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Der Ferkelüberschuss im Süden schrumpft rasant

Lesezeit: 7 Minuten

Vor zehn Jahren haben Baden-Württemberg und Bayern noch 4 Mio. Ferkel überregional vermarktet. Heute beziehen immer mehr süddeutsche Mäster Einstalltiere von außerhalb. Wird der Süden zur Zuschussregion?


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Um die Jahrtausendwende war Süddeutschland die wichtigste Bezugsquelle für Ferkel in Mitteleuropa. Die Sauenhalter in Bayern und Baden-Württemberg belieferten nicht nur die Mäster in ihren Regionen. Die Erzeugung war so groß, dass sie auch Nordwestdeutschland, Belgien, Frankreich und Spanien jedes Jahr mit mehreren Millionen Ferkeln versorgen konnten.


Doch der Ferkelmarkt hat sich dramatisch gewandelt. Nicht nur Westeuropa ist als Absatzmarkt für süddeutsche Ferkel weggebrochen. Auch die Lieferungen an Abnehmer in Norddeutschland gingen in den letzten Jahren stark zurück. Hauptgrund: Die gewaltigen Importmengen aus Dänemark und Holland von mittlerweile 9 Mio. Stück pro Jahr haben die Ferkel aus dem Süden mehr und mehr verdrängt.


Damit nicht genug. Inzwischen beziehen auch Mastbetriebe in den ehemals starken Exportländern Baden-Württemberg und Bayern jährlich mehrere Hunderttausend Ferkel von außerhalb.


Ferkel strömen von Ost- nach Süddeutschland


Die meisten dieser Ferkel kommen aus den neuen Bundesländern. So liefert allein die Straathof Holding GmbH, die in ihren ostdeutschen Anlagen 1,2 Mio. Ferkel pro Jahr erzeugt, jährlich 200 000 Tiere nach Bayern. „Unsere Tiere gehen fast ausschließlich an Rein-Raus-Mäster in den Regionen Passau, Landshut und Augsburg“, berichtet Straathof-Verkaufsleiter Evert Rooijakkers. „Die Partien haben Größen von 220 bis 2 500 Ferkel.“


Die Nachfrage nach großen Partien aus einem Betrieb ist ausschlaggebend dafür, dass sich Mäster in Süddeutschland für Ferkel aus anderen Regionen entscheiden. Denn in Süddeutschland selbst reicht das Angebot an großen Ferkelgruppen nicht aus. Vor allem sehr große Partien mit mehr als 600 Tieren sind Mangelware.


Die Betriebe im Süden beziehen vorwiegend Piétrain-Ferkel, weil die Schlachthöfe vor Ort weiterhin fleischreiche Tiere fordern. Allerdings gibt es auch einige Mäster, die Duroc-Ferkel einstallen. Die Betriebe vermarkten die fertigen Mastschweine in der Regel lebend ins Ausland oder an Schlachthöfe in Ostdeutschland.


Weitere Bezugsquellen für Ferkel sind NRW und Dänemark. So vermarktet etwa die Erzeugergemeinschaft Rheinland mit Sitz in Moers jährlich 80 000 Ferkel nach Bayern. Davon kommt nur etwa die Hälfte aus dem Rheinland, wobei sich die Gruppengröße zwischen 150 bis 400 Stück bewegt. „Die übrigen Ferkel stammen aus größeren Partien aus Ostdeutschland und Dänemark“, erläutert EG-Geschäftsführer Dr. Frank Greshake. Die Gruppen umfassen hier 500 bis 3 500 Tiere.


Erzeugergemeinschaften erfassen überregional


Dass sich die EG Rheinland nicht mehr allein auf ihr Stammgebiet konzentriert, sondern auch in anderen Regionen Ferkel zukauft, ist laut Greshake unausweichlich: „Nur wer auch sehr große Gruppen anbieten kann, bleibt bei den Mästern auch mit Ferkeln aus rheinischen Familienbetrieben im Geschäft.“


Weil die Nachfrage nach diesen Partien so groß ist, kaufen inzwischen auch fast alle süddeutschen Erzeugergemeinschaften und Viehvermarkter überregional sehr große Gruppen zu. „500er bis 600er Partien von Piétrain-Ferkeln aus Topigs oder Danzucht-Betrieben im Norden und Osten sind bei bayerischen und baden-württembergischen Mastbetrieben sehr begehrt. Deshalb müssen wir auch diese Tiere anbieten“, bestätigt Markus Götz, Verkaufsleiter Ferkel bei der Viehzentrale Südwest GmbH.


Die Vermarktung in Süddeutschland ist jedoch keine Einbahnstraße. Denn dem Ferkelstrom von Norden nach Süden steht weiterhin ein starker überregionaler Absatz von Ferkeln aus Baden-Württemberg und Bayern gegenüber. Dass sich süddeutsche Ferkel trotz des enormen Angebotsdrucks aus Dänemark und Holland noch überregional vermarkten lassen, liegt vor allem daran, dass sie fleischreicher sind als andere Herkünfte.


Nischen im Norden


So beziehen nach wie vor Mäster in Norddeutschland mehrere Hunderttausend Ferkel aus dem Süden. „Wir bedienen dort zwar nur noch Nischen, aber wir wollen diese Märkte nicht komplett aufgeben“, betont Herbert Klein, Geschäftsführer der UEG Hohenlohe-Franken. Die Erzeugergemeinschaft, die rund 100 000 Ferkel pro Jahr nach Norddeutschland vermarktet, versucht derzeit, Mäster im Norden direkt an Ferkelerzeuger in Baden-Württemberg zu binden.


Zweitwichtigster Absatzmarkt für süddeutsche Ferkel sind zurzeit Kroatien und Italien. Die Mäster dort verlangen typbetonte Tiere. Allerdings bestehen die meisten Abnehmer auf große Ferkelpartien. So vermarktet z. B. die UEG vor allem Großgruppen von 500 bis 700 Stück aus spezialisierten Aufzuchthöfen nach Kroatien. In Süddeutschland nimmt aktuell die Produktion von Systemferkeln, die in spezialisierten Betrieben aufgezogen werden, wieder zu, weil große Gruppen so begehrt sind.


Zum Teil gehen auch Kleingruppen in das ehemalige Jugoslawien, aber nur in begrenzten Mengen. Das Gros der Mischpartien bleibt in Süddeutschland.j


Osteuropäische Länder wie Rumänien, Ungarn oder Polen spielen für süddeutsche Vermarkter derzeit nur eine untergeordnete Rolle. Gründe sind die unbefriedigenden Preise und die schlechte Zahlungsmoral. „Für uns ist der osteuropäische Markt einfach nicht lukrativ“, bestätigt Hans Häusler, Geschäftsführer der EG Schwaben. Die Erzeugergemeinschaft vermarktet 80 bis 90 % ihrer Gesamtmenge von 1,1 Mio. Ferkel pro Jahr in Bayern. Rund 50 000 Tiere exportiert sie nach Kroatien und Italien, eben so viele gehen an Abnehmer in Norddeutschland.


Ein kleiner, aber interessanter Absatzmarkt ist Österreich. Das Land importiert pro Jahr 150 000 Ferkel, die meisten davon aus Süddeutschland. Grund: Die österreichischen Mäster fragen in der Regel sehr fleischreiche Ferkel nach. Dies macht sich z. B. die Viehzentrale Südwest zunutze, die regelmäßig BW-Hybriden in 200er bis 600er Gruppen nach Österreich liefert.


In Niederbayern fehlen 300 000 Ferkel


Noch wichtiger für die überregionale Vermarktung von Ferkeln aus dem Südwesten ist Bayern. So fehlen in der Masthochburg Niederbayern jährlich rund 300 000 Ferkel. Willi Wittmann, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh und -fleisch Oberbayern Ost und Niederbayern (EON), rechnet aufgrund der zahlreichen Bauvorhaben in der Mast damit, dass dieses Defizit in den nächsten Jahren um weitere 60 000 bis 80 000 Tiere steigen wird.


Deshalb hat sogar die EON, die bislang strikt regional ausgerichtet war, Betriebe aus Baden-Württemberg in die Erzeugergemeinschaft aufgenommen. Diese liefern jährlich 40 000 typbetonte BW-Hybriden an Mäster in Niederbayern. Deutlich größer sind die Stückzahlen, die die UEG und private Händler von Baden-Württemberg nach Bayern vermarkten.


Die Umwälzungen in der Ferkelvermarktung bleiben nicht folgenlos für die süddeutsche Schweineproduktion. Die Mastkapazitäten haben im Süden in den letzten Jahren zugelegt. Gleichzeitig ist die Sauenhaltung in Baden-Württemberg und Bayern seit 2003 um 15 bis 20 % eingebrochen (siehe Übersicht auf S. S 5).


All das trägt zu einem spürbaren Rückgang des Ferkelüberschusses bei. „In beiden Bundesländern ist der Ferkelüberhang seit 2003 um jeweils 1 Mio. Tiere gesunken“, schätzt Dr. Claus-Ulrich Honold von der Landesstelle für landwirtschaftliche Marktkunde. Nach seiner Kalkulation betrug 2009 der Überschuss in Baden Württemberg noch rund 800 000 und in Bayern noch gut 300 000 Ferkel. Etliche Marktexperten sind sogar überzeugt, dass in Bayern der Überhang bereits komplett geschmolzen ist.


Wie groß die Ferkelüberschüsse derzeit genau sind, ist letztlich zweitrangig. Denn die Verlagerung von der Sauenhaltung in Richtung Mast scheint in Süddeutschland weiter anzuhalten. Bleibt es dabei, wird sich in wenigen Jahren auch Baden-Württemberg zur Zuschussregieon für Ferkel entwickeln.


Wir halten fest


Die steigenden Ferkelimporte aus Dänemark und Holland sowie die Lieferungen von großen Ferkelpartien aus den neuen Bundesländern machen den Ferkelerzeugern und -vermarktern in Süddeutschland schwer zu schaffen. Süddeutsche Ferkel sind zwar noch am norddeutschen Markt präsent, sie haben aber an Bedeutung verloren. Zum Teil weichen die Vermarkter in Richtung Süden aus, vor allem nach Kroatien, Italien und Österreich.


Auch die Märkte in Süddeutschland sind mittlerweile hart umkämpft, weil immer mehr Mäster große Ferkelpartien verlangen. Um diese Abnehmer nicht zu verlieren, erfassen inzwischen auch süddeutsche Erzeugergemeinschaften Ferkel in Ostdeutschland, Nordrhein-Westfalen und Dänemark. Die Überschussregion Süddeutschland könnte sich zum Zuschussgebiet für Ferkel entwickeln.


Klaus Dorsch

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