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EEG-Ende: Selbstverbrauch bleibt interessant

Lesezeit: 8 Minuten

Schweinehalter können mit Solarstrom ihre Stromkosten senken. Wenn die EEG-Vergütung wegfällt, wird der Eigenverbrauch für viele Betriebe noch interessanter.


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In vielen Veredlungsbetrieben laufen die Kosten den Erlösen davon. Während der Preis für das 28 kg-Ferkel seit 20 Jahren zwischen 40 und 60 € schwankt und auch der Schlachtschweinepreis einen Schnitt von 1,50 €/kg hält, hat sich der Strompreis im gleichen Zeitraum von 15 auf über 30 ct pro Kilowattstunde (ct/kWh) mehr als verdoppelt. „Auch andere Energiekosten wie Heizöl, Erdgas, Diesel und sogar Hackschnitzel sind zum Teil deutlich teurer geworden“, erklärt Josef Neiber vom Institut für Landtechnik und Tierhaltung aus Freising.


Gut für Post-EEG-Anlagen


Der Aufwärtstrend bei den Strompreisen hält nach Expertenmeinung auch 2020 an. Dazu kommt, dass in vielen Betrieben der Strombedarf wegen der zunehmenden Mechanisierung und Automatisierung oder wegen neuer Verfahren wie der Abluftreinigung steigt. Darum werden Lösungen attraktiver, die helfen, Energie einzusparen oder den Strom selbst zu erzeugen. Das ist nicht nur interessant für Betriebe, die eine neue Anlage errichten wollen, sondern auch für diejenigen, die eine ältere Anlage haben: Bei diesen läuft nach 20 Jahren die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus.


Für den Selbstverbrauch ist entscheidend, für wie viel ct/kWh sich der Strom erzeugen lässt. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab:


  • Anschaffungsinvestitionen für Bau und Installation der Anlage,
  • Einstrahlungsangebot am Standort,
  • Finanzierungsbedingungen (Eigenkapitalrendite, Zinsen, Laufzeiten),
  • Betriebskosten wie Versicherung, Wartung oder Reparatur,
  • Lebensdauer der Anlage.


Strom kostet 7 bis 11 ct/kWh


Die Investitionskosten für eine Photovoltaikanlage liegen derzeit je nach Größe bei rund 1300 €/kW, teilt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) mit. 45% davon betragen die Modulkosten und 55% die Kosten für Wechselrichter, Montagegestell, Kabel usw. Je nach Investitionskosten können Kleinanlagen an Standorten mit einer jährlichen Globalstrahlung von 950 kWh/m2 Strom zwischen 9,89 und 11,54 ct/kWh erzeugen. In Süddeutschland sind es bei einer Einstrahlung von ca. 1300 kWh/m2 zwischen 7,23 und 8,43 ct/kWh (Übersicht 1).


Unterschiede gibt es auch bei der Einspeisevergütung. Wer heute eine neue Anlage bis 10 kW ans Netz anschließt, erhält eine Einspeisevergütung von 9,44 ct/kWh (Stand April 2020), bei Anlagengrößen von 10 bis 40 kW sind es 9,18 ct/kWh. Die Vergütung sinkt im Moment monatlich weiter ab.


Damit liegt die Einspeisevergütung deutlich unter den zu zahlenden Netzpreisen. Verbraucher zahlen hier teilweise deutlich über 30 ct/kWh. Daher ist es attraktiv, den Strom auch von neuen Anlagen in erster Linie selbst zu verbrauchen, um sich die hohen Zukaufkosten zu ersparen.


Was tun nach dem EEG-Ende?


Noch interessanter wird der Eigenverbrauch für Anlagen, die nach 20 Jahren Förderung keine EEG-Vergütung mehr erhalten. Die Betreiber können zwar über einen Direktvermarkter den Strom weiterhin ins Netz einspeisen, würden aber nur noch den aktuellen Börsenstrompreis erhalten, der zwischen 2 und 4 ct/kWh liegt. Nach Angaben der Branchenvereinigung „Solar-Cluster Baden-Württemberg“ können diese Anlagen Strom für 2 bis 4 ct/kWh produzieren. Zu den Produktionskosten kommt allerdings noch die anteilige EEG-Umlage in Höhe von 2,7 ct/kWh dazu (siehe Zusatzinfo).


Weitere Kosten entstehen nur noch für Zählergebühren und evtl. Wartung, Reparatur und Versicherung. „Wer sich unsicher ist, sollte vor dem Weiterbetrieb von Experten prüfen lassen, in welchem Zustand die Anlage ist und ob sie noch für weitere Jahre effizient Strom erzeugen kann“, rät Larissa Auzinger vom Centralen Agrar-Rohstoff-Marketing- und Energie-Netzwerk (C.A.R.M.E.N.) aus dem bayerischen Straubing. Denn sind erst noch aufwendige Investitionskosten nötig für neue Module, Gestelle, Kabel oder Wechselrichter, könnte das zur Unwirtschaftlichkeit führen. „Ebenso sollte man prüfen, ob nicht neuere, effizientere Module auf dem vorhandenen Montagegestell wirtschaftlicher sind“, sagt sie.


Eigenverbrauch und Autarkie


Schweinehalter, die ihren Strom selbst produzieren und verbrauchen wollen, können zwischen zwei Strategien auswählen:


  • Der Betrieb will sich, soweit es geht, unabhängig machen vom Stromeinkauf. Er wird also versuchen, mit einer großen Solaranlage einen Großteil seines Strombedarfs selbst zu decken (hoher Selbstversorgungs- bzw. Autarkiegrad). Nachteil: Eine große Anlage produziert Strom auch zu Zeiten, in denen kein Strom benötigt wird. Diesen muss der Betrieb entweder in einen Speicher laden oder zu unattraktiven Preisen ins Netz einspeisen.21


  • Der Betrieb passt die Größe der Anlage dem Stromverbrauch an, um möglichst viel Solarstrom selbst zu verbrauchen (hoher Eigenverbrauchsanteil). Nachteil: Er muss immer noch einen Großteil des Stroms vom Energieversorger kaufen.22


In einem Forschungsprojekt hat die LfL dazu Messungen in verschiedenen Betrieben durchgeführt und Modellkalkulationen für verschiedene Betriebe erstellt. Anhand von zwei Modellbetrieben in der Schweinehaltung lässt sich die Wirkung von einzelnen Maßnahmen beim Eigenverbrauch erklären.


Zwei Modellbetriebe


Modellbetrieb 1 ist ein Ferkelerzeuger mit 374 Sauenplätzen. Er hat einen Stromverbrauch von rund 52000 kWh im Jahr (Übersicht 2 auf Seite S 29). Die größten Verbraucher sind Lüftung, Beleuchtung, Futteraufbereitung sowie die Infrarotlampen der Ferkelnester.


In Übersicht 2 sind weiterhin zwei Möglichkeiten der Solarstromproduktion angegeben: Mit einer Photovol-taikanlage mit 30 kW und Südausrichtung kann der Betrieb 62% des damit erzeugten Solarstroms selbst verbrauchen. Der Autarkiegrad des Betriebs liegt bei 38%. Das bedeutet: 38% seines gesamten Strombedarfs deckt er über die Photovoltaik-Anlage. Bei einer 100 kW-Anlage würde der Autarkiegrad auf 47% steigen, er könnte also fast die Hälfte seines Strombedarfs selbst erzeugen. Dagegen läge der Eigenverbrauchsanteil nur noch bei 23%. Denn die Anlage produziert wesentlich mehr Strom als die 30 kW-Anlage. Für 77% des Solarstroms müsste er also bei der großen Anlage eine alternative Verwertung haben.


Modellbetrieb 2 ist ein Schweinemäster mit 960 Mastplätzen. Der Stromverbrauch liegt bei 34000 kWh im Jahr. Hätte dieser Betrieb eine Abluftreinigung (letzte Spalte in Übersicht 2), würde sich der Stromverbrauch auf 68600 kWh verdoppeln. Mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs macht in der Schweinemast die Lüftung aus, hat Neiber ermittelt.


Der Strombedarf passt damit sehr gut zur Stromproduktion der Photovoltaikanlage: Wenn die Sonne scheint und der Betrieb zur Stallbelüftung viel Strom braucht, produziert auch die Photovoltaikanlage unter Hochdruck. Daher liegt bei diesem Modellbetrieb der Eigenverbrauchsanteil bei 57%. Bei einer 100 kW-Anlage sinkt der Eigenverbrauchsanteil wie im Sauenbetrieb auf 23%.


Verlagern des verbrauchs


In Betrieben mit Fremdstromzukauf spielte es bislang kaum eine Rolle, zu welcher Tageszeit sie den Strom verbraucht haben. Die Mahl- und Mischanlage zum Beispiel läuft häufig dann, wenn es gerade in den Betriebsablauf passt. Dadurch ergibt sich für jeden Betrieb ein typisches, tägliches Lastprofil, das den jährlichen Stromverbrauch aufzeigt. In den Übersichten 3 und 4 sind ein Tages- und ein Jahreslastgangprofil für einen Betrieb mit Ferkelerzeugung zu sehen, in der Übersicht 5 ein Jahreslastprofil eines Mastbetriebs. Die gelbe Linie zeigt jeweils die Stromproduktion der Photovoltaikanlage (30 kW). „Um den Stromverbrauch zu optimieren, sollte jeder Betrieb zunächst prüfen, ob es Stromfresser mit entsprechendem Einsparungspotenzial gibt“, sagt Neiber. Dazu gehören z.B. Frequenzumrichter an Lüftern oder der Umstieg auf LED-Beleuchtung. Hierbei können Energieberater helfen, die zeitlich aufgelöste Messungen des Stromverbrauchs durchführen.


Im zweiten Schritt sollte er prüfen, ob er Stromverbräuche verlagern kann, um mehr selbst produzierten Solarstrom zu nutzen. Das betrifft vor allem die Mittagszeit, in der eine Photovoltaikanlage den meisten Strom produziert. „Dabei sollte der Betriebsleiter alle Bereiche einbeziehen wie Trocknungsanlagen, Lager, Werkstätten, Güllepumpen oder auch den Strombedarf im Wohnhaus“, rät Neiber.


Am Beispiel von Übersicht 4 lässt sich das gut darstellen: In dem Modellbetrieb zur Sauenhaltung zeigen sich zwei deutliche Spitzen bei der Futteraufbereitung um 8 und um 17 Uhr. Zu diesen Zeiten produziert die Photovoltaikanlage wenig Strom. Dagegen gibt es um 12 Uhr viel Sonnenstrom, der hier nicht genutzt wird. „Hier wäre zu empfehlen, die Futteraufbereitung auf die Mittagszeit zu verschieben, entweder manuell oder z.B. mit einer Zeitschaltuhr“, rät Neiber.


Eine weitere Möglichkeit, den Eigenverbrauch zu erhöhen, bietet eine Anlagenausrichtung in Ost-West-Richtung an – sofern der Betrieb Einfluss darauf hat. Denn damit produzieren die Module morgens und abends mehr und mittags dafür weniger Strom als eine nach Süden ausgerichtete Anlage.


speicher als Ergänzung


Ebenfalls denkbar ist ein Batteriespeicher, mit dem sich nicht genutzter Solarstrom speichern und bei Bedarf nutzen lässt. Je nach Anlagengröße und der Möglichkeit, Stromverbräuche zu verlagern, lässt sich damit der Eigenverbrauchsanteil um 10 bis 20% erhöhen.


Inzwischen gibt es bereits Batteriesysteme mit zehn Jahren Garantie, die inklusive Leistungselektronik und Mehrwertsteuer etwa 800 € pro kWh Spei-cherinhalt kosten.


Bei 250Ladezyklen im Jahr und zehn Jahren Betriebsdauer verursacht der Speicher rein rechnerisch Kosten in Höhe von etwa 32 ct/kWh (Rechnung: 800 €/250 Zyklen*10 Jahre). Hinzuzurechnen sind noch 5,5 ct/kWh Erzeugungskosten für den Solarstrom. Damit liegen die Kosten momentan oft über den Kosten des Stromzukaufs. Am Ende muss daher einzelbetrieblich geklärt werden, ob sich der Speicher wirklich rechnet. „Wichtig ist, dass man die Kosten je Nutzkapazität rechnet. Diese ist bei Akkusystemen immer niedriger als die Nennkapazität. Denn Batterien werden nie komplett entladen, um eine lange Lebensdauer zu erreichen“, ergänzt Berater Sebastian Kilburg von C.A.R.M.E.N. e.V.


Ob sich eine Batterie rechnet, hängt also vor allem von den Investitionskosten je nutzbarer Kapazität und der möglichen Anzahl der Zyklen bis zum Lebensende ab.


Am Ende muss jeder Betrieb für sich kalkulieren, ob die Speicherkosten für den Strom aus der Batterie, die Kosten für den selbst produzierten Solarstrom und der Eigenverbrauchsanteil günstiger sind als der Zukauf von Strom aus der Steckdose. „Gerade in der Landwirtschaft kann ein Speicher eher infrage kommen, wenn ein Notstromgerät oder ein Backupsystem für den Stall vorgeschrieben ist. Das kann in Regionen mit gehäuften Stromausfällen oder bei Ställen interessant sein, die weiter im Außenbereich liegen“, ergänzt Berater Kilburg.


hinrich.neumann@topagrar.com

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