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Eisengabe: Achten Sie auf die richtige Kanüle!

Lesezeit: 5 Minuten

Achten Sie bei der Eisengabe und bei Impfungen von Saugferkeln auf die richtige Kanülenlänge! Denn sonst können Sie die Ferkel lebensgefährlich verletzen, wie der folgende Praxisfall zeigt.


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Als Ferkelerzeuger und Mäster Hubert Wegener (Name geändert) aus dem westlichen Münsterland morgens den Abferkelstall seiner 150er-Sauenherde betrat, war der Schock groß. Etwa zehn Ferkel im Alter von vier bis fünf Tagen aus verschiedenen Würfen verhielten sich seltsam. Einige Tiere torkelten durch die Abferkelbucht. Andere lagen mit Ruderbewegungen beziehungsweise Streckkrämp-fen auf der Seite oder hüpften unkoordiniert durch die Bucht.


Der herbeigerufene Tierarzt stellte fest, dass die Ferkel vermutlich unter einer Störung des zentralen Nervensystems litten. Auffallend war, dass sowohl kräftige als auch leichtere Ferkel aus verschiedenen Würfen und Abteilen die beschriebenen Symptome zeigten. Außer vereinzelt auftretenden leichten Durchfällen konnten darüber hinaus aber weder bei den Sauen noch bei den Ferkeln weitere Auffälligkeiten beobachtet werden.


Verdacht auf Streptokokken


In der Ferkelaufzucht des Betriebes Wegener war es in der Vergangenheit hin und wieder zu Problemen mit Streptokokken gekommen. Die betroffenen Aufzuchtferkel litten unter Hirnhautentzündungen, sogenannten Menningitiden. Dadurch war die Koordinationsfähigkeit der Ferkel eingeschränkt und es traten ähnliche Symptome auf wie jetzt bei den Saugferkeln. Daher tippte der Tierarzt auch hier zunächst auf eine Infektion mit Streptokokken. Bei Infektionen mit Streptococcus suis ist jedoch in der Regel die Körpertemperatur der Tiere erhöht. Das war hier aber nicht der Fall. Zudem berichtete der Landwirt, dass alle Ferkel zwei Tage zuvor im Rahmen der zootechnischen Maßnahmen mit einem Langzeitpenicillin behandelt worden waren. Da bei diesem Antibiotikum selten Resistenzen auftreten, schien dem Tierarzt eine akute Infektion gleich mehrerer Ferkel mit Streptokokken daher unwahrscheinlich.


Hubert Wegener berichtete zudem, dass sein Mitarbeiter am Vorabend allen Ferkeln der letzten Abferkelgruppe eine Eiseninjektion und eine Impfung gegen die E.coli-bedingte Ödemkrankheit verabreicht hatte. Wegener führte diese Arbeit normalerweise selbst durch, musste am Vortag jedoch einen wichtigen Termin beim Arzt wahrnehmen. Deshalb übertrug er die Ferkelbehandlung seinem Mitarbeiter, der sonst für die Mastschweine zuständig ist.


reaktion auf die Impfung?


Litten die Tiere womöglich unter einem anaphylaktischen Schock als Reaktion auf die durchgeführte Coliimpfung? Um derartige Schockreaktionen zu vermeiden, sollte beim Impfen viel Wert auf Hygiene gelegt und der Impfstoff möglichst nicht kühlschrankkalt verimpft werden.


Wegener versicherte gegenüber seinem Tierarzt zudem, dass er seinem Mitarbeiter am Vortag nur einwandfrei gereinigte Spritzen und ausnahmslos unangebrochene Eisen- und Impfstoffflaschen bereitgestellt hatte. Zudem würden prinzipiell nach jedem Wurf die Injektionskanülen gewechselt.


Einen impfbedingten Schock konnte der Tierarzt als Ursache der Probleme also auch ausschließen. Zumal derartige Schocks ohnehin selten auftreten – und wenn, dann meist unmittelbar nach dem Impfen. In der Regel erholen sich die betroffenen Ferkel aber nach wenigen Minuten rasch wieder.


Und wenn verunreinigte Impfkanülen der Auslöser gewesen wären, dann hätten die Ferkel in der Regel einige Tage nach der Impfung gekümmert oder es hätten sich Abszesse an der Impfstelle gebildet. Das war aber nicht der Fall. Die bei den Saugferkeln beobachteten zentralnervösen Störungen deuteten daher auf eine andere Ursache hin.


Sektion brachte Klarheit


Um der Sache auf den Grund zu gehen, schläferte der Tierarzt zwei stark betroffene Saugferkel ein und nahm sie zur weiteren Diagnostik mit in den Sektionsraum seiner Tierarztpraxis.


Da sowohl Streptokokken als auch bestimmte E.coli-Stämme bereits in der Vergangenheit im Betrieb Wegener zu Problemen geführt hatten, entnahm der Tierarzt bei den getöteten Ferkeln entsprechende Proben und ließ sie bakteriologisch untersuchen. In den Proben ließen sich aber keine krankmachenden Erreger nachweisen.


Stattdessen entdeckte der Veterinär jedoch während der Untersuchung eine auffallend bräunliche Verfärbung des Rückenmarkkanals und des äußeren Rückenmarks. Durch Punktion gelang es ihm, aus dem Wirbelkanal eine bräunliche Flüssigkeit zu gewinnen.


Zu lange Kanülen verwendet


Bei einer eingehenderen Untersuchung der Einstichkanäle für die Coliimpfung und die Eiseninjektion machte der Hoftierarzt dann die entscheidende Entdeckung. Er fand heraus, dass die Einstichkanäle durch die Nackenmuskulatur hindurch bis hin zum Wirbelkanal reichten. Der Tierarzt vermutete daher, dass Wegeners Mitarbeiter für die Eiseninjektion zu lange Injektionskanülen verwendet hatte.


Zusammen mit Hubert Wegener überprüfte der Tierarzt daher den Behälter, in dem die gebrauchten Einwegkanülen entsorgt werden. Hier bestätigte sich dann der Verdacht. Statt der üblicherweise für die Saugferkel verwendeten Kanülen mit einem Durchmesser von 0,8 mm und einer Länge von 16 mm hatte Wegener für die Eiseninjektion 25 mm lange Kanülen verwendet, die eigentlich für den Einsatz bei Absetzferkeln oder Vormastschweinen gedacht sind (siehe Übersicht).


In Kombination mit einem ungünstigen Einstichwinkel gelangte das Eisenpräparat dadurch aus Versehen bis in den Wirbelsäulenkanal der Ferkel – mit den beschriebenen fatalen Folgen.


Problem „Grüne Kanülen“


Bei der anschließenden Kontrolle der von Wegener bevorrateten Einwegkanülen fiel dem Tierarzt auf, dass Einwegkanülen mit verschieden farbigem Konus angeboten werden. Die Farbe kennzeichnet dabei häufig den Durchmesser der Kanüle, nicht aber die Länge. In Wegeners Stallapotheke befanden sich daher Kanülen mit einem grünen Konus, die alle einen Durchmesser von 0,8 mm, aber unterschiedliche Längen aufwiesen. Damit war die Verwechslung vorprogrammiert – zumindest für den Mitarbeiter, der die Behandlungen nur aushilfsweise erledigte.


„Künftig werde ich Auszubildende und Mitarbeiter noch intensiver einweisen, welche Kanülen sie für welche Altersgruppen verwenden dürfen. So etwas darf sich nicht wiederholen!“, steht für Hubert Wegener fest.


henning.lehnert@topagrar.com

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