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Der Staat schützt seine Schweinehalter

Lesezeit: 5 Minuten

Schweinehaltung in Norwegen funktioniert anders: Obwohl die Betriebe mit maximal 105 Sauen oder 700 Mastplätzen wirtschaften dürfen, arbeiten sie dank staatlicher Subven-tionen rentabel. Dennoch hat das norwegische Agrarmodel Schattenseiten.


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In Norwegen scheint die „Schweine-Welt“ noch in Ordnung zu sein. Obwohl die Veredler im Schnitt nur 79 Sauen halten, können die Norweger, die nicht zur EU gehören, erfolgreich wirtschaften. Der Grund: Der norwe-gische Staat sichert die Existenz der Landwirte durch Subventionen und hohe Importzölle.


Wirtschaften nach Plan:

Das norwegische Agrarmodell gibt seit den 90er-Jahren maximale Betriebsgrößen bei der Nutztierhaltung vor. In der Schweinehaltung sind 105 Sauen bzw. 2100 verkaufte Mastschweine pro Jahr die Obergrenze für die Betriebe. Das entspricht ca. 700 Mastplätzen. Jungsauen zählen aber nicht zu den produktiven Sauen. Daher liegen die wahren Bestandsobergrenzen eher bei 150 bis 200 Sauen. Dementsprechend fallen die Remontierungsraten mit 60% sehr hoch aus.


Das Agrarmodell hat das Ziel, die Schweinehaltung trotz geografischer und meteorologischer Nachteile möglichst im gesamten Land zu erhalten (siehe Übersicht 1). Durch hohe Zölle und Einfuhrverbote schottet das Land seinen Binnenmarkt vor Billigimporten ab. Dementsprechend ist die Landwirtschaft nur über eine starke Subventionierung möglich. Je nach Region kommen 20 bis 75% der Einnahmen aus Subventionen. Das Geld stammt dabei aus den staatlichen Öl- und Gasverkäufen, die die Norweger finanziell unabhängig machen.


Die Reglementierungen prägen die Produktion: Die norwegische Veredlung ist mit knapp 90000 Zuchtsauen verteilt auf 1120 Sauenherden sehr klein-strukturiert. Etwa 30% der Betriebe halten weniger als 50 Sauen. Die 1211 Mäster erzeugen im Jahr nur ca. 1,6 Mio. Schlachtschweine (s. Übersicht 2). Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt knapp unter 100%. Das alles erweckt den Anschein eines gut funk-tionierenden Modells. Doch der Schein trügt. Die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten führen dazu, dass jährlich etwa 4% der Betriebe aus der Tierhaltung aussteigen. Besonders Junglandwirten fehlt die Perspektive.


Hohe Tierschutzauflagen:

Weit voraus sind uns die Norweger in puncto Tierschutz. Das Kupieren der Ferkelschwänze ist schon seit 2003 nicht mehr zulässig. Und es scheint zu funktionieren. Nach offiziellen Angaben weisen nur etwas über 1% der geschlachteten Mastschweine Verletzungen durch Schwanzbeißen auf. Auch das betäubungslose Kastrieren ist bereits seit 2002 der Narkosebehandlung und Immunokastration gewichen. Improvac ist in Norwegen zugelassen und wird bei etwa 10% der Eber eingesetzt. Die restlichen 90% kastriert der Tierarzt unter Lokalanästhesie mit Lidocain.


Höhere Tierschutzauflagen gelten auch für Sauen: Seit 1989 ist die Gruppenhaltung tragender Sauen und seit 2003 das freie Abferkeln in Bewegungsbuchten Pflicht. Nur wenn Sauen besonders aggressiv sind, dürfen sie nach der Geburt für maximal sieben Tage fixiert werden. Das Mindestmaß für die Abferkelbucht liegt bei 6m². Neuere Abferkelbuchten werden bereits mit einer 8m2 großen Grundfläche gebaut.


Landwirte sind zudem verpflichtet, ihren Sauen drei Tage vor der Geburt Nestbaumaterial wie Stroh zur Verfügung zu stellen. Auch für die Ferkel ist ein planbefestigter, leicht eingestreuter Liegebereich während der mindestens 28-tägigen Säugezeit vorgeschrieben.


Gruppenhaltung im Deckzentrum:

Mit dem System des freien Abferkelns setzten die Norweger im letzten Jahr im Schnitt 25,9 Ferkel pro Sau und Jahr ab. In der Zucht findet man hauptsächlich die norwegische Landrasse, Yorkshire und Duroc – Piétrain nur selten.


Auch im Deckzentrum gilt die Pflicht zur Gruppenhaltung. Die Sauen werden überwiegend künstlich besamt. Nur bei besonders nervösen Tieren darf der Landwirt die auffällige Sau für maximal sieben Tage im Kastenstand fixieren. Im Durchschnitt sind 11,5% Umrauscher zu beobachten. Das ist vergleichbar zu Deutschland.


Im Wartestall sind häufiger Gruppenhaltungssysteme zu finden, die sich in einen planbefestigten, eingestreuten Liegebereich und einen mit Spalten-boden ausgelegten Fressbereich unterteilen. Kastenstände mit Selbstfangvorrichtung ermöglichen es, dass jede Sau ungestört fressen kann. Jeder tragenden Sau müssen mindestens 3,0 m2 Fläche zur Verfügung stehen. Bei mehr als zehn Sauen pro Gruppe reduziert sich die Mindestfläche auf 2,25 m2 pro Tier.


Mast in Kleingruppen:

Die Mast erfolgt in der Regel in Kleingruppen mit je 12 Tieren am Quertrog. Im Gewichtsbereich von 85 bis 110 kg müssen jedem Tier 0,8 m2 zur Verfügung stehen und über 110kg sind es 1 m².


Als Beschäftigungsmaterial dient häufig frisches organisches Beschäftigungsmaterial wie z.B. Heu oder Stroh. Das Stroh muss klein gehäckselt sein und auf den Liegeflächen verteilt werden, damit die Reste nicht das Flüssigmistsystem verstopfen.


Da die Futterkosten besonders hoch sind, arbeiten viele Norweger mit Flüssigfütterungen und setzen neben Weizen, Gerste und Hafer vermehrt Nebenprodukte ein. Besonders ist, dass Tier- und Fischmehle erlaubt sind und in hohem Maße eingesetzt werden. Und das mit einem guten Ergebnis: Die norwegischen Mäster erzielten im vergangen Jahr durchschnittlich 996 g Tageszunahmen (siehe Übersicht).


Auch in Norwegen müssen die Landwirte Geld verdienen. Aktuell liegt der Preis bei 2,50 € je kg Schlacht-gewicht (SG), also deutlich über dem EU-Niveau. Wobei nicht Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Die Höhe der Subventionen und die Preise für landwirtschaftliche Produkte werden zwischen den beiden Bauernverbänden und dem Ministerium für Landwirtschaft jährlich neu ausgehandelt – jeweils abhängig von den anfallenden Kosten. Auf diese Weise sind in jedem Fall die Produktionskosten gedeckt, und das wirtschaftliche Risiko ist gering.


Probleme gibt es dennoch, und zwar auf der Vermarktungsseite. So ist auch in Norwegen der Schweinefleischverzehr rückläufig. Mit steigenden Einkommen legen die Norweger mehr Wert auf Gesundheit und Tierwohl.


Neues Marketing-Konzept:

Um das Image des Fleisches neu zu beleben, haben die norwegischen Fleisch- und Eierproduzenten eine eigene Marketing-Fondsgesellschaft gegründet. Sie trägt die Bezeichnung „Matprat“ und wird durch die Landwirte über eine feste Abgabe je kg SG finanziert. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf, Schweinefleisch als „modern“ zu vermarkten. Zwar ist der Preis einer der wichtigsten Faktoren, die über den Kauf eines Produktes im Supermarkt entscheiden. Zunehmend rückt jedoch die „Geschichte“, die sich hinter dem Produkt verbirgt, für den Verbraucher in den Vordergrund. Dazu zählen z.B. die Herkunft des Tieres, die Haltungsbedingungen sowie die Verarbeitung und Informationen zum Landwirt selbst.


Prof. Dr. Ziron/A.-K. Stumpenhorst

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