Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Dem Biofilm Paroli bieten

Lesezeit: 8 Minuten

Wie lassen sich Tränkeleitungen gründlicher reinigen, chemisch oder per Impulsspülung? Die FH Südwestfalen hat es ein Jahr lang in einem Praxisbetrieb verglichen.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wasser ist das wichtigste Nahrungsmittel für die Schweine, denn es ist für eine ganze Reihe von Körperfunktionen unverzichtbar. Dazu gehören unter anderem die Verdauungsprozesse, der Nährstofftransport, die Thermoregulation und viele Stoffwechselreaktionen. Nimmt das Schwein zu wenig Wasser auf, weil es verunreinigt ist oder nicht schmeckt, reduziert es bald auch die Futteraufnahme und die Leistung sinkt.


Deshalb ist entscheidend, dass neben der erforderlichen Durchflussrate der Tränke auch die Wasserqualität stimmt. Empfehlungen bzw. Orientierungswerte für die Tränkewasserqualität findet man in der Futtermittel-Hygieneverordnung. Wichtige Kenngrößen sind unter anderem der pH-Wert des Wassers, seine elektrische Leitfähigkeit sowie der Gehalt an löslichen Salzen, Mineralstoffen, Spurenelementen und unerwünschten Stoffen.


Ein besonderes Problem stellt der so- genannte Biofilm dar. So wird der schmierige, grün-braune Belag bezeichnet, der sich im Laufe der Zeit in Tränkeleitungen und Vorratsbehältern absetzt. Er besteht aus Mikroorganismen, ihren Stoffwechselprodukten und Bestandteilen des Wassers wie Kalk-, Eisen- und Manganverbindungen. Die Mikroorganismen ernähren sich aber auch von Vitaminen, biologischen Säuren, Zuckerverbindungen und Medikamenten, die dem Tränkewasser zugesetzt werden.


Biofilm: Nährboden für Keime


Der Biofilm ist ein idealer Nährboden für Schadkeime. Hier können sie sich optimal vermehren. Der Belag schützt sie zudem vor Hygienemitteln, die dem Tränkewasser vorsorglich zugesetzt werden.


Ausgangsbasis für den Keimbewuchs können die Wasserrohre selbst sein. Weichmacher und Antioxidantien, die dem Kunststoff bei der Herstellung zugesetzt werden, dienen den Bakterien dabei als Nahrungsgrundlage.


Die Bildung des Biofilms wird zusätzlich dadurch begünstigt, dass die Schweine das Wasser bei Zapfentränken mit dem Maul direkt an der Leitung aufnehmen oder die Wasserleitung bei Schalentränken direkt in die Wasserschale mündet. Das ist zum Beispiel bei Beckentränken und Aqualevel-Systemen der Fall.


Bei beiden Varianten können Keime aus dem Maul der Schweine über die Tränke direkt in die Leitung gelangen und dort zu einem Biofilm heranwachsen. Man spricht hier von einem rückwärts gerichteten Eintrag.


Je wärmer das Wasser und je geringer die Durchflussrate ist, desto größer ist die Gefahr, dass sich Biofilm bildet. Leitungen im Flatdeck sind deshalb besonders gefährdet. Begünstigt wird die Biofilmbildung auch, wenn das Wasser lange in den Leitungen steht, weil die Bucht, das Abteil oder der gesamte Stall längere Zeit leer steht.


Sind die einzelnen Bakterienzellen im Biofilm herangereift, lösen sie sich ab und verteilen sich gleichmäßig im Tränkewasser. Die Folge: Die frisch eingestallten Ferkel nehmen mit dem ersten Wasser einen ganzen Cocktail von Keimen auf. Und das geschieht zu einem Zeitpunkt, wenn die Tiere durch Transportstress, Futterwechsel und Rangordnungskämpfe ohnehin geschwächt sind.


Das führt zu verminderten Leistungen der Schweine. Im Extremfall verlieren sie sogar Gewicht. Und dieser Verlust der ersten Tage wird von vielen Tieren zeitlebens nicht wieder aufgeholt.


Effektiv reinigen, aber wie?


Deshalb ist es wichtig, die Tränkeleitungen regelmäßig und gründlich zu reinigen. Doch welches Verfahren eignet sich im unbelegten Abteil dafür am besten? Der Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen in Soest hat dazu drei Varianten verglichen:


  • Bei der Kontrollgruppe wurde vor dem Einstallen lediglich das Standwasser aus der Leitung abgelassen.
  • Bei der zweiten Gruppe haben die Forscher die Leitung per Impulsspülung gereinigt.
  • Und bei der dritten Variante erfolgte eine chemische Reinigung nacheinander mit alkalischen und sauren Melkmaschinenreinigern. Zwischen den Reinigungsphasen hat man die Leitungen gründlich mit Wasser gespült.


Zum Verständnis: Bei der Impulsspülung werden Wasser und Druckluft mithilfe eines Impulsspülgerätes im Wechsel in die Tränkeleitung gegeben. Dadurch entstehen Verwirbelungen, die den Biofilm lösen sollen. Pro Bucht spülten die Untersucher die Zuleitung zu den Tränkenippeln jeweils fünf Minuten lang.


Bei der chemischen Reinigung wurden die Leitungen zunächst mithilfe eines Dosatron-Medikamentendosierers mit einer 2%-igen alkalischen Reinigungslösung befüllt. Nach 24 Stunden Einwirkzeit hat man die Lösung mit klarem Wasser aus der Leitung gespült. Anschließend befüllten die Versuchstechniker die Tränkeleitungen mit einer 1%-igen Lösung eines handelsüblichen sauren Melkmaschinenreinigers. Nach weiteren zwölf Stunden Einwirkzeit wurde auch diese Reinigungslösung mit Wasser aus der Leitung gedrückt.


Der Versuch erfolgte von Dezember 2018 bis September 2019 in drei Mastdurchgängen unter Praxisbedingungen in einem Mastabteil eines konventionell arbeitenden Betriebes in Nordrhein-Westfalen. Das Versuchsabteil verfügte über 24 Buchten mit jeweils 21 Tieren pro Bucht. Das Tränkewasser gelangte über drei PVC-Stichleitungen in den Stall, die jeweils acht Buchten versorgten. Jede Bucht war mit zwei Tränke-nippeln und einer Schalentränke ausgestattet.


Pro Reinigungsvariante und Durchgang beprobten die Versuchsansteller in drei Buchten je einen Tränkenippel. Dabei entnahmen sie jeweils zwei Wasserproben, eine nach dem Ausstallen bzw. vor dem Reinigen und die zweite Probe unmittelbar vor dem Einstallen der neuen Mastläufer.


Vor der Probennahme ließen die Versuchstechniker an der jeweiligen Entnahmestelle zunächst eine Minute lang das Standwasser ablaufen. Dann wurden die Kugelnippel desinfiziert und 500 ml Wasser in eine sterilisierte Glasflasche abgefüllt.


Keimbelastung gemessen


Die quantitative mikrobiologische Untersuchung der Proben erfolgte unmittelbar danach im Labor der FH Südwestfalen. Die Labormitarbeiter erfassten die Gesamtkeimzahl (GKZ), die Coliformen Keime (CK) und den Gehalt an E.coli-Bakterien.


Die Verminderung der Keimbelastung berechneten sie durchgangsweise. Aus den drei Proben jeder Variante wurde zunächst der Mittelwert berechnet. Die neun Ausgangsproben hat man zusammengefasst und dann ebenfalls der Mittelwert berechnet. Dieser Wert wurde als „Ausgangswert 0“ bezeichnet und die Veränderungen durch die Reinigungsvarianten dazu in Relation gesetzt. Aus den Werten der Durchgänge berechneten die Forscher anschließend die Reduktionsfaktoren.


Chemische Reinigung top


Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung sind in Übersicht 1 dargestellt. Die beste Reinigungsleistung erzielte die chemische Reinigung der Tränkeleitungen, genauer gesagt der aufeinanderfolgende Einsatz von alkalischen und sauren Melkmaschinenreinigern. Durch diese Behandlung konnte der Keimgehalt in den Leitungen nahezu auf Null gesetzt werden. Das Wasser aus den so gereinigten Leitungen eignete sich hervorragend für die Tiere.


Beim zweiten Verfahren, der Impulsspülung, wurden vermutlich einige Biofilmpartikel in der Tränkeleitung gelöst. Die Dauer von fünf Minuten reichte jedoch offensichtlich nicht aus, um alle Keime aus der Leitung zu spülen. Die coliformen Keime und die E.coli-Bakterien wurden nur angelöst und waren dadurch in den nachfolgenden Beprobungen vermehrt nachweisbar.


Bei der Kontrollgruppe, bei der man nur das Standwasser aus der Leitung abgelassen hatte, war die Wasserqualität wie erwartet am schlechtesten. Sowohl bei der Kontrollgruppe als auch bei der Impulsspülung konnten sich die Keime während der Standzeiten bis zur nächsten Belegung durch die Wärme optimal vermehren. Nach den Vorgaben der Tränkewasserempfehlungen des BMEL wurde das Wasser dieser beiden Varianten als untauglich eingestuft.


Die gute Wasserqualität bei den chemisch gereinigten Tränkeleitungen spiegelte sich auch in den Leistungen der Tiere wider, wie Übersicht 2 verdeutlicht. Im Vergleich zur Kontrollgruppe haben die Schweine, deren Tränkeleitungen chemisch gereinigt wurden, bei gleichem Einstallgewicht während der Mast 4 kg Lebendmasse mehr zugenommen und dafür vier Tage weniger Zeit benötigt.


Die Schweine an den impulsgespülten Leitungen waren beim Einstallen 2 kg leichter als die Tiere der anderen Gruppen. Und dieses Defizit konnten sie im Verlauf der Mast nicht ausgleichen.


Das Fatale bei einer zu hohen Keimbelastung des Tränkewassers ist, dass die schädigende Wirkung in der Regel nicht sofort sichtbar wird. Überschreitet der Keimgehalt deutlich die Grenz-werte, gehen die Tageszunahmen zurück, die Tiere werden krankheitsanfälliger und die Fruchtbarkeit leidet. Die Symptome sind jedoch eher unspezifisch. Meist wird die Verschlechterung nicht der Wasserqualität angelastet, sondern der Jahreszeit, der Genetik oder einer schlechten Futterqualität.


Gestützt werden diese Vermutungen oft dadurch, dass die Minderleistungen beziehungsweise die Gesundheitsprobleme im ganzen Betrieb auftreten und nicht nur in bestimmten Stallabteilen. Denn wenn eine Tränke zu hohe Keimgehalte aufweist, gilt das meist für den kompletten Betrieb.


Im Notfall austauschen


Wenn Ihnen beim Spülen der Leitungen auffällt, dass das Wasser sehr schmutzbeladen ist, sollten Sie die Leitungen im unbelegten Stall daher unbedingt chemisch reinigen. Achten Sie jedoch darauf, die Leitungen danach gründlich nachzuspülen. Denn sonst können die Schweine durch die Aufnahme von Reinigerresten vergiftet oder verletzt werden!


Bei sehr starker Verschmutzung müssen Sie zudem nach der Ursache forschen! Liegt es am Brunnenwasser, sollten Sie eine Filteranlage vorschalten oder – falls möglich – auf Stadtwasser umstellen.


Ist die Qualität des eingespeisten Wassers in Ordnung, liegt vermutlich eine aufsteigende Biofilmbildung vor. Die Keime wandern von den Tränken in die Leitungen ein. Sind die Rohrleitungen bereits etliche Jahre alt und bringt die Reinigung keinen durchschlagenden Erfolg, sollten Sie die Tränkeleitungen erneuern, dann regelmäßig chemisch reinigen.


henning.lehnert@topagrar.com

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.