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Es geht auch mit weniger Antibiotika

Lesezeit: 7 Minuten

Dank konsequenter Hygiene, intensiver Labordiagnostik und eines individuell auf den Betrieb zugeschnittenen Impfprogrammes kommt Ferkelerzeuger Harm Hauschild jetzt mit deutlich weniger Antibiotika aus.


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Am besten ist, wenn es den Ferkeln so gut geht, dass sie gar nicht erst krank werden. Dadurch lassen sich am einfachsten Antibiotika einsparen. Zudem sind gesunde Tiere leistungsfähiger“, ist Harm Hauschild, Ferkelerzeuger aus Lübeck in Schleswig-Holstein überzeugt. Der 26-jährige Agrarbetriebswirt leitet die „Büssau KG“, eine Anlage mit 850 Sauen- und 2500 Ferkelaufzuchtplätzen unmittelbar vor den Toren der Hansestadt.


Die Stallanlage ist seit drei Jahren im Besitz der Familie, die ihren Stamm-betrieb in der niedersächsischen Gemeinde Deinste im Landkreis Stade hat. Hier bewirtschaften die Hauschilds weitere 3000 Ferkelaufzucht- und 2500 Schweinemast- sowie 170000 Hähnchenmastplätze, eine 940 kW-Biogasanlage, 360 ha Acker und 100 ha extensives Grünland. Den heimischen Betrieb führt Harm Hauschild gemeinsam mit seinen Eltern Ursel und Heinz Hauschild sowie seinem Bruder Niels.


Durchdachtes Hygienekonzept:

Der Grundstein für die gute Tiergesundheit wird in der Büssau KG durch ein ausgefeiltes Hygienekonzept gelegt. Dabei kommt es dem jungen Betriebsleiter zugute, dass die Anlage, die bereits Mitte der 60er Jahre gebaut wurde, früher als PIC-Basiszuchtbetrieb diente. Sie ist deshalb komplett eingezäunt und verfügt über eine konsequente Schwarz-Weiß-Trennung.


Kein Futter-Lkw oder Viehtransporter, kein Sperma-Kurier, Monteur oder Tierarzt gelangt mit seinem Fahrzeug auf das Gelände. Für sie gibt es separate Zufahrten. Stallbesuche beschränken sich auf das Allernotwendigste. Besucher kommen nur über die zentrale Hygieneschleuse in den Weißbereich und müssen zuvor einduschen. Und seinen sechs Mitarbeitern, drei Polen und drei Rumänen, hat Hauschild eingeschärft, aus der Heimat ja keine Verpflegung mitzubringen. Dadurch will er das Risiko einer ASP-Einschleppung mindern.


Auch der Tierverkehr ist streng geregelt. In den Betrieb gelangen nur Schweine, die mit dem eigenen Viehtransporter gefahren wurden. Die Danzucht-Jungsauen, die in zwei Altersgruppen alle acht Wochen aus Dänemark geliefert werden, verbringen zunächst eine achtwöchige Quarantäne im Stammbetrieb der Familie.


In einer dreieinhalbstündigen Fahrt werden die Jungsauen alle zwei Wochen mit einem eigenen Transportanhänger von Deinste nach Lübeck transportiert. Der Anhänger wird von einem 40 km/h-Schlepper gezogen. Angenehmer Nebeneffekt der langen Fahrt: Sie löst bei den Jungsauen eine Transportrausche aus. Auf dem Rückweg nimmt der Fahrer dann abgesetzte Ferkel mit, denn die Aufzuchtkapazitäten in Lübeck reichen nur für die Hälfte der Ferkel.


Desinfektions-Kontrolle:

Auch innerhalb der Anlage gibt es klare Zuständigkeiten und Hygiene-Vorgaben. Zwischen den Gebäuden wird zwar keine Kleidung gewechselt, weil das Gelände sehr weitläufig ist. Bei allen Tierkontakten tragen die Mitarbeiter jedoch Einweghandschuhe, die sie zwischen den Ställen wechseln.


Zudem werden alle Abteile konsequent im Rein-Raus gefahren und zwischendurch sorgfältig gereinigt. Das Reinigen und Desinfizieren übernimmt die eigene Mannschaft. „Denn wir wissen selbst am besten, wo sich die kniffeligen Ecken befinden, in denen sich der Schmutz versteckt“, ist Harm Hauschild überzeugt.


Welches Desinfektionsmittel dabei zum Einsatz kommt, richtet sich nach dem Wirkspektrum des Mittels. „Wir ziehen regelmäßig Proben und lassen sie in unserem eigenen Labor auswerten. An der Diagnostik wird in der Büssau KG zum Glück nicht gespart“, bestätigt Tierärztin Denise Wüllner vom Vet-Team Schleswig-Holstein, die den Betrieb tiermedizinisch betreut. Auch der Reinigungs- und Desinfektionserfolg wird regelmäßig von der Tierarztpraxis überwacht. Zweimal jährlich bzw. nach jedem Wechsel des Desinfektionsmittels werden von der Tierärztin oder vom Betriebsleiter selbst Abklatschproben vom Trog, der Liegefläche sowie von den Außen- und Trennwänden im Abteil gezogen und im Labor der Tierarztpraxis untersucht. Auf diese Weise zeigt sich schnell, ob ordentlich gereinigt und desinfiziert wurde.


Stallspezifischer Impfstoff:

Alle Alt-sauen werden reproduktionsbezogen gegen PRRS (US-Stamm), Parvo/Rotlauf und Influenza geimpft. Aufgrund hartnäckiger Probleme mit Durchfall, Atemwegserkrankungen und Streptokokken bei den Ferkeln wird zudem seit einiger Zeit eine Mutterschutzimpfung durchgeführt. Sie soll die Ferkel über das aufgenommene Kolostrum passiv immunisieren. „Dazu haben wir eine Analyse der im Bestand vorkommenden Erreger durchgeführt und einen bestandspezifischen Impfstoff herstellen lassen“, beschreibt Denise Wüllner das Impfkonzept.


Aufgrund des breiten Erregerspek-trums, das man fand, enthielt die Vakzine bis vor kurzem insgesamt elf Keime, darunter allein drei pathogene Colis, den Erreger der Glässerschen Krankheit, Clostridien und Streptokokken.„Der Erfolg war mäßig, denn je mehr Erreger man im Impfstoff berücksichtigt, desto geringer ist die Antigenmenge für jeden einzelnen Keim“, gibt die Tierärztin zu bedenken.


Um den Impfstoff zu aktualisieren, wurde Ende letzten Jahres erneut eine umfangreiche Diagnostik im Betrieb durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass bei den Colibakterien eine gute Erreger-Übereinstimmung mit den Keimen eines neuen, kommerziellen Coli-/Clostridien-Impfstoffes besteht. Deshalb erfolgt die Coli-/Clostridien-Mutterschutzimpfung seit April 2017 mit der neuen Entericolix-Vakzine. „Der bestandsspezifische Impfstoff konnte auf diese Weise deutlich ausgedünnt werden. Er enthält jetzt nur noch zwei Glässer-Stämme und eine Enterokokke“, berichtet Tierärztin Denise Wüllner.


Der Erfolg des neuen Impfkonzepts kann sich sehen lassen. „Die Absetzgewichte der Ferkel sind im Schnitt um 1,4 kg gestiegen und die Aufzuchtverluste sind um 3,2 % gesunken. Sie betragen jetzt nur noch 0,8 %“, berichtet Harm Hauschild stolz. Auch die MMA-Probleme haben deutlich abgenommen. „Früher gab es im Betrieb deutlich mehr Probleme. Die Milch staute sich bei den Sauen, weil die an Durchfall erkrankten Ferkel weniger Milch aufnahmen“, hat Tierärztin Wüllner beobachtet.


Cola gegen Durchfall:

Insgesamt treten seit der Impfstoffumstellung deutlich weniger Durchfälle auf. Und wenn, dann bekommt das Team von Harm Hauschild sie in der Regel mit einfachen Hausmitteln schnell und ohne Antibiotika wieder in den Griff. „Sobald ein Ferkel schief guckt oder kleckert, bieten wir dem Wurf in einer separaten Tränkeschale frische Cola an“, berichtet Hauschild. Die Cola ist süß und wird von den Ferkeln deshalb gern aufgenommen. Die Tiere trocknen dadurch nicht mehr aus. Außerdem enthält die Cola viel Energie und senkt den pH-Wert im Magen. Pro Woche verbraucht der Betrieb etwa 10 l Aldi-Cola.


Das individuelle Impfkonzept und die Colagabe sind jedoch nur zwei Bausteine eines Gesamtpaktes zur Stabilisierung der Ferkelgesundheit in der Büssau KG. Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die Verlängerung der Säugedauer auf 24 bis 25 Tage. „Dazu haben wir den Produktionsrhythmus vom Zwei- auf den Ein-Wochen-Rhythmus umgestellt. Denn die dänischen Sauen tragen mit durchschnittlich 118 Tagen etwas länger als andere Herkünfte, sodass die Säugedauer einfach zu kurz ausfiel“, berichtet Hauschild.


Und das fällt bei großen Würfen besonders stark ins Gewicht. Schließlich werden in der Büssau KG pro Wurf im Schnitt 16,4 Ferkel lebend geboren und 14,1 Ferkel abgesetzt. Das entspricht 14% Saugferkelverlusten. Pro Sau und Jahr kommen Harm Hauschild und sein Team auf stolze 32,3 abgesetzte Ferkel!


Ganz wichtig ist dem jungen Betriebsleiter zudem, dass die Ferkel ausreichend Wasser aufnehmen können und früh angefüttert werden. Bis zum 3. Lebenstag erhalten die Ferkel nur Sauenmilch. Danach wird ihnen über ein in allen Abferkelbuchten installiertes Cup-System erst zusätzliche Milch und ab dem 11. Lebenstag ein flüssiger Prestarter angeboten. Parallel dazu erhalten sie über Anfütterungsschälchen auch trockenen Prestarter. „Die Zusatzmilch, der flüssige und der trockene Prestarter kommen alle von einem Hersteller und weisen deshalb einen ähnlichen Geschmack auf. Das erleichtert die Übergänge“, schildert Hauschild sein Aufzuchtkonzept.


Vorgemischtes Ferment:

Im Aufzuchtstall, in dem trocken gefüttert wird, haben die Tiere über separate Tröge mit Aqua Level stets Zugang zu einer offenen Wasserfläche. Zusätzlich wird ihnen in Anfütterungsschalen dreimal täglich bis 14 Tage nach dem Absetzen ein Gemisch aus fermentiertem Futter und Wasser angeboten. Das fertige Ferment wird in IBC-Con-tainern geliefert und vom Stallteam mithilfe eines Kälber-Milchtaxis ausdosiert. Bei einem Neubau würde Hauschild den Aufzuchtstall von vornherein mit einer Flüssigfütterung ausstatten und damit sowohl Wasser als auch Ferment ausdosieren. Die beim Kauf der Anlage vorhandenen Trockenfutterautomaten waren jedoch noch gut in Schuss, sodass Hauschild sie im Stall beließ.


„Insgesamt investieren wir viel Sorgfalt in die Betreuung der Ferkel. Und das geht auch nur, weil wir personell gut besetzt sind. Durch die ergriffenen Maßnahmen haben wir die Durchfallprobleme jetzt gut in den Griff bekommen und kommen ohne Einstallbehandlung aus“, fasst Hauschild den Erfolg seines Teams zusammen.


Henning Lehnert

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