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Das „letzte Ferkel“ – Fluch oder Segen?

Lesezeit: 6 Minuten

Jedes zusätzlich verkaufte Ferkel bringt Geld. Stimmt das, oder „fressen“ die Mehrkosten den zusätzlichen Erlös wieder auf?


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Das Wohl und Wehe in der Ferkelerzeugung hängt maßgeblich von der biologischen Leistung der Sauenherde ab. Eine wichtige Kennzahl für Ferkelerzeuger ist die Anzahl der abgesetzten Ferkel pro Sau und Jahr. Die erfolgreichen Betriebe setzen in der Regel deutlich mehr Ferkel ab als der Durchschnitt. Wie Übersicht 1 zeigt, liegen zwischen dem oberen Viertel der Betriebe und dem Durchschnitt in jedem Wirtschaftsjahr seit 2008/2009 zwei bis drei abgesetzte Ferkel. Auffällig ist dabei, dass sich die besseren Betriebe in den letzten Wirtschaftsjahren tendenziell sogar zusehends vom Durchschnitt absetzen konnten.


Die Gründe für die zusätzlich abgesetzten Ferkel pro Sau und Jahr sind vielfältig. So haben die erfolgreicheren Ferkelerzeuger


  • eine fast 2,5% geringere Umrauschquote,
  • eine um 4% höhere Abferkelrate,
  • fast 2,5 mehr lebend geborene Ferkel pro Wurf,
  • gut 1% niedrigere Saugferkelverluste im Abferkelstall und
  • eine um zehn Ferkel höhere Lebensaufzuchtleistung pro Sau.


Mehr Ferkel, höhere Kosten


Nun stellt sich die Frage, ob die „biologisch guten Betriebe“ auch ökonomisch erfolgreicher sind oder ob sie sich das „letzte Ferkel“ einfach nur teuer erkaufen. In diesem Zusammenhang lohnt sich der Blick auf die einzelnen Kostenblöcke in der Ferkelproduktion. Denn neben den Direktkosten müssen auch Gebäude-, Arbeitskosten usw. berücksichtigt werden. Insgesamt lassen sich die Kosten drei Kategorien zuordnen:


  • Fixkosten, die nicht von der Ferkelanzahl beeinflusst werden, sind der Jungsauenzukauf, die Besamung und der Scannerservice, die Beiträge zur Tierseuchenkasse, die sonstigen Direktkosten sowie die Gebäudekosten für das Deckzentrum und den Wartestall. Bei diesen Kosten ist es also egal, wie viele Ferkel aufgezogen werden, die Kosten bleiben immer gleich.
  • Zu den Kosten, die durch steigende Ferkelzahlen kaum beeinflusst werden, zählen das Sauenfutter sowie der Aufwand für Energie und Wasser.
  • Produktionskosten, die sich maßgeblich durch die Ferkelanzahl verändern, sind: Das Ferkelfutter, die Kosten für die Tiergesundheit wie z.B. Impfungen, die Gebäudekosten für den Abferkel- und Ferkelaufzuchtstall sowie die Kosten für die Arbeitszeit im Abferkelstall und in der Ferkelaufzucht.


In den ersten beiden Kostenblöcken werden die Mehrkosten, die durch Leistungssteigerungen entstehen, oft durch die höhere Anzahl an verkauften Ferkeln überkompensiert. Steigende Ferkelzahlen führen hier häufig zu einer Kostendegression! Zwei Beispiele sind die Kostenblöcke Besamung und Energieaufwand.


Anders ist das bei den Kosten der dritten Kategorie. Sie stehen in direktem Zusammenhang mit der Anzahl der produzierten Ferkel, denn mit jedem zusätzlich produzierten Ferkel steigen die Produktionskosten an. Inwieweit sie sich erhöhen, lässt sich sehr genau definieren.


Beispiel Ferkelfutterkosten: Wie in Übersicht 2 auf Seite S14 zu sehen, steigen die Kosten für den Einsatz von Ferkelmilch und Prestarter im Abferkelstall bei wachsenden Wurfgrößen an. Das liegt einerseits an den zusätzlich geborenen Ferkeln pro Wurf, andererseits an den sinkenden Geburtsgewichten. Denn in großen Würfen reicht die Milchleistung der Muttersau oft nicht aus, dann muss entsprechend mehr zugefüttert werden. ▶


Ein weiteres Beispiel sind die Kosten für die Ferkelimpfungen. Diese steigen mit jedem zusätzlichen Ferkel absolut gesehen ebenfalls an, da jedes verkaufsfähige Ferkel im Durchschnitt 2,5 Impfungen erhält (vergleiche Übersicht 3). Setzt man pro Impfung Kosten in Höhe von 1,50 € an, liegen die Mehrkosten mittlerweile bei 3,75 € pro Tier.


Investitionen notwendig


Gerade größere Betriebe investieren bei steigenden Wurfzahlen in zusätzliche Technik, um alle Saugferkel optimal versorgen zu können. Gefragt sind vor allem automatische Saugferkelbeifütterungen, die mittlerweile verschiedene Stalltechnik-Hersteller im Programm haben.


Die Investition in ein solches Tassensystem geht häufig in den fünfstelligen Euro-Bereich. Wie stark dadurch das „letzte Ferkel“ belastet wird, zeigt Übersicht 4. Unterstellt man Investitionskosten von rund 200 € pro Abferkelbucht, liegen die Jahreskosten bei 33 €. Unter Berücksichtigung von jährlich zehn Abferkeldurchgängen und 2,35 Würfen pro Sau und Jahr wird das „letzte Ferkel“ rein rechnerisch dadurch mit Zusatzkosten in Höhe von 7,76 € belastet.


Bei diesem Betrag dürfte mancher Sauenhalter zunächst kräftig durchatmen. Zu bedenken ist bei der Betrachtung aber, dass nicht nur das letzte Ferkel von der automatischen Zufütterung profitiert, sondern letztendlich der gesamte Wurf. Denn in der Regel sinken die Saugferkelverluste, die Absetzgewichte steigen und die Würfe sind homogener. Unterstellt man 30 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr, wird jedes Ferkel „nur noch“ mit 1,10 € belastet.


Weitere Kosten verursacht das „letzte Ferkel“ in der Aufzucht. Denn auch dieses Tier benötigt einen eigenen Platz im Ferkelaufzuchtstall. Hierfür sind in vielen Betrieben zusätzliche bauliche Investitionen nötig. Unterstellt man Baukosten in Höhe von 280 € pro Ferkelaufzuchtplatz und eine Abschreibungsdauer von 15 Jahren, betragen die Zusatzkosten je zusätzlich produziertem Ferkel 4,51 €.


Größere Würfe erhöhen am Ende immer auch den Arbeitsaufwand. Neben der Betreuung während der Geburt fallen die zusätzliche Fütterung und die Behandlung der Saugferkel ins Gewicht. In der Ferkelaufzucht steigt der Arbeitsaufwand ebenfalls an. Laut Auswertungen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen müssen 0,45 Arbeitsstunden pro Sau und Jahr zusätzlich einkalkuliert werden. Bei 30 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr sowie einem Lohnansatz von 20 € pro Stunde entstehen dadurch Zusatzkosten von 0,30 € pro Ferkel.


Erlöse über Grenzkosten


Ob sich das „letzte Ferkel“ am Ende wirklich rechnet, wird klar, wenn alle Kosten und Erlöse gegenübergestellt werden. Wie in Übersicht 5 beispielhaft anhand eines Betriebes mit 300 Sauen dargestellt, betragen die Produktionskosten 1820 € pro Sau. Bei einer Leistung von 29 verkauften Ferkeln pro Sau und Jahr sind das knapp 64 € je Ferkel. Werden die zuvor beschriebenen Investitionen getätigt und steigt die Leistung auf 30 verkaufte Ferkel, kostet das Ferkel rechnerisch knapp 87 €.


Wird damit das „letzte Ferkel“ unwirtschaftlich? Nein! Denn für die Produktion einer zusätzlichen Einheit – in diesem Fall Ferkel – sind nicht die Gesamtkosten entscheidend, sondern die Grenzkosten im Verhältnis zum möglichen Ertrag.


Die Grenzkosten liegen in diesem Praxisbeispiel bei knapp 40 € pro Ferkel. Dem gegenübergestellt werden muss der Ferkelerlös. Er lag im Durchschnitt der letzten zehn Wirtschaftsjahre bei 63 € pro Ferkel. Das bedeutet: Mit dem „letzten Ferkel“ lässt sich in der momentan sehr guten Marktphase ganz sicher ein positiver Grenzgewinn erzielen. Erst bei Erlösen von unter 40 € wendet sich das Blatt.


marcus.arden@topagrar.com

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