit 156 ASP-Ausbrüche registriert. Und bis September dieses Jahres sollen 1,16Mio. Schweine gekeult worden sein.


Verschleppung über Blutmehl


Soweit die offiziellen Zahlen. Marktkenner gehen jedoch von weitaus mehr ASP-Fällen aus. Als Auslöser für die rasend schnelle Verbreitung wird das Verfüttern von Blut bzw. Blutmehl vermutet. Das in Schlachthöfen gewonnene Blut wird traditionell als Eiweißquelle an Schweine verfüttert. Das ist zwar mittlerweile verboten, lässt sich in der Praxis aber kaum kontrollieren.


Zudem wurden vermutlich noch viele Bestände notgeschlachtet und vermarktet, obwohl bereits deutliche Krankheitsanzeichen erkennbar waren. Denn es gibt zwar eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet 150€ je gekeultem Mastschwein. Es ist jedoch schwierig, als von der ASP betroffener Betrieb anerkannt zu werden. Das würde auch die krasse Abweichung zwischen offiziell bestätigten ASP-Fällen und dem tatsächlichen Rückgang der Sauen- und Mastbestände in China erklären.


Agrarökonomen des Netzwerks „agri benchmark“ gehen davon aus, dass der chinesische Schweinebestand im laufenden Jahr um die Hälfte abnehmen und die landesweite Schweinefleischproduktion um mehr als 30% einbrechen wird. Im Jahr 2018 produzierte China rund 54 Mio. t Schweinefleisch. In diesem Jahr werden es Schätzungen zufolge nur noch 40 Mio. t sein.


Preise gehen durch die Decke


Das extrem knappe Angebot lässt die Schweinepreise im Inland nahezu explodieren. Ende August knackten sie erstmals die Marke von 4€/kg Schlachtgewicht (SG). Große Preisdifferenzen zwischen den Provinzen heizen den Handel mit Schweinefleisch zusätzlich an und erhöhen dadurch das Risiko einer weiteren ASP-Verschleppung.


Nutznießer der wachsenden Versorgungslücke beim Schweinefleisch in China sind die Importeure aus Europa, allen voran Deutschland. Sie profitieren davon, dass China mit seinem zweitgrößten Schweinefleischimporteur USA noch immer im Clinch liegt. Nach eigenen Auswertungen konnten die Schweinefleischexporte aus der EU nach China dadurch im ersten Halbjahr 2019 um 42% auf beinahe 1 Mio. Tonnen gesteigert werden.


ASP forciert Strukturwandel


Und dieser Trend wird vermutlich in nächster Zeit weiter anhalten. Der Proteinbedarf der chinesischen Bevölkerung wird zwar inzwischen teilweise durch andere Fleischarten gedeckt. Insbesondere die Nachfrage nach Rind-, Hammel- und Geflügelfleisch wächst. Schweinefleisch ist und bleibt jedoch die wichtigste Fleischart in China.


Deshalb ist es das erklärte Ziel der chinesischen Regierung, den Selbstversorgungsgrad beim Schweinefleisch weiter auszubauen. Die Branche nutzt die seuchenbedingte Krise, um den Strukturwandel im Land des Lächelns voranzutreiben.


Bis vor Kurzem gab es in China noch mehr als 26 Millionen Schweinehalter. 91Prozent der Betriebe hielten weniger als 50 Schweine. Hinterhofhaltungen, sogenannte Backyard Farms, prägten das Bild. Gerade diese Betriebe hat man über die Afrikanische Schweinepest und notwendige Biosicherheitsmaßnahmen aber zu wenig aufgeklärt. Deshalb konnte sich das Virus so rasend schnell ausbreiten. Auf der anderen Seite gibt es eine wachsende Zahl von staatlichen und privaten Großbetrieben, in denen höchste Biosicherheitsstandards gelten. Zehn der weltweit größten Schweine haltenden Betriebe mit mehr als 100000 Sauen befinden sich in der Volksrepublik. Das größte chinesische Unternehmen, die Wen’s-Group, hielt 2018 bereits 1,2 Mio. Sauen und produzierte jährlich mehr als 22,3 Mio. Mastschweine. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa dem kompletten Sauenbestand Dänemarks oder dem Bestand der Niederlande.


Die staatlichen und privaten Großunternehmen verfügen über modernste Stallanlagen, die teilweise sogar in mehrstöckigen Hochhäusern untergebracht sind. Jedes der bis zu 13 Stockwerke kann als eigenständige Produktionseinheit gefahren werden. Das soll die Übertragungsgefahr von Krankheitskeimen vermindern.


Höchste Hygieneauflagen


Biosicherheit wird in diesen modernen Anlagen generell großgeschrieben. Futtermittel und Verbrauchsmaterialien werden streng kontrolliert, bevor sie in die Anlage gelangen. Als Eiweißträger wird in staatlichen Anlagen zum Teil ausschließlich Fischmehl verfüttert.


Auch für die Mitarbeiter gelten höchste Hygieneauflagen. Vor Arbeitsbeginn müssen sie eine 72-stündige Quarantäne einhalten. Anschließend dürfen sie und ihre Familienangehörigen, die ebenfalls innerhalb des eingezäunten Farmgeländes wohnen, den Betrieb für die Dauer des jeweiligen Mastdurchgangs nicht mehr verlassen.


Das alles wird dazu führen, dass China nach der ASP-Misere besser und wettbewerbsfähiger dasteht als je zuvor. Experten gehen allerdings davon aus, dass das Land noch mindestens fünf Jahre braucht, um sich vom derzeitigen Seuchenzug zu erholen.


henning.lehnert@topagrar.com

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