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„Die Vollkosten liegen bei 2,30 € pro kg Schlachtgewicht“

Lesezeit: 7 Minuten

Lukas Weßling hat einen kombinierten Tiefstreu-Vollspaltenstall mit Auslauf gebaut. Die hohen Produktionskosten bereiten dem Landwirt Kopfschmerzen. Er fordert verlässliche Preiszusagen.


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Schweine fühlen sich immer dann wohl, wenn sie sich je nach Wetterlage in verschiedene Buchtenbereiche bzw. Klimazonen zurückziehen können. Meinen neuen Außenklimamaststall habe ich deshalb in zwei Bereiche unterteilt. Neben einer innen liegenden Fress- und Liegezone mit Tiefstreu gibt es einen Außenbereich mit Betonspaltenboden“, erklärt Lukas Weßling aus Enger bei Herford sein Stallkonzept.


Den neuen Stall mit 736 Plätzen hat der westfälische Landwirt erstmals im März 2021 belegt. Und schon beim ersten Mastdurchgang zeigte sich, dass die Schweine die Stallstruktur sehr gut annehmen. „Wenn es nachmittags auf der Westseite des Stalles sehr warm im Auslauf wird, ziehen sich die Schweine in den kühleren Innenbereich zurück. Wird es ihnen im Innern zu heiß, liegen sie auf dem kühleren Spaltenbereich im Auslauf“, beschreibt Weßling seine Beobachtungen.


Stroh und Spalten kombiniert


Der Maststall entspricht der Haltungsform 4. Die Klassifizierung wurde vom deutschen Lebensmitteleinzelhandel ins Leben gerufen. Die Tiere haben im Vergleich zum gesetzlichen Standard 100% mehr Platz (1,5 m²) und Außenauslauf, sie erhalten Langstroh als Einstreu- bzw. Beschäftigungsmaterial, das Futter ist GVO-frei und stammt zum Teil aus dem eigenen Betrieb.


Die Mastbuchten sind klar strukturiert: In der Mitte, der mit Sandwichpaneelen gedämmten Holzbinderhalle, stehen die Breifutterautomaten auf einer 60 cm hohen, voll unterkellerten und mit Spaltenboden ausgelegten Empore (siehe Übersicht 1). Vier Stufen von je 15 cm Höhe führen in den eingestreuten Liegebereich hinunter. Jede Bucht ist im Innenbereich 5 m breit und 9,40 m lang. Darin stehen 46 Mastschweine.


Den knapp 5 x 5 m großen, mit einem Schleppdach überdachten sowie voll unterkellerten Auslauf betreten die Schweine über Türen, die in den Schiebetoren an der Längsseite sitzen. In den 60 cm tiefen Güllekanälen sorgen Unterflurspaltenschieber dafür, dass auch Strohreste sicher entfernt werden.


Die Schiebetore an den Außenwänden sind nötig, weil Weßling den Strohbereich zum Ausmisten mit dem Trecker oder Teleskoplader nur erreicht, wenn er über den Spaltenboden fährt. Dafür hat er sich extra stabile Betonspaltenböden gießen lassen. Die Spalten haben eine Tragfähigkeit von 10 t. „Ich habe mich für die Variante mit den befahrbaren Spaltenböden entschieden, weil ich so jede Bucht einzeln ausmisten kann. Würde ich den Stall der Länge nach ausmisten, müsste ich jedes Mal alle Schweine wegsperren und 16 Gitter auf- und zuklappen. Das ist mir zu aufwendig“, erklärt er.


Ist eine Mastbucht leer, schiebt Weßling das große Schiebetor auf und klappt das Gitter im Auslauf zur Seite. Danach fährt er die 40 bis 50 cm dicke Mistmatratze aus der Bucht. Weil er auf seinen Ackerflächen sowohl Sommer- als auch Winterungen anbaut, kann er den Mist direkt ausbringen und musste keine Lagerplatte bauen. „Ich habe die Mast so getaktet, dass ich den Mist just in time auf dem Feld verwerten kann. Wenn das mal nicht klappt, geht der Mist in eine Biogasanlage“, beschreibt er die Situation.


Nach jedem Durchgang säubert der Landwirt die Mastbuchten mit dem Hochdruckreiniger und desinfiziert sie. Ohnehin achtet der Landwirt viel auf Hygiene. In der Schleuse im Vorraum des Stalles hängen eigene Overalls und Stiefel. Zudem ist das ganze Areal mit einem Maschendrahtzaun eingezäunt.


Sehr gut funktioniert mittlerweile die Sauberkeit der Buchten während der Mast. Die Schweine halten den Tiefstreubereich größtenteils sauber und koten überwiegend im Auslauf ab. Das war am Anfang nicht so. Vor allem im Bereich der Stufen haben die Tiere Kotecken angelegt, die mit zunehmender Mastdauer immer größer wurden.


Doch das Problem konnte Lukas Weßling schnell lösen. „Ich habe in jeder Bucht auf der mittlere Stufe rechts und links ein KG-Rohr an die Buchtentrennwand geschraubt, das automatisch mit Futter befüllt wird. Durch eine kleine Öffnung am unteren Ende des Rohres wühlen sich die Tiere jetzt immer etwas Futter heraus. Seitdem ich die beiden zusätzlichen Futterstellen installiert habe, bleibt der Buchtenbereich sauber“, beschreibt Weßling seine unkonventionelle Lösung.


Investition von 1130 € je Platz


Die zusätzlichen Futterstellen inklusive Rohrkettenförderer haben 3500 € gekostet. Geld, das Weßling nicht eingeplant hatte. „Die Investition hat sich aber gelohnt, weil die Luftqualität im Stall noch besser geworden ist“, zeigt sich der Landwirt zufrieden mit seiner einfachen Problemlösung.


Insgesamt hat der kombinierte Tiefstreuspaltenstall inklusive Hofbefestigung 1130 € je Mastplatz gekostet. Darin sind 360 € verlorener AFP-Zuschuss enthalten. „Teuer sind in einem Tierwohlstall mit Außenklimareiz und Stroheinstreu zum einen der größere Platzbedarf pro Tier. Zum anderen kosten die großen und befestigten Rangierflächen um den Stall richtig viel Geld. Ich hatte mit 45000 € kalkuliert. Bezahlt habe ich für die Hofbefestigung am Ende aber über 80000 €, weil wir doch größere Flächen befestigen mussten, um vernünftig rangieren zu können“, erklärt Weßling.


Auch der Einstreuroboter hat seinen Preis. Rund 55000 € kostete allein diese Investition. Für Lukas Weßling ist das automatische Einstreuen aber alternativlos. Denn schon jetzt kalkuliert er mit über zwei Stunden Arbeit pro Mastplatz und Jahr. „Wenn ich mich für dieses Stallsystem entscheide und alle Arbeiten inklusive Strohlagerung, Nachfüllen des Roboters, Entfernen der Strohbänder, Ein- und Ausstallen, Misten, Reinigen usw. rechne, komme ich locker auf diese Stundenzahl“, warnt der Unternehmer davor, sich die Tierwohlmast allzu schön zu rechnen.


2,30 € Vollkosten pro kg SG


Die Mehrkosten müssen natürlich refinanziert werden. Lukas Weßling hat auf Basis aktueller Preise folgende Rechnung aufgestellt: Unter Berücksichtigung der Ferkel-, Futter-, Lohn-, Einstreu- und Gebäudekosten, der sonstigen Kosten sowie der Vorkosten des Schlachthofes liegen die Vollkosten des Landwirts bei 222 € pro Tierwohlschwein (siehe Übersicht 2).


„Um eine Vollkostendeckung zu erreichen, muss ich bei einem durchschnittlichen Schlachtgewicht (SG) von 96 kg mindestens 2,30 € pro kg SG erlösen“, erklärt Weßling. Berücksichtigt er in seiner Kalkulation 5 € Strohprämie sowie 7 € für die AFP-Förderung, sind mindestens 2,18 € je kg SG nötig.


Tatsächlich zahlt ihm sein Vermarkter, die Firma Tönnies, im Rahmen des Fair Farm-Programms derzeit aber nur 2,09 € je kg SG. Hat Lukas Weßling also auf das falsche Pferd gesetzt? „Nein“, betont der Landwirt. „Allerdings bekomme ich meine Arbeit derzeit nicht so entlohnt wie ich mir das vorstelle. Die 25 € Lohnansatz pro Stunde, die ich für meinen Mitarbeiter und mich im Mittel angesetzt habe, verfehle ich bei der jetzigen Preisgestaltung.“


Mehrkosten muss LEH tragen


Angesichts der sehr engen Marge fordert Lukas Weßling die Vermarkter und den Lebensmitteleinzelhandel auf, die Erlöse für Tierwohlschweine anzupassen. „Der Rotstift darf nicht immer nur bei den Bauern angesetzt werden. Höhere Tierwohlstandards muss der Verbraucher zahlen. Sonst wird kein Landwirt auf den Tierwohlzug aufspringen“, warnt der junge Landwirt vor allzu starkem Preisdruck. Außerdem betont Weßling, dass Prämien nicht Bestandteil der Kalkulation sein dürfen. Denn die Strohprämie z.B. wird immer nur für ein Jahr zugesichert.


Lukas Weßling setzt jetzt darauf, dass sich der Preis für Tierwohlschweine in Zukunft einpendeln wird. „Wir werden das Rad nicht mehr zurückdrehen, das Tierwohl rückt immer mehr in den Fokus. Es liegt an uns Bauern und unseren Beratungsorganisationen, den Abnehmern klar zu machen, welche Aufschläge wir benötigen. Entscheidend ist dabei, dass wir mit realistischen Zahlen arbeiten und alle Kosten korrekt ansetzen“, fordert Lukas Weßling sichere finanzielle Rahmenbedingungen.-ar-

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