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Die Ammoniakverluste müssen runter!

Lesezeit: 7 Minuten

Sinkende Ammoniakemissionen machen die Gülle wertvoller, weil mehr Stickstoff darin gebunden wird. Das entlastet das Düngekonto des Betriebes und die Umwelt. Die Minderung funktioniert, wenn im Stall, im Lager und bei der Fütterung die Weichen richtig gestellt werden.


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Deutschland hat sich vor ca. zwei Jahren durch die Verabschiedung der 43. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchV) dazu verpflichtet, seinen Ammoniakausstoß (NH3) nachhaltig zu senken. Hintergrund sind die Vorgaben der europäischen NEC-Richtlinie (Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe). Bis zum Jahr 2030 müssen die NH3-Emissionen im Vergleich mit dem Referenzjahr 2005 um 29% sinken!


Passiert ist bislang nicht viel, wie Übersicht 1 zeigt. Während die Staub-, Schwefeldioxid- oder Kohlenmonoxidemissionen in den letzten Jahren deutlich gesunken sind, blieb der Ammoniakausstoß in Deutschland seit den 1990er-Jahren nahezu konstant. Bedenkt man, dass die Landwirtschaft für ca. 95% der gesamten Ammoniakemissionen verantwortlich ist, wird deutlich, wie groß der Druck auf die Branche mittlerweile ist.


Minderungspotenzial Im Stall


Einen großen Beitrag zur Reduktion muss die Nutztierhaltung leisten, da ihr Ammoniakausstoß erheblich ist. Laut Umweltbundesamt stammen etwa 74% der Emissionen aus der Tierhaltung und rund 20% aus dem Pflanzenbau. Rechnet man den Ausstoß von Milchkühen und anderen Rindern, Schweinen sowie Geflügel zusammen, summiert sich der NH3-Ausstoß auf ca. 500 Kilotonnen pro Jahr. Davon wiederum entfallen etwa 80 Kilotonnen auf die Schweinehaltung. 73% entstehen in der Mastschweinehaltung, 21% im Sauenbereich und 5% in der Ferkelaufzucht.


Damit die Werte nachhaltig sinken, gilt es, die richtigen Stellschrauben zu finden. In der Veredlung muss der Fokus ganz klar auf den Stall und das Güllelager gelegt werden. Denn knapp 66% der NH3-Emissionen entstehen im Stall und gut 12% bei der Lagerung, wie das Beispiel Mastschweinehaltung in Übersicht 2 verdeutlicht.


Temperatur und Feuchtigkeit


Wichtig für die Senkung der Emissionen sind die Klimabedingungen im Stall. Vor allem die Temperatur hat großen Einfluss darauf, wie viel Ammoniak freigesetzt wird. Bei steigenden Temperaturen nehmen die NH3-Emissionen generell zu. Freibelüftete Ställe ohne Auslauf, in denen die Temperaturen zumindest in Teilbereichen des Gebäudes in der Regel niedriger sind und wo geringere Luftvolumenströme herrschen als in geschlossenen Ställen, scheinen hier im Vorteil zu sein.


Das KTBL (Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft) schätzt das Minderungspotenzial auf rund 15 bis 30% ein und beruft sich dabei auf Schätzwerte aus Einzelmessungen. Endgültige Klarheit sollen umfangreiche Messungen liefern, die derzeit vom KTBL im Rahmen der Projekte EmiDaT und EmiMin koordiniert werden.


Wichtig sind auch trockene Flächen im Stall. In diesem Fall wird vermieden, dass der Harnstoff mit Feuchtigkeit reagiert und durch den chemischen Prozess der Urease zu Ammoniak und Kohlendioxid aufgespalten wird. Generell kritisch sind in diesem Zusammenhang planbefestigte Außenausläufe zu bewerten, die nicht bzw. nur teilüberdacht sind.


Kleine Kotbereiche tragen ebenfalls zur NH3-Reduktion bei, weil die emittierende Oberfläche insgesamt kleiner ist als wenn die Schweine mehrere Kotzonen anlegen. Auch hier könnten Tierwohlställe mit klar definierten Funktionsbereichen in Zukunft Vorteile bringen. ▶


Technische Lösungen können ebenfalls dazu beitragen, dass der NH3-Ausstoß sinkt. Bei fast allen Systemen bzw. Konzepten ist das Ziel, Kot und Harn schnellstmöglich zu trennen bzw. die emittierende Oberfläche zu verkleinern. Je nach Verfahren wird das NH3-Minderungspotenzial mit 30 bis 70% angegeben. Laut den BVT-Merkblättern (Beste Verfügbare Techniken), in denen technische Verfahren zur Emissionsminderung beschrieben werden, sind beim Einbau von geneigten Seitenwänden im Güllekanal bis zu 50% NH3-Reduktion möglich.


Der Einbau von Unterflurschiebern im Güllekanal kann ebenfalls eine Lösung sein. Ältere Systeme laufen auf geradem Untergrund und schieben das Kot-Harn-Gemisch zusammen in eine Vorgrube am Ende des Stalles. Neuere Schiebersysteme hingegen trennen Kot und Harn bereits im Kanal. In diesem Fall muss der Boden des Kanals mit Gefälle gebaut werden. Der Harn fließt dann in eine mittig sitzende Rinne und von dort in einen Auffangbehälter, während der Kot auf dem schrägen Boden liegen bleibt und mithilfe des Schiebers aus dem Stall geschoben wird.


Gülle kühlen?


Die vierte technische Lösung ist die Güllekühlung. Bei dieser Variante werden entweder bereits beim Stallbau Kühlleitungen in der Bodenplatte verlegt. Die Alternative sind schwimmende Kühlrippen, die auch nachgerüstet werden können. Ob die Kühlung allerdings ökonomisch und ökologisch tragbar ist, hängt sehr stark davon ab, ob regenerative Energieträger in ausreichender Menge zur Kühlung vorhanden sind und ob die Wärme wiedergewonnen werden kann.


Auch die Abluftreinigung trägt zu sinkenden NH3-Emissionen bei. Am effektivsten arbeiten Chemowäscher, danach folgen Biofilter und Biowäscher. Die Ablufttechnik ist allerdings nach wie vor sehr teuer. Je nach Größe des Stalles reichen die Kosten von 16 € pro Platz und Jahr bei mehr als 2000 Mastplätzen und bei günstiger Kostenstruktur bis hin zu 38 € pro Tierplatz und Jahr bei weniger als 1000 Plätzen und ungünstiger Kostenstruktur.


Fütterung bietet Potenzial


Ein bedeutender Hebel im Hinblick auf die Reduzierung der Ammoniakausscheidungen ist die Fütterung. Zu viel Protein im Futter führt dazu, dass das Schwein das Überangebot mit hohem Energieaufwand abbauen muss und der enthaltene Stickstoff mit dem Harn ausgeschieden wird. Das muss nicht sein. Denn sinkt der Rohproteingehalt im Futter um 10 g, fallen die Ammoniakemissionen um rund 10% aus. Bei geringeren Rohproteingehalten verringert sich außerdem die Wasseraufnahme der Tiere, da weniger Wasser im Organismus benötigt wird, um harnpflichtige Substanzen über die Niere auszuscheiden. Als Folge daraus gehen die Harnmenge und die Güllemenge zurück.


Die NH3-Emissionen sinken außerdem, wenn der Anteil der bakteriell fermentierbaren Faser in der Ration erhöht wird. In diesem Fall verschiebt sich nämlich die Stickstoffausscheidung vom Harn zum Kot. Der Vorteil: Stickstoff im Kot ist weniger leicht flüchtig, da er im unverdauten Protein oder im Bakterienprotein enthalten ist. Leider funktioniert dies bei höheren Rohproteingehalten deutlich besser als bei den derzeit üblichen niedrigeren Werten.


Übersicht 3 verdeutlicht die Zusammenhänge. Während der N-Ansatz im Zuwachs und der Kot-Stickstoff bei einem Überschuss an Futterprotein nahezu konstant bleiben, erhöht sich der Anteil an Harn-N deutlich.


Auch die Leistung der Tiere spielt eine wichtige Rolle. Bei höheren biologischen Leistungen sinkt die N-Ausscheidung je kg Zuwachs bzw. je Ferkel. Das führt am Ende dazu, dass die Ammoniakfreisetzung bei gleichem Produktionsumfang sinkt. In puncto Fütterung ist zudem wichtig, dass immer in Phasen gefüttert wird und der Rohproteingehalt durch den gezielten Einsatz von synthetischen Aminosäuren gesenkt wird.


Güllezusätze und Ansäuerung


Inwieweit der Ammoniakausstoß durch den Einsatz von Güllezusätzen wie Säuren, Urease-Hemmer, organischen Stoffen, Gesteinsmehlen, Kalk, Bakterienpräparate usw. sinkt, lässt sich bislang schwer beziffern. In Versuchen gibt es immer wieder sowohl positive als auch negative Ergebnisse. Der Zusatz von Schwefelsäure und Gesteinsmehl scheint noch am besten geeignet zu sein, um die Emissionen zu senken. In beiden Fällen sinken die Ammoniakemissionen deutlich stärker als in allen anderen Varianten.


Durch der Zugabe von Säure sinkt der pH-Wert in der Schweinegülle auf pH5 bis 6. So wird ein Gleichgewicht zwischen Ammonium und Ammoniak hergestellt. In der Folge gehen die Ammoniakemissionen um gut 60% zurück. Noch nicht endgültig geklärt sind bislang die Kosten des Verfahrens. Am Institut für Landtechnik und Tierhaltung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft werden derzeit im Rahmen von Versuchen im Technikumsmaßstab verschiedene Fragestellungen zum Säurebedarf, zur Betonkorrosion und zur Akzeptanz etc. geprüft. Geklärt werden muss im Rahmen der Versuche auch die Frage, welche Folgen der Säurezusatz für die JGS-Anlagenprivilegierung (Jauche-Gülle-Sickersaft) hat.


Fakt ist, dass die verschiedenen Minderungsmaßnahmen von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich gut funktionieren. Die Wahl der geeigneten Verfahren muss deshalb in jedem Fall einzelbetrieblich geprüft und getroffen werden. Dabei sind neben der Frage der technischen Einbindung in den Betriebsablauf und den Kosten auch die Anforderungen an das Management der jeweiligen Verfahrenstechnik zu berücksichtigen.


marcus.arden@topagrar.com


Unsere Autoren


Dr. Stefan Neser und Dr. Stephan Schneider, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

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