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Die Dysenterie hält sich hartnäckig

Lesezeit: 8 Minuten

Die Dysenterie bekommt man nur mit einer Kombination aus antibiotischer Behandlung und konsequenter Hygiene in den Griff. Dr. Sandra Sicken vom Schweinegesundheitsdienst NRW fasst zusammen, was Sie dabei beachten sollten.


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Die Probleme beginnen häufig in der Vormast: Die Tiere verweigern zunächst das Futter und wirken teilnahmslos. Wenig später tritt dann graubrauner bis blutiger Durchfall auf. Mitunter weist er auch schleimige Bestandteile auf. Die Zunahmen gehen zurück, und die Schweine wachsen deutlich sichtbar auseinander.


Das sind typische Symptome der Dysenterie, einer Infektion mit dem Bakterium Brachyspira hyodysenteriae. Der Erreger führt zu einer Entzündung und Zerstörung der Dickdarmschleimhaut. Durch den anhaltenden Durchfall trocknen die Tiere aus. Sie werden schwach und magern ab. Das plötzliche Entleeren des Dickdarms führt zudem häufig zum Einfallen der Flanken.


Am häufigsten sind Tiere zwischen 40 und 70 kg Körpergewicht betroffen. Trotz verbesserter Hygiene hält sich der Erreger hartnäckig in den Schweine-Hochburgen. Einige Tierärzte – vor allem aus dem Nordwesten Deutschlands – berichten sogar von einem Anstieg der Erkrankungen in den letzten Monaten.


Stress als Auslöser:

Dass oft Tiere in der ersten Hälfte der Mast betroffen sind, hat mit der hohen Belastung der Läufer beim Übergang von der Aufzucht in die Mast zu tun. Denn die Dysenterie ist eine typische Faktorenerkrankung. Der Erreger kann bereits seit längerem im Tier schlummern. Stress, ausgelöst durch Umstallen, Transporte, abrupte Futterwechsel oder ungünstige Haltungsbedingungen können dann zum Ausbruch der Erkrankung führen.


Zu einer ähnlichen, in der Regel jedoch milder verlaufenden Erkrankung, dem so genannten Spirochäten-Durchfall, kann das Bakterium Brachyspira pilosicoli führen. Der Durchfallkot weist jedoch in der Regel keine Blutbeimengungen auf und ist wässrig-schleimig. Aber auch hier kommt es langfristig zu finanziellen Verlusten durch verminderte Tageszunahmen und eine verlängerte Mastdauer.


Auch über die krankmachende Wirkung anderer beim Schwein vorkommender Brachyspiren-Spezies wird diskutiert. Die Erreger Brachyspira intermedia und Brachyspira murdochii werden ebenfalls mit Durchfallerkrankungen beim Schwein in Verbindung gebracht.


Nachweis per PCR?

Allein aufgrund der klinischen Symptome lässt sich in den meisten Fällen nicht eindeutig sagen, welcher Erreger den Durchfall auslöst. Denn Kotkonsistenz, Farbe und mögliche Blutbeimengungen sind nicht typisch für die Dysenterie. Hier ist eine Sektion oder eine labordiagnostische Untersuchung erforderlich, um den Verdacht abzuklären.


Als Nachweisverfahren eignen sich die kulturelle Anzucht des Erregers und die Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Zum ersten Verfahren: Die Anzucht auf speziellen Nährböden bietet den Vorteil, dass alle beim Schwein relevanten Brachyspirenarten erfasst werden und gleichzeitig ein Resistenztest (Antibiogramm) durchgeführt werden kann. Außerdem ist nur eine geringe Erregermenge nötig, um den Nachweis zu führen.


Allerdings ist die Anzucht sehr zeitaufwändig. Die Ergebnisse liegen erst nach sieben bis zehn Tagen vor. Zudem können durch Fehler bei der Probennahme und beim Versand falsch-negative Ergebnisse auftreten. Und bei Mischinfektionen mit anderen Brachyspirenarten können die nicht krank machenden die krank machenden überwuchern, so dass diese nicht mehr erkannt werden.


Die PCR kann Mischinfektionen dagegen besser erfassen. Denn mit diesem Verfahren werden Bestandteile des Genoms nachgewiesen, die für die jeweiligen Erreger typisch sind. Zudem liegen die Ergebnisse bei der Untersuchung von Kotproben bereits nach wenigen Tagen vor. Und die Behandlung der Proben erfordert nicht so viel Sorgfalt, da auch abgestorbene Erreger nachgewiesen werden können. Das sind klare Vorteile der PCR.


Nachteilig an diesem Verfahren ist allerdings, dass keine Resistenzprüfung möglich ist. Und obwohl das Verfahren ständig weiterentwickelt wird, sind bei der PCR sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse möglich. Falsch-positive Befunde können durch Kreuzreaktionen mit anderen Erregern zustande kommen. Und falsch-negative Ergebnisse können z. B. auftreten, wenn die Erregermenge unterhalb der Nachweisgrenze liegt.


Individuell behandeln:

Zur Behandlung der Dysenterie stehen zurzeit nur wenige wirksame Antibiotika zur Verfügung. Mittel der Wahl sind Tiamulin und Valnemulin, wobei jedoch zunehmend Resistenzen auftreten. Zwar werden beide Wirkstoffe nicht in der Humanmedizin eingesetzt, so dass keine Gefahr für den Menschen besteht. Aber auch für die Behandlung der Schweine stellen Resistenzen langfristig ein großes Problem dar.


Deshalb sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Tierarzt ein auf Ihren Betrieb zugeschnittenes Behandlungskonzept erarbeiten. Neben der Wahl des richtigen Wirkstoffs, der Dosierung und der Be­handlungsart (oral oder per Injektion) muss auch darauf geachtet werden, dass die Tiere lange genug behandelt werden.


Muss die gesamte Gruppe medikiert werden, kann dies wahlweise über das Futter oder über das Trinkwasser erfolgen. Um Reinfektionen mit einer erneuten Vermehrung des Erreges zu vermeiden, sollte die Behandlung mindestens zehn Tage fortgeführt werden, besser drei Wochen. Auch wenn die Symptome deutlich abklingen, darf die Behandlung keinesfalls vorzeitig abgebrochen oder die Dosis reduziert werden! Denn das fördert die Bildung von Resistenzen.


Besonders schwer erkrankte Tiere sollten zusätzlich per Spritze mit dem passenden Wirkstoff behandelt werden. Denn in der akuten Phase der Erkrankung nehmen die Schweine meistens wenig Futter und Wasser auf.


Hygiene, Hygiene, Hygiene...

Eine antibiotische Behandlung allein reicht jedoch nicht. Hartnäckige Dysenterieprobleme bekommt man nur mit einer Kombination aus Antibiose und konsequenter Hygiene in den Griff.


Um Reinfektionen zu vermeiden und die Verbreitung des Erregers zwischen verschiedenen Abteilen bzw. Gebäuden zu unterbinden, müssen alle leer stehenden Abteile vor dem erneuten Belegen gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Bevor man desinfiziert oder die Abteile neu belegt, müssen die Abteile in jedem Fall gründlich aufgeheizt werden. Denn die Erreger sind gegen Trockenheit und Wärme besonders empfindlich.


Der Erreger der Dysenterie befindet sich auch in der Gülle und kann dort lange überleben. Daher müssen Güllekanäle möglichst vollständig entleert und die Restgülle mit 3 Litern Alzogur pro m3 Gülle desinfiziert werden. Auf diese Weise bekämpft man gleichzeitig auch die Fliegenlarven, die den Dysenterie-Erreger aus der Gülle zurück in den Stall bringen könnten.


Da neben den Fliegen auch Schadnager als Reservoir für den Erreger dienen, ist im Rahmen der Dysenterie-Vorsorge auch eine konsequente Schadnagerbekämpfung unerlässlich – im Innen- ebenso wie im Außenbereich. Viele Schweinehalter übertragen diese Aufgabe inzwischen an eine professionelle Bekämpfungsfirma, die die kritischen Stellen im Betrieb analysiert und für jeden Betrieb die passende Bekämpfungsstrategie erarbeitet.


Auch über kotverschmierte Overalls, Stiefel, Besen und Treibebretter kann der Erreger von Abteil zu Abteil verschleppt werden. Deshalb sollten die Stiefel entweder zwischen den Abteilen gewechselt oder mit einem Stiefelreiniger gründlich gesäubert und eventuell desinfiziert werden. Wobei die Desinfektion nur bei sauberen Stiefeln Sinn macht. Auch Arbeitsmaterialien wie Treibebretter, Schaufeln und Besen sollten nur jeweils in einem Abteil verwendet werden.


Den Bestand sanieren?

Eine Sanierung des kompletten Bestandes hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn dazu ein auf den Betrieb speziell zugeschnittenes Konzept erarbeitet und die darin aufgeführten Maßnahmen dann auch konsequent umgesetzt werden. In Mastbeständen ist die Sanierung vergleichsweise leicht durchzuführen. In Sauenherden ist sie dagegen deutlich aufwändiger.


Wichtig ist, dass alle Mitarbeiter in die Vorbereitung und Durchführung der Sanierung mit einbezogen werden. Sie müssen sich ihrer Verantwortung für das Gelingen bewusst sein. Am besten führen Sie die Sanierung in den Sommermonaten durch. Denn Brachyspiren sind gegen Wärme und Trockenheit empfindlich. Für die Sanierung selbst gibt es zwei Alternativen:


  • Depop, repop: Bei diesem Verfahren wird zunächst der gesamte Bestand geräumt (Depopulation) und anschließend mit Dysenterie-unverdächtigen Tieren wieder neu bestückt (Repopulation). Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dass alle erkrankten und möglicherweise Erreger ausscheidenden Tiere den Bestand verlassen. Dadurch ist das Sanierungsverfahren gleichzeitig aber auch sehr kostenintensiv.
  • Teilsanierung: Die zweite Möglichkeit ist eine Teilsanierung mit antibiotischer Begleitbehandlung im laufenden Bestand. Um Kosten und Risiken zu senken, sollte zunächst die Belegungsdichte reduziert werden. Dazu werden möglichst viele Mastschweine und Schlachtsauen vorher zum Schlachter geschickt. Kümmerer und kranke Schweine werden gemerzt.


Wenn dies möglich ist, sollten die Ferkel möglichst schon beim Absetzen vermarktet werden. Noch besser ist es, ein jungtierfreies Intervall zu schaffen. Auf dem Betrieb sollten sich möglichst keine Tiere befinden, die jünger als zehn Monate sind. Dazu legt man am besten rechtzeitig eine drei- bis sechswöchige Besamungspause ein. So erspart man sich die antibiotische Behandlung der Ferkel. Denn die ist teuer, und zeitaufwändig, da Saugferkel nur per Injektion behandelt werden können.


Der verbleibende Bestand muss mindestens drei Wochen lang antibiotisch kuriert werden, um die Brachyspiren abzutöten. Darüber hinaus ist es wichtig, während der Sanierung alle bereits genannten Management- und Hygienemaßnahmen einzuhalten.


Eine Woche nach Behandlungsbeginn werden dann alle Bereiche und Gegenstände, mit denen die Schweine in Kontakt kommen, gründlich gereinigt. Die Gülle unter den Abteilen wird abgepumpt und die Restgülle mit Alzogur behandelt. Doch Vorsicht: Die Schweine dürfen nicht mit Alzogur in Kontakt kommen. Achten Sie deshalb darauf, die Reste mit reichlich Wasser in die Spalten zu spülen.


Tiere, die anschließend zugekauft und eingestallt werden, sollten möglichst aus einer bekannten Herkunft stammen. Garantiert Dysenterie-freie Tiere gibt es im Prinzip nicht, da der Erreger auch von Trägertieren, die äußerlich keinerlei sichtbare Symptome aufweisen, unregelmäßig über den Kot ausgeschieden wird. Feste Ferkelerzeuger-Mäster-Beziehungen mit ebenfalls festen Jungsauen-Lieferanten gewährleisten aber zumindest eine größtmögliche Stabilität der Herdengesundheit.

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