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„Die Buchten müssen sechs Tage geschlossen bleiben“

Lesezeit: 5 Minuten

Florian Schweppe arbeitet seit fast zwei Jahren mit Bewegungsbuchten im Abferkelstall. Die Hochschule Osnabrück hat die Leistungen und das Verhalten der Sauen und Ferkel analysiert.


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Florian Schweppe (29) traut sich was. Als er im Jahr 2014 gemeinsam mit seinem GbR-Partner Reinhard Evers im niedersächsischen Heidekreis einen neuen Stall für 560 Sauen baute und dafür über 1 Mio. € in die Hand nahm, entschied er sich für den Einbau von 108 Bewegungsbuchten. Und das, obwohl er bis dato über keinerlei Praxis-erfahrungen mit solchen Buchtensystemen verfügte. „Ich bin quasi ins kalte Wasser gesprungen“, meint Schweppe rückblickend.


ProDromi-Buchten:

Seine Entscheidung hatte aber durchaus ernste Hintergründe. Der Landwirt wollte verhindern, dass er die neuen Abferkelabteile bereits vor Ablauf der Abschreibungszeit wieder umbauen muss. „Ich gehe fest davon aus, dass der Gesetzgeber Bewegung in der Abferkelbucht in Zukunft vorschreibt. Sollten Bündnis90/DieGrünen nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr das Agrarressort bekommen, wird das Thema auf die Tagesordnung kommen“, begründet der Unternehmer seine Entscheidung.


Für die Auswahl der Buchten hat sich der junge Landwirt Zeit gelassen. Zunächst schaute er sich mehrere Buchtentypen an. Darunter war auch die sogenannte ProDromi-Abferkelbucht des holländischen Anbieters Vereijken. Die Bucht hat Florian Schweppe sofort zugesagt, weil sich der Hersteller seiner Meinung nach viele Gedanken über das Gesamtkonzept gemacht hat. Folgende Vorteile haben ihn überzeugt:


  • Die Frischluft strömt unter dem Futtertrog direkt an die Nase der Sau.
  • Das Ferkelnest steht vorne am Gang, das erleichtert die Tierkontrolle.
  • Die Ferkel lassen sich einfach im Nest einsperren, weil der Ausgang bequem vom Gang aus verriegelt werden kann.
  • Die Trogkontrolle ist einfach, weil der Futtertrog vorn am Gang sitzt.
  • Das Nest ist rundherum geschlossen. Dadurch kann die Abteilinnentem-peratur auf 19°C gesenkt werden. Das entlastet den Kreislauf der Sauen.
  • Der Boden verfügt über ein Hoch-Tief-Profil. Das verhindert, dass die Sauen ausrutschen.
  • Alle Buchtenwände sind nur 50 cm hoch, der Zugang zur Bucht ist leicht.


Investiert hat Schweppe 900€ pro Bucht, ca. 300€ mehr als für eine Standardbucht. Darin enthalten sind die Buchtentrennwände, der Ferkelschutzkorb, das Ferkelnest, der Boden sowie Wassernippel und Futtertrog. Jede Bucht ist inklusive Ferkelnest 6,5 m2 groß, das sind ca. 1 m2 mehr als in herkömmlichen Abferkelbuchten.


Leistungen analysiert:

Dass die Bewegungsbuchten keine Fehlinvestition waren, hat der Unternehmer inzwischen schwarz auf weiß. Die Hochschule Osnabrück hat folgende Punkte näher untersucht:


  • Gibt es Unterschiede in den biologischen Leistungen, insbesondere bei den Erdrückungsverlusten?
  • Verhalten sich die Sauen und Saugferkel in Teilfixierung anders als bei kontinuierlicher Fixierung?
  • Wirkt sich die Bewegungsmöglichkeit negativ auf das Gesäuge aus?


Für den Praxisversuch wurden die Ferkelschutzkörbe erst am sechsten Lebenstag der Ferkel geöffnet. In der Kontrollgruppe blieb der Korb während der gesamten dreiwöchigen Säugezeit geschlossen.


Sauen laufen wenig.

Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Ferkelverluste betrugen 10,2% in den Bewegungsbuchten und 9,8% in den geschlossenen Buchten. „Zu beachten ist hierbei, dass die Zahl der lebend geborenen Ferkel in den Bewegungsbuchten um 0,7 Ferkel höher war“, betont Florian Schweppe. Die Erdrückungsverluste unterschieden sich dagegen nicht, in den Bewegungsbuchten lagen sie sogar um 1,6% niedriger.


Die Geburtsgewichte der Ferkel in den Laufbuchten waren aufgrund der größeren Würfe signifikant geringer. Der Abstand blieb bis zum Öffnen des Ferkelschutzkorbes konstant. Danach holten die in den geöffneten Buchten gesäugten Ferkel aber auf, die Tageszunahmen waren sogar signifikant höher. Bei Versuchsende am 18. Lebenstag wogen die Versuchstiere 60g mehr. Florian Schweppe vermutet, dass der leichtere Zugang zur Gesäugeleiste die Ursache war. Zudem hatte er den Eindruck, dass die BHZP-Sauen mehr Milch produziert haben, weil die Ferkel das Gesäuge intensiver bearbeiten konnten.


Überrascht hat Florian Schweppe das Verhalten der Sauen. Trotz Bewegungsmöglichkeit waren die Tiere in den Freilaufbuchten täglich nur zu 2% der Zeit in Bewegung. Über 80% der Tages- und Nachtzeit verbrachten sie ruhend in Seiten- oder Bauchlage.


Nach dem Öffnen des Ferkelschutzkorbes bevorzugten die Sauen den Kunststoffboden als Liegefläche. „Die Sauen suchten mit der Schnauze gezielt den Kontakt zu ihren Ferkeln im Nest. Sie legten sich dabei auf den Kunststoffboden vor das Guckloch im Ferkelnest“, schildert der Unternehmer seine Beobachtungen.


Der enge Kontakt zur Sau hatte den Vorteil, dass die Ferkel signifikant mehr Zeit im Ferkelnest verbrachten. So lassen sich auch die geringeren Erdrückungsverluste erklären. Die intensive „Belagerung“ des Ferkelnestes führte außerdem zu sinkenden Arbeitszeiten. Florian Schweppe beziffert den Zeitvorteil auf ca. fünf bis sieben Minuten pro Wurf, weil die Ferkel nur selten in der Bucht eingefangen werden mussten. „Pro Jahr spare ich so über 100 Stunden Arbeit ein“, betont der Landwirt.


Im Hinblick auf die Fitness bzw. Gesundheit der Sauen und der Ferkel gab es keine Unterschiede. In beiden Varianten war z.B. die Zahl der funktionstüchtigen Gesäugekomplexe zu Beginn bzw. am Ende der Säugezeit gleich.


Umbau dauert zu lange:

Noch nicht zufrieden ist Florian Schweppe mit dem Handling der Buchten. „Für den Umbau von ‚geschlossen‘ auf ‚offen‘ brauche ich zwei bis drei Minuten je Bucht bzw. fast eine dreiviertel Stunde pro Abteil. Das dauert zu lange“, erklärt der Landwirt. Hinzu kommt, dass er für das seitliche Verschieben des Ferkelschutzkorbes immer beide Hände braucht und die Eisengitter mit Splinten gesichert sind, die teilweise sehr fest sitzen.


Florian Schweppe ist zwischenzeitlich deshalb dazu übergegangen, die Buchten überhaupt nicht mehr zu öffnen. „Wir hatten einige Monate zu wenig Mitarbeiter. Jetzt ist die Mannschaft aber wieder komplett und in Zukunft werden wir die Buchten sicherlich wieder als Bewegungsbuchten nutzen“, erklärt der junge Landwirt.


Unterm Strich steht für ihn fest: „Die biologischen Leistungen in Bewegungsbuchten passen. Allerdings muss der Ferkelschutzkorb in der ersten Lebenswoche geschlossen bleiben dürfen, weil sonst die Erdrückungsverluste in die Höhe schnellen. Dass muss der Gesetzgeber uns Landwirten zugestehen“, lautet sein Appell an die Politiker von Bund und Ländern.Marcus Arden

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